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Verkehrsgeschehen ein Mix aus Verhalten, Technik und Statistik

Von „Totenalltag“ hatte Hans-Heinrich Pardey gesprochen (hier), und dass am Straßenrand „alle Tage“ Totensonntag sei. Ganz ohne schwarzen Humor. Nun bietet es sich an, das Verkehrsgeschehen der letzten Wochen anhand von Berichten auf faz-net etwas auszuleuchten. Dabei kommen neben dem Straßenverkehr mit E-Scooter und Fahrrad auch ganz kurz Ski und Flugzeug ins Spiel. Und es werden Verhaltensweisen, Techniklösungen zum Schutz von Radfahrern sowie Statistiken präsentiert.

Der Sonne entgegen.

Zum üblichen Verdächtigen des Jahres: E-Scooter

Die „Karriere“ der E-Scooter geht unaufhaltsam weiter. Oder nennen wir es lieber überfällige „Emanzipation“ mit den anderen, schon länger benutzten Verkehrsmitteln. Auf jeden Fall werden Verkehrssünder bei Verkehrsverstößen nun auch von E-Scooter-Verleihern – wie Circ, Lime, Tier und Voi – zur Kasse gebeten. Ab sofort würden alle Verwarn-, Buß- und Strafgelder an die Nutzer weitergegeben, kündigte Lime an. Zudem müßten die Nutzer ein Foto einsenden, um zu dokumentieren, dass sie ihren Leihroller wieder ordnungsgemäß abgestellt haben (faz-net vom 21.11. und 24.11.2019).

Hinzu kommt, dass sich das „Phänomen E-Tretroller“ ab Anfang 2020 auch in der offiziellen Unfallstatistik niederschlagen soll (faz-net vom 9.12.2019). Denn besonders in Großstädten sind zahlreiche Unfälle zu verbuchen. Die Berliner hatten schon die ersten drei Monate, nachdem die E-Scooter gesetzlich erlaubt waren, blutig bilanziert (im Blog siehe hier). In Köln wurden nun zwischen dem 15. Juni und 18. November von der Polizei 104 Verkehrsunfälle mit 109 Verletzten unter Beteiligung von E-Scootern gezählt. 24 Menschen hätten dabei schwere, der Rest nur leichte Verletzungen erlitten. 89 der Verletzten waren Fahrer von E-Scootern. 88 Prozent der Unfälle von diesen verursacht, bei knapp einem Drittel in betrunkenem Zustand.

Die Verleihfirmen weisen zumindest auf Gefahren hin. So muss man beispielsweise bei Voi vor Abfahrt per Klick unter anderem bestätigen, dass „Ich weiß, dass Helme großartig sind“ und „… nicht unter dem Einfluss von Drogen und/oder Alkohol (zu) fahren“. Der Anbieter Tier mahnt freundlicherweise die Fahrer, nicht schneller als die erlaubten 20 km/h unterwegs zu sein, vor allem beim bergabwärts fahren (faz-net vom 9.12.2019). Formulierungen eigentlich zum Schmunzeln, wenn es nicht so traurig, tragische Folgen haben könnte.

Radfahren im Windschatten der Scooter

Auch beim Radfahren ereignen sich tödliche Unfälle, die zudem seit „Urzeiten“ in der Verkehrs- bzw. Unfallstatistik erfaßt werden. Gerade von 2017 auf 2018 hat sich die Zahl der getöteten Benutzer von Fahrrädern erhöht (von 382 auf 445), was wohl auf eine gestiegene Nutzung von Pedelecs zurückzuführen ist (in 2018 zum ersten Mal gesondert erfaßt). Dennoch ist Radfahren noch relativ sicher. Vor allem, wenn gewisse Vorsichtsregeln berücksichtigt werden. Umsomehr beunruhigt die Überschrift in faz-net vom 3.12.2019 „Keiner aus meiner Klasse trägt noch einen Fahrradhelm“. Diskutiert wird vehement – vor allem in den 65 Kommentaren zu diesem Blog – ob eine Helmpflicht für Kinder unter 14 Jahren Sinn macht oder nicht. Dabei wird oft zu recht auf die Vorbildfunktion der Eltern für ihre Kinder verwiesen.

Wenn man darüber hinaus weiß, welche Last Eltern sich aufbürden, die sich, ob nun zu recht oder nicht, an Unfällen der Kinder mitschuldig fühlen, dann kann im Grunde nur das Vorsorgeprinzip gelten (faz-net vom 12.11.2019, im übrigen derselbe Blog wie vorher, mit nur einem einzigen Kommentar – also eindeutig). Und – dieses Beispiel hat jetzt nichts mit Verkehr, vielmehr mit Verzehr zu tun: „Junge bleibt mit Zunge in Flasche stecken“ – wenn man sich vergegenwärtigt, welche Erleichterung bei allen Beteiligten die geglückte Rettung eines Kindes auslöst. Dann spricht dies ebenfalls dafür, dass vorsorgen eben besser als heilen ist, weil nicht immer eine lebensbedrohliche Situation mittels einem „simplen Trick“ entschärft werden kann (faz-net vom 1.11.2019).

Technische Antworten auf tödliche Fahrradunfälle

Gleich über zwei technische Antworten auf tödliche Fahrradunfälle beim Abbiegen wird in faz-net vom 4.12. und 5.12.2019 berichtet:

Ein spezieller, an Ampeln zu befestigender Spiegel soll in Hanau Radfahrern das Leben retten. Im Spiegelbild kann der Lastwagenfahrer Radfahrer neben seinem Fahrzeug erkennen, die sich sonst im toten Winkel befänden. Der sogenannte Trixi-Spiegel* ist rund, nach außen gewölbt und kostet 250 Euro. Der Name erinnert daran, dass 1994 ein 13jähriges Mädchen von einem Betonmischer beim Abbiegen angefahren wurde und seither halbseitig gelähmt ist. „Ihr Vater erfand einen Spiegel, um Unfälle dieser Art zu verhindern.“ In Freiburg wurden schon die Spiegel getestet, mit der erhofften Wirkung.

In Frankfurt ist in 2019 schon der vierte Radfahrer bei einem Verkehrsunfall ums Leben gekommen, im vergangenen Jahr waren es fünf, in ganz Hessen 33. Deshalb plädiert der Frankfurter Verkehrsdezernent Klaus Oesterling dafür, alle Lastwagen mit sogenannten Abbiege-Assistenten auszurüsten. Dafür hatte sich auch schon die Verkehrsministerkonferenz im April diesen Jahres einstimmig ausgesprochen. Das Land Hessen ist einer Initiative aus Berlin beigetreten, die ein Assistenz-System für alle Lastwagen von 7,5 Tonnen an verpflichtend einführen will.

Der ADAC berichtet über eine geplante Verkehrsregel zum Schutz auch der Radfahrer (hier). Zur Vermeidung von schweren Unfällen dürfen Fahrzeuge über 3,5 Tonnen, wie Lkw und Busse, die innerorts rechts abbiegen, nur noch Schrittgeschwindigkeit (7 bis 11 km/h) fahren. ­Wer dagegen verstößt zahlt 70 Euro Bußgeld und bekommt einen Punkt in Flensburg. Die neue Straßenverkehrsordnung (StVO) tritt in Kraft, sobald der Bundesrat im Februar nächsten Jahres zugestimmt hat.

Abseits der Straße Sicherheit für Skifahrer und Kleinflieger

Zum Schluss noch die Bitte, fundierte Warnungen ernstzunehmen: Zwei Skifahrer – die ersten in dieser Saison – sind am 9. November abseits der Pisten in den österreichischen Alpen von einer Lawine verschüttet worden. „Einsatzkräfte konnten die zwei Personen rasch orten und bergen, doch die beiden waren schon tot. Nach Angaben der Bergrettung löste einer der Skifahrer einen Lawinenairbag aus, wurde aber trotzdem von den Schneemassen begraben. Der Tiroler Lawinendienst hatte am Freitag in einem Blogeintrag vor Gefahren besonders im Hochgebirge gewarnt“, so zu lesen in faz-net vom 9.11.2019.

Ganz zum Schluss neueste Informationen über eine Sicherheitslösung für Kleinflieger, vorgestellt in faz-net vom 2.12.2019 (weitere Informationen auch hier): Rechtzeitig vor Weihnachten, denkt ein jeder. Was passiert, wenn der einzige Pilot etwa durch Herzinfarkt oder Bewusstlosigkeit ausfällt? „Das ist normalerweise das Todesurteil für die anderen an Bord. Nun hat aber der Avionikhersteller Garmin ein System präsentiert, das genau dies verhindern soll. Fällt der Pilot unvermittelt aus, drückt der Passagier einen Knopf. Anschließend fliegt die Maschine an den nächsten geeigneten Flugplatz, macht dort einen Instrumentenanflug und landet.“

Klingt wie Science-Fiction, aber es ist „nur“ Künstliche Intelligenz (KI) und es klappt. Die Zulassung soll noch dieses Jahr erfolgen. „Allerdings bleibt die vermutlich lebensrettende Sicherheitsausstattung zunächst exklusiven Flugzeugen vorbehalten. Das System funktioniert also nicht in den klassischen Viersitzern mit Kolbenmotor, sondern wird zunächst lediglich in zwei sechssitzigen Flugzeugtypen angeboten: der einmotorigen Piper M 600 SLS mit Propellerturbine und dem Businessjet Vision von Cirrus.“ Preis jeweils mehr als zwei Millionen Dollar.

Also, mein lieber Bruder, dann warten wir doch bis Weihnachten nächstes Jahr.

#PreppoKompakt

Den E-Scooter holt die harte Wirklichkeit ein. Stück für Stück offenbaren sich immer klarer die bei nüchterner Betrachtung von Beginn an offenkundigen Mängel dieses unseligen Experiments. Beim Radfahren hingegen geht es darum, alle technischen Möglichkeiten auszuschöpfen, um unsere Städte dafür noch sicherer zu machen. Und vom Ski alpin nehme gehörigen Abstand, wer das Gespür für Gefahrensituationen – unseren Vorfahren vor dem auf etwa 10.000 v. Chr. datierten Übergang zu Ackerbau und Viehzucht, also den Sammlern und Jägern bestens vertraut – definitiv verloren hat. Nur Fliegen ist übrigens noch schöner, wenn auch teurer.

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