Antworten auf die Pandemie – Taugliches und weniger Taugliches

Heike Göbels bemerkenswerte Analyse in der FAZ – hier von uns gestreift -, seziert gewissermaßen das Regierungshandeln zur Bekämpfung der wirtschaftlichen Probleme im Rahmen der Corona Krise. Sie bescheinigt den Maßnahmenpaketen, dass sie Taugliches und weniger Taugliches enthielten und ihnen langsam etwas Verzweifeltes anhafte.

Im Grunde genommen geht es dabei um unser allgemeines Verständnis von Marktwirtschaft und die Suche nach dem richtigen Weg. Bei den Antworten auf die Pandemie, wie generell. Und bei der Suche nach gangbaren Wegen kommt es in hohem Maße auf die Ausrüstung – den Kompass – und vor allem die handelnden Personen an.

Wieviel wir über den Markt wissen

Die jungen Leute

Wie es bei jungen Menschen aussieht wird ganz aktuell von Professorin Bettina Fuhrmann, Wirtschaftsuniversität Wien, anhand einer Untersuchung von österreichischen Schulbüchern im DSt vom 9.6.2020 aufgezeigt. Dort kommt die Marktwirtschaft kaum vor, ist ein Ufo, ein „unidentified foreign object“. Die Untersuchung zeigt, dass Schülerinnen und Schüler so gut wie nichts über den Markt lernen. Ob das in unseren Schulbüchern soviel anders ist? Wohl kaum.

Die Fachleute

Und bei den Fachleuten? Dort ist mehr Wissen, aber auch viel Glaube im Spiel, beispielsweise an die Selbstheiligungkräfte der Wirtschaft/des Marktes (hier von uns hinterfragt). Wer dabei Risiko von Unsicherheit nicht sauber trennt, der läuft Gefahr, seine Möglichkeiten weit zu überschätzen. Gerald Braunberger, einer der Herausgeber der FAZ, arbeitet dies – am 9.6.2020 in faz-net (hinter Bezahlschranke) – unter Bezugnahme auf Ökonomen aus der ersten Hälfte des letzten Jahrhunderts sauber heraus.

Nach 1950 glaubte man zunehmend unter Zuhilfenahme mathematischer Modelle Unsicherheit durch quantifizierbare Risiken erfassen zu können. Und übersah dabei, dass es auch Unsicherheiten gibt, die sich von einer Wahrscheinlichkeitsrechnung nicht greifen lassen. „Dieser Versuch, die Zukunft in den Griff zu bekommen, begünstigte eine Überschätzung der Möglichkeit, die Folgen finanz- und geldpolitischer Maßnahmen vorauszusehen.“

Taugliche und weniger taugliche Antworten auf die Pandemie

Die Entscheidung der Finanz- und Geldpolitik, auf die wirtschaftlichen Verheerungen durch die Pandemie im März und im April mit der Mobilisierung sehr hoher Beträge zu antworten, stellt im Grundsatz eine angemessene Reaktion dar. Zur aktuellen Fortsetzung dieser Politik meldet Gerald Braunberger hingegen Zweifel an.

„Das Konjunkturpaket … und die Aufstockung des Anleihekaufprogramms durch die EZB finden in einer Zeit statt, in der die Wirkungen der ersten Interventionen noch gar nicht abschließend beurteilt werden können und erste Hinweise existieren, wonach der Tiefpunkt der Krise durchschritten sein könnte. Die Gefahr besteht, dass die unmittelbare Wirksamkeit expansiver Geld- und Finanzpolitik nachlässt, während ihre schwer einschätzbaren langfristigen Begleiterscheinungen wie steigende Schuldenstände und wachsende Bilanzen der Zentralbanken bleiben.“

Was eine verzweifelte Wucht bewirkt

Es verpufft

Nicht „Wumms“, stattdessen „Pfft“ – so persifliert die NZZ vom 10.6.2020 das Wort des Vizekanzlers Olaf Scholz über das am 3. Juni beschlossene Konjunktur-, Zukunfts- und Wahlpaket. In den letzten Tagen mehren sich Hinweise, dass der mit 20 Millarden dickste Brocken aus dem 130 Mrd. Euro Paket – die Absenkung der Mehrwertsteuer fürs zweite Halbjahr 2020 – ein Miß/Fehlgriff war. Auf Tichys Einblick vom 10.6.2020 spricht man unter der Überschrift „Viel Aufwand für wenig Ertrag“ vom Mehrwertsteuer-Wahnsinn, -Zick-Zack und -Irrgarten.

Daniel Stelter hat in seinem Buch „Coronomics“ – hier besprochen – stattdessen befristete Konsumgutscheine ins Spiel gebracht. Ein Freund von mir regte spaßeshalber an, gleich Geldscheine von „Rosinenbombern“ über dem Bundesgebiet abwerfen zu lassen. Zumindest der bürokratische Aufwand wäre hier wie da weitaus geringer.

Es verbrennt die Zukunft

Auch das Argument von oben zählt, dass wir mit solchen Maßnahmepaketen die Schuldenlast in exorbitante Höhen schrauben, die von nachfolgenden Generationen getilgt werden müssen („Burning the Future“). Als Ausweg für dieses im Moment vertagte Problem bietet Stelter die sogenannte Ökonomisierung der Schulden an. Es wäre nicht verwunderlich, wenn später darauf zurückgegriffen werden müßte.

Es verlängert, was abgeschafft gehört

Zudem wurde mit dem Wumms die zunehmende und lauter werdende Kritik am Erneuerbaren Energien Gesetz (EEG) in den Wind geblasen. Daniel Stelter exponiert sich. Gerade weil er kreativ an die Sache herangeht und natürlich auch wegen seiner fundierten Einschätzung der verkorksten Energiewende. Auch Heike Göbel – eingangs wiedergegeben – kritisiert das auf faz-net vom 4.6.2020. „Erhört hat die Koalition auch den Wunsch der Wirtschaft nach konkurrenzfähigen Strompreisen. Leider, indem sie die EEG-Umlage zur Förderung grünen Stroms mit zehn Milliarden vom Bund senkt. Damit kaschiert sie das Problem der überteuerten Energiewende nur, statt es – wie lange versprochen – zu lösen.“

Menschen benötigen Orientierung

In der NZZ vom 10.6.2020 kommt (hinter einer Schranke) Hans-Hermann Tiedje als Gastkommentator zu Wort, früher Chefredakteur der Bild-Zeitung und persönlicher Berater von Kanzler Helmut Kohl. Er nimmt – das ist man von ihm gewohnt – kein Blatt vor den Mund und kritisiert vehement die Bundeskanzlerin Angela Merkel. Die CDU sei ohne Kompass. Besser, weil genauer: ohne eine Person die mit einem Kompass umgehen, ja gegebenenfalls sogar auf eine Umkehr der Pole adäquat reagieren kann. Er formuliert wie folgt:

„In der Stunde der Not schart sich die Masse um das Alphatier. Merkel hat Deutschland seit 15 Jahren, diskret unterstützt von geneigten Medien, umgewandelt in ein Heim für betreutes Leben. … Und nun, angesichts der Corona-Pandemie, beispiellose staatliche Hilfsprogramme für eine völlig verunsicherte Gesellschaft, die glücklich ist über die Zuwendungen und Fragen komplett ausblendet wie: Wer soll das bezahlen – ausser den Reichen und dem Mittelstand? Und was kommt da auf uns zu – spätestens im Herbst? …

Die Partei ist mittlerweile ohne Kompass – Folge einer Schaukelpolitik vom Mindestlohn bis zum Atomausstieg, von der missratenen Energiewende bis zum jüngsten 500-Milliarden-Euro-Schwenk in der europäischen Finanzpolitik: Die einzige wirkliche Konstante in Merkels Wirken ist, dass sie als Kanzlerin alles Mögliche anders gemacht hat als vorher von ihr als Parteichefin versprochen und dass die Wähler es nicht bemerkt haben.

Höhepunkt der Camouflage war die als „Flüchtlingspolitik“ verkaufte Massenzuwanderung mit etwa 80 Prozent Wirtschaftsmigranten, für die man die Grenzen angeblich nicht schliessen konnte, was bei Corona dann aber doch über Nacht geschah.“

Knappe Einschätzung

Bedauerlicherweise hat Hans-Hermann Tiedje in vielem recht. Im Übrigen kriegen bei ihm andere Parteien wegen ihrer Orientierungslosigkeit – FDP und SPD – ebenfalls ihr Fett weg. Köstlich und bitter zugleich, wie er die Führung der früheren Volkspartei, das Duo Saskia Esken/Norbert Walter-Borjans umschreibt: „die Dame mit dem Charme der Leiterin einer Gefängniswäscherei, der Mann eine Idealbesetzung als Chef der Essensausgabe.“ Auch die reichlichen Kommentierungen von Leserinnen und Lesern, pro wie kontra, nicht nur der umfängliche Artikel sind echt lesenswert.

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#PreppoKompakt

Auch für die Antworten auf die wirtschaftlichen Fragen zur Pandemie gilt: Mehr ist nicht immer besser, weniger manchmal mehr. Auf der Suche nach dem richtigen Weg hilft – wie generell – Geradlinigkeit und eine gewachsene Überzeugung, die sich bewährt hat.

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