Das mit der Ansage von Covid-19 mag überheblich oder gar anmaßend klingen, trifft aber den Kern der Geschehnisse rund um das Corona Virus. Trotzdem bleibt Raum – vor allem im internationalen Rahmen – für Verwirrspiele mit falschen Informationen und gegenseitigen Schuldzuweisungen, um daraus politisch Kapital zu schlagen.
Die Covid-Pandemie in der Risikoanalyse
Mit Datum vom 3. Januar 2013 informierte die Bundesregierung den Deutschen Bundestag in der BT-Drucksache 17/12051 unter dem Titel „Bericht zur Risikoanalyse im Bevölkerungsschutz 2012“ über ein mögliches Szenario ‚Pandemie durch Virus Modi-SARS‘. Darin wurden ausführlich und – soweit im Rahmen von Risikoanalysen überhaupt möglich – präzise die mögliche Entstehung und Entwicklung einer sich global ausbreitenden Epidemie durch ein modifiziertes SARS-Virus sowie deren diverse Folgen dargelegt (hier im Blog bereits beschrieben).
Die Eintrittswahrscheinlichkeit wurde „bedingt wahrscheinlich“ klassifiziert. D.h. als ein Ereignis, das statistisch in der Regel einmal in einem Zeitraum von 100 bis 1000 Jahren eintreten kann. In einer Fußnote allerdings der Hinweis. „Ein aktuelles Beispiel für einen neu auftretenden Erreger ist ein Coronavirus, welches nicht eng mit SARS-CoV verwandt ist. Dieses Virus wurde seit Sommer 2012 bei sechs Patienten nachgewiesen, von denen zwei verstorben sind (Stand 26. November 2012).“
So erstaunlich aus der Rückschau die Präzision der in diesem Dokument enthaltenen einzelnen Ausführungen ist, so verwunderlich sind die seit einigen Wochen erlebten Abläufe sowie die immer wieder irritierende Vielfalt an unterschiedlichen Erklärungen.
Der Umgang mit Covid-19 in der Gegenwart
Immerhin ist den politisch Verantwortlichen in der Bundesrepublik zugute zu halten, dass ihre bisherigen Reaktionen und Entscheidungen, unter Berücksichtigung des tatsächlichen Verlaufs, äußerst besonnen und durchaus angemessen sind. Vermutlich hat die besagte Studie dazu einen positiven Beitrag geleistet.
Wirtschaftliche Implikationen der Pandemie
Das selbe Prädikat verdient auch die Aussage von Professor Clemens Fuest, Chef des Münchner Ifo Instituts. „Die Vorstellung ist grundfalsch, wir könnten jetzt das Wirtschaftsleben einfach so wieder öffnen, während das Coronavirus grassiert, und dieser Epidemie ihren Lauf lassen.“ Wir stehen in der Tat nicht vor der Wahl, vorrangig die Gesundheit zu schützen oder die Wirtschaft. Und auf die bequeme Aussage, es handele sich um einen „Black Swan“ – das völlig unerwartete Auftauchen eines nie zuvor gesichteten (Fabel)Wesens – kann sich niemand ernsthaft zurückziehen.
Eine neue Haltung braucht das Land
Über 5500 Menschen wurden bei uns bislang Opfer von Covid-19. Hinzu kommen strukturelle Verwerfungen und finanzielle Verpflichtungen in einer nie dagewesenen Größenordnung, die unsere Zukunftsperspektive gravierend belasten.
Von der vielfach gepflegten und praktizierten Einstellung des „anything goes“ müssen wir uns verabschieden. Wichtigkeiten und Dringlichkeiten verschieben sich, Prioritäten sind neu zu sortieren. Auch habituelle Einstellungen und mentale Barrieren gehören auf den Prüfstand. Nicht zuletzt im Interesse des eigenen Gesundheitsschutzes und der Fähigkeit, Resilienz aufzubauen, d.h. genügend Widerstandskräfte für allfällige weitere unerfreuliche Ereignisse.
Auch die bisherigen Algorithmen, mit denen wirtschaftliche Vor- und Nachteile – Benfits and Costs – berechnet werden, gehören hinterfragt. Die Vorstellung, mit der Geld-Bazooka allein ließe sich alles richten, darf nicht die Richtschnur für weiteres Entscheiden und Handeln sein.
Wider die Eindimensionalität
Eine ebenfalls von Clemens Fuest aufgemachte Rechnung ist in Frage zu stellen: „Die Zeit drängt. Zwischen 150 und 260 Milliarden Euro kostet ein Monat Stillstand von Industrie, Handel und Dienstleistungen nach Berechnungen des Ifo-Instituts. Obendrauf kommen hohe gesundheitliche und soziale Kosten durch physische und psychische Erkrankungen sowie Arbeitslosigkeit. Und diese Einbußen dürften überproportional steigen, je länger es dauert.“
Hier greift die hochgezüchtete, nur eindimensional auf das Sozialprodukt ausgerichtete „Cost-Benefit“-Denke und -Mentalität unserer „Top-Ökonomen“. Diese berücksichtigt nicht den Nutzen, der durch verringerte Emissionen, weniger Plastikmüll, Lärmreduzierung, eingesparte Diesel- und Kerosinsubventionen, geringeren Dauerstress für Mensch und Natur, dem sogenannten „natürlichen Kapital“ und der fragilen Gesundheit der Menschen zugute kommt. Wären alle diese negativen Auswirkungen des Normalbetriebs unserer Wirtschaft im Bruttosozialprodukt berücksichtigt, sähen die Zahlen wesentlich anders aus.
Was wir aus der heutigen Krisensituation mit Covid-19 lernen könn(t)en
Interessant in der augenblicklichen Situation sind verschiedene, die unmittelbare Lebensumgebung betreffende Beobachtungen und Wahrnehmungen. Die häufig anzutreffende Stille statt Dauerlärm, beispielsweise in der Nähe von Flughäfen, aber nicht nur da. Ein über uns im stärker leuchtenden Blau strahlender, häufig wolkenloser Himmel – auch ohne Kondensstreifen. Infolge des Stopps der permanenten Luftverschmutzung durch Abgase hat man das Gefühl, die frühlingshafte Natur atme endlich mal wieder richtig durch.
Dabei entsteht bereits die nächste Sorge über zusätzlich drohendes Ungemach. Die lang anhaltende Niederschlagsarmut in unseren Breiten läßt eine sommerliche Trockenperiode erahnen. Die Bewältigung von Krisen erfordert immense Anstrengungen, sowohl von jedem/jeder Einzelnen als auch der Gesellschaft als Ganzes. Dabei sind mehr Intelligenz und Empathie, mehr soziale, nicht nur technische Innovationen und vor allem ein Mehr an Vernunft als bisher dringend erforderlich.
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#PreppoKompakt
Nach der Krise ist vor der Krise. Die Vernunft als Vermächtnis der Aufklärung ist umso stärker gefragt.
2 Antworten
Warum Zinsen quasi das einzige sind, das in einer solchen Krisenzeit nicht reduziert und widerspruchslos hingenommen wird – sind es mentale Barrieren, eine habituelle Einstellung, diese Frage der wahren Machtverhältnisse nicht zu stellen?
(in der Schweiz setzen die meisten MieterInnen nicht einmal ihr Recht auf Mietzinssenkung nach einer erfolgten Leitzinssenkung durch)
Diese Erscheinung einer global wirksamen Infizierung mit ihren nunmehr sehr deutlich gewordenen Folgen (Dez. 2022) zeigt einmal mehr die Unzulänglichkeiten des bestehenden Geld- und Währungssystems.
Solange die Auffassung einer „Geldtheorie des Vermögens“ die dominierende wirtschaftspolitische Grundlage des Entscheidens und Handelns darstellt und das finanzökonomische Verständnis die vorherrschende Lehrmeinung darstellt, ist in einer Situation wie sie 2020 existierte – bei einem Niveau der Leitzinsen von 0 % – dieses Steuerungs- und Regelungsregime an die Grenzen seiner Möglichkeiten und Wirksamkeiten gelangt.
Wäre die „Energietheorie des Vermögens mit endogen bestimmter Größe des Geldangebotes (!)“ in einem System des „Aktivgeldes“ vorherrschende Lehrmeinung in Sachen Geldtheorie und Geldpolitik sowie Basis wirtschaftspolitischen Entscheidens und Handelns, könnte auch der Geldzins seine ihm zugeschriebenen Funktionen wesentlich besser erfüllen!