Das Leben in Zeiten von Corona ist fraglos komplexer als sonst. Auf einmal kommen unverbunden scheinende Sachverhalte zusammen. Ein Beispiel hatten wir mit den Domino- oder Kaskadeneffekten bei den sogenannten „Kritischen Infrastrukturen“ hier ausführlich beschrieben. So ist die Steuerung von Übertragungsnetzen für die Stromversorgung auf hoch qualifiziertes und spezialisiertes Personal angewiesen. Fallen diese Experten coronabedingt aus, könnte dies katastrophale Folgen zeitigen. Es gibt also “Nervenstränge” zwischen der Pandemie und einem großflächigen Stromausfall/Blackout.
Corona plus E-Zigaretten
Einfacher leuchtet der durch eine aktuelle Studie der Stanford Universität in Kalifornien belegte Zusammenhang von Corona und E-Zigaretten ein, über die faz-net vom 13.8.2020 berichtet. Demzufolge ist die Gefahr einer Infektion mit Sars-CoV-2 bei jungen Konsumenten von E-Zigaretten zwischen 13 und 24 Jahren fünf bis sieben Mal höher als bei Gleichaltrigen, die (diese) nicht rauchen.
Als mögliche Gründe werden eventuelle Erkrankungen der Lunge und Schädigungen des Immunsystems durch E-Zigaretten genannt. (Hier von uns schon vor Corona beschrieben). Auch die sich beim Dampfen verbreitenden Aerosole könnten eine Rolle spielen. Ebenso wie natürlich der Brauch, E-Zigaretten von „Freund zu Freund“ weiterzureichen.
Gefährliches infragestellen von Gefahren
Bernhard Pörksen, Professor für Medienwissenschaft an der Universität Tübingen, macht sich in der NZZ vom 12.8.2020 angesichts des Corona-Virus grundsätzliche Gedanken über den Zusammenhang von Theorie und Wirklichkeit. Ausgehend vom Nah-Tod-Erlebnis/Realitätsschock eines christgläubigen Taxifahres und seiner asthmakranken Frau in Florida – ausgelöst durch die rigorose Ablehnung von Masken während des Einkaufens und Taxifahrens – formuliert Pörksen bezogen auf die Ebene der Wissenschaften:
„Kurzum: Unter Corona-Bedingungen stehen das Verhältnis und die Beziehung von geistes- und kulturwissenschaftlicher Theoriebildung und Lebenswirklichkeit neu auf dem Prüfstand, auch weil wir vieles, was dieses Virus, seine Verbreitung und Bekämpfung ausmacht, noch gar nicht wissen können. Theoretisch informierte Zeitdiagnostik zu betreiben, hiesse also mehr denn je: sich von einem Jargon der Unumstösslichkeit zu verabschieden und auf eine Weise zu formulieren, die das Wissen über das Nichtwissen mit enthält, es sichtbar werden lässt.“
Etwas zu optimistisch – selbst für meinen Geschmack, auch in Kommentaren in der NZZ wird ihm dies (und vieles andere) angekreidet – schlußfolgert Pörksen. „Und das bedeutet in der Konsequenz, dass die Weltviruskrise geeignet ist, Wissenshierarchien zugunsten eines empirisch fundierten Pragmatismus und des kritischen Rationalismus neu zu arrangieren.“ Es sei nur an die hier festgehaltende Einschätzung des Emeritus Prof. Ingolf U. Dalferth zum Zustand der Geisteswissenschaften in den USA und (zunehmend) auch bei uns erinnert. Gleich Vernunft auf dem Rückzug.
Dauerstress durch Corona
In faz-net vom 11.8.2020 kommt der 67jährige Traumatherapeut Georg Pieper aus Gladenbach-Friebertshausen nahe Marburg zu Wort. Im Unterschied zu durch konkrete Schockmomente (wie Unfälle; Katastrophen – natürlich, technisch, von Menschenhand verursacht; Amokläufe) oder zeitlich begrenzte Vorfälle (wie beispielsweise sexuellen Mißbrauch) hervorgerufenen Traumata erzeugt die Corona-Pandemie einen dauerhaften Stresszustand, ein permanentes Krisen- und Unsicherheitsgefühl. Dadurch können Lebensgefühl, zwischenmenschliches Miteinander und Seelenlage über Jahre grundlegend verändert werden.
So „… hält die Ankündigung neuer Bedrohungen die innere Spannung aufrecht. Körper und Seele stehen gewissermaßen unter Dauerstrom – was mit einer Flutung des Stresshormons Cortisol verbunden ist und so auf Dauer auch den Organismus schädigen kann.“ Pieper selbst versucht sich durch einen kontrollierten Medienkonsum davor zu schützen, das bedeutet nur noch morgens eine Tageszeitung zu lesen und abends die Nachrichten im Fernsehen einzuschalten.
Für die sinnvolle Behandlung eines Traumas fordert er von seinen Patienten radikale Akzeptanz. Wer die Krise leugne und sich gegen die dadurch ausgelösten Ängste wehre, liefe Gefahr, seelisch abzustürzen. „Vielen droht ein böses Erwachen … weil sie sich innerlich nicht auf einen möglichen Krisenfall vorbereitet haben und plötzlich mit dem Verlust eines Freundes oder Angehörigen oder auch der eigenen schweren Krankheit konfrontiert sind.“
Besser reich und gesund als arm und krank
Diesen Spruch hat man in der Regel schon Mal vernommen, vielleicht sogar in der eigenen Schul- oder Studienzeit nachgeplappert. In faz-net vom 9.8.2020 wird er quasi auf die Corona-Thematik übertragen, angereichert mit reichlich Information zu „Reichen“ und „Superreichen“ oder Hochvermögenden.
Unter Bezug auf die New York Times wird von einem pandemischen Kastensystem gesprochen, das sich in den Zeiten von Corona herausgebildet habe. „Die oberste Kaste bilden die Superreichen, die die Pandemie im eigenen Ferienhaus verbringen können, abseits von der Enge der Städte, versorgt von den vertrauten Hausangestellten, die sich meist regelmäßig auf Corona testen lassen müssen. Dann folgt als nächste Kaste die Mittelschicht, die zwar über genügend Platz im eigenen Heim verfügt, um die Zeit des Lockdown durchzuhalten, die aber kein Personal hat, das sich um Haushalt oder Kinder kümmern kann. Und unten sind die einfachen Angestellten, die im Supermarkt an der Kasse sitzen müssen, während die Kinder auf sich allein gestellt sind.“
Privatheit sei der neue ultimative Luxus. Wer sich eine größtmögliche Distanz zu anderen kaufen und damit die Infektionsgefahr vom Leibe halten könne, sei reich. Als neue Art von Luxusgütern werden Luxus-Tresore, käufliche Staatsbürgerschaften, besondere Formen des Personenschutzes einschließlich Schwachstellenanalyse beschrieben. Nicht zuletzt eine 64 Hektar große Insel vor der irischen Küste, Preis 5,5 Millionen Euro inklusive Helikopterlandeplatz und sieben Anwesen.
Die zentrale Botschaft kommt aus dem Munde des Geschäftsführers einer privaten Sicherheitsfirma: „Das Sicherheitsempfinden unserer Kunden verändert sich. Wenn infolge der Corona-Krise mehr Menschen ihren Job verlieren und die Spannungen in der Gesellschaft zunehmen, steigt auch das Bewusstsein für die eigene Gefährdung.“
Wobei dieses Bewusstsein vor den beschriebenen Kastengrenzen kaum haltmachen dürfte.
Anstieg der Neuinfektionen
Wie faz-net von heute berichtet ist die Zahl der Neuinfektionen mit dem Corona-Virus in Deutschland abermals leicht gestiegen. Die Gesundheitsämter meldeten nach Angaben des Robert Koch-Instituts (RKI) bis Donnerstagabend 1449 neue Corona-Infektionen innerhalb eines Tages. Höher lag der Wert zuletzt am 1. Mai mit 1639, wobei es in den ersten Tagen im April noch jeweils mehr als 6000 Neuinfektionen gab.
Zwei Nachträge vom 15. und 16.8.2020 von der „Achse des Guten“: Dr. Gunter Frank plädiert als Allgemeinmediziner vehement in einem 12minütigen Video-Beitrag dafür, den Menschen die Angst vor einem neuerlichen Ausbruch der Seuche zu nehmen. (Wir hatten ihn im Mai bereits hier und hier erwähnt). Dabei argumentiert er unter anderem mit einem Fehler in der Auswertung der Tests – zuviele falsch positiv Getestete -, der das Problem bei geringeren Infektionsraten gravierend überzeichne. Interessanterweise hatte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn genau diesen Sachverhalt bereits Mitte Juni im ARD Hauptstadtstudio angesprochen und erläutert. (Festgehalten im oben verlinkten zweiten Nachtrag).
Ein Kommentar – moderat – von insgesamt 77 zu Dr. Frank: „Vielen Dank für das informative Video! Obwohl ich drei Menschen kenne, die am Virus gestorben sind und ein befreundetes Ehepaar gerade aus dem Krankenhaus entlassen wurde – die Frau hatte sich bei einer Dienstbesprechung angesteckt und das Virus nachhause gebracht – bin ich nie in den Panikmodus geraten. Allerdings habe ich sehr wohl Vorsicht walten lassen – Einschränkung der Sozialkontakte, sorgfältige Handhygiene. In Anbetracht der Schwere der Erkrankung – meine Freunde waren in der Intensivstation behandelt worden und leiden noch nach Wochen unter den Folgen – halte ich einige Vorsichtsmaßnahmen für angemessen. – Margit Schwanzer“
Rückreisende aus dem Ausland – ja
Die seit Juli wieder ansteigenden Fallzahlen werden mit den Lockerungen der Maßnahmen sowie zunehmenden Fällen unter Einreisenden/Rückreisenden aus dem Urlaub in Zusammenhang gebracht.
Infektion durch Hunde und Katzen allgemein – nein
Hingegen scheint ausgeschlossen, dass Hunde und Katzen das Virus auf den Menschen/das Frau- oder Herrchen übertragen können. DerStandard hatte das kitzlige Thema schon am 15.5.2020 aufgegriffen. Nun haben zeitgleich am 3.8.2020 die NZZ, faz-net und abermals DerStandard über eine einschlägige Studie italienischer Forscher berichtet.
So wird davon ausgegangen, dass infizierte Haustiere „virale Sackgassen“ sind. Das heißt, sie können durch Menschen angesteckt werden, die Corona-Viren selbst aber eher nicht auf Menschen übertragen.
Damit werden bisherige Einschätzungen bestätigt, dass Hunde oder Katzen keine Rolle bei der Verbreitung des Sars-CoV-2-Virus spielen. Der Kontakt gesunder Menschen zu Haustieren müsse deshalb – aus derzeitiger Sicht – nicht eingeschränkt werden. Infizierte Menschen sollten jedoch den Kontakt zu Haustieren meiden. Sollten sich Haustiere infizieren, bedeute das nicht automatisch, dass sich das Virus in den Tieren vermehren kann.
Und so sieht es bei unseren Nutztieren aus
Für den Präsidenten des Friedrich-Loeffler-Instituts (FLI) in Greifswald, Thomas Mettenleiter, keine Überraschung. Auch dafür, dass Tiere an einer Corona-Infektion sterben, gebe es bislang keinen Nachweis. In den USA sei zwar ein vor kurzem positiv getesteter Hund verendet, der aber auch noch an Krebs erkrankt war.
„Laut FLI gibt es bisher keine Hinweise darauf, dass sich Schweine, Hühner und andere landwirtschaftliche Nutztiere mit Sars-CoV-2 infizieren können. Am Institut erfolgen derzeit Versuche mit mehreren Tierarten. Ersten Ergebnissen zufolge sind Frettchen und Flughunde für das Virus empfänglich, Hühner und Schweine jedoch nicht. Studien mit Rindern wurden erst begonnen.“ So ist auf faz-net am 3. August zu lesen.
Und hier geht es weiter
#PreppoKompakt
Corona plus … bedeutet in der Regel eine Verschärfung bestehender Zustände. Alles andere käme aber auch einer echten Überraschung gleich.