Auf die Krise, fertig, los!

„Die Krise hält sich nicht an Regeln“ von Max Otte ist die zweite Auflage eines vor zehn Jahren, das heißt 2010 herausgebrachten Buches. Natürlich völlig überarbeitet, sodass – wie es umgangssprachlich heißt – kein Stein auf dem anderen geblieben ist. Auf den rund 230 Seiten Text des im FinanzBuch Verlag in München 2021 verlegten Werkes, gibt es weit mehr als 99 Fragen nebst dazugehörigen Antworten.

Max Otte, Die Krise hält sich nicht an Regeln, München 2021

Aufbau des Buches samt Steckbrief

„Die Krise hält sich nicht an Regeln“* ist sauber gegliedert und hat neben dem Vorwort 11 Kapitel: Natürlich eines zur Weltwirtschaftskrise mit den ersten 10 Fragen & Antworten, zum durch Corona verursachten Crash (11 – 23), zur besonderen Spezies der Volkswirte und Politökonomen (24 – 38), zu Inflation, Deflation und den Kapitalmärkten (39 – 50). Zur Globalisierung und dem Aufstieg Chinas (51 – 58), zu Europa (59 – 63), zum Abstieg der Mittelschicht und der daraus erwachsenden Gefahr des Populismus (64 – 68). Zu unseren „Eliten“ (69 – 76) und zum Informationscrash (77 – 85). Auch gibt es ein Kapitel, wie man persönlich der Krise trotzen kann (86 – 88). Zu guter Letzt, welche Anlagestrategien in den Zeiten von Corona zählen (89 – 99).

Und etwas versteckt, hinter den Anmerkungen und vor dem Personenregister, sogar ein „Steckbrief“ – ja so nennt er ihn selbst – von Max Otte, der bei seiner Geburt noch Matthias mit Vornamen hieß. Wie wir wissen, wurde er protestantisch erzogen, ist jetzt Mitglied einer Mennonitengemeinde. Er steht zu den alten preußischen Tugenden, wie Haltung, Pflichtbewusstsein, Selbständigkeit und nicht zuletzt humanistischer Bildung. Politisch verortet er sich zur Werteunion, einer Sammlung wertkonservativer Kräfte in der CDU.

Kleine Themenauswahl als Appetithappen

Fangen wir ausnahmsweise mal weiter hinten im Buch an. Auch das funktioniert, da die Themenbereiche klar abgegrenzt sind:

F&A 86-88

Der Tod der alten Weltordnung, der nach Otte nunmehr auch durch Corona eingetretene Weltsystemcrash, erzeugt in der Bevölkerung Ängste. Zugleich dient der Notstand als Argument für ein zunehmend autoritäres Regierungshandeln, auch unter Umgehung des Parlaments. Hinzu kommen eine Tendenz zur Renationalisierung und Deglobalisierung, das heißt auch eine Verkürzung der Wertschöpfungsketten, sowie die beschleunigte Digitalisierung. Angst und Unsicherheit dominieren.

Bei der Frage, wie man damit fertig werden kann, nimmt Otte auch Bezug auf Jordan Peterson, einen kanadischen Psychologen, der übrigens letztes Jahr fast einer Krankheit – und in deren Folge Covid-19 – erlegen wäre. „Letztlich müssen Sie Ihren eigenen Weg finden, aber ich kann Ihnen vier Hinweise geben, 1. Die praktische Vernunft pflegen, 2. Bücher lesen, insbesondere die Klassiker – gerade in Zeiten der Digitalisierung, 3. Glaube und Tradition und 4. soziales Kapital anhäufen“ (S. 214). Wenn ein gestandener Fondsmanager und Wirtschaftsanalyst dazu rät, sich um belastbare Beziehungen zu kümmern, für eine intakte Familie zu sorgen, am Wohnort vernetzt, angesehen und Mitglied einer Kirchengemeinde zu sein sowie Freunde im In- und Ausland zu haben, dann hat das Gewicht. „Investieren Sie in Ihr soziales Kapital! Es wird die wichtigstes Investition Ihres Lebens sein.“ Gibt uns Max Otte mit auf den Weg (S. 216).

F&A 89-99

Und dann kommen seine Anlagestrategien und Empfehlungen, wie: Sachwerte schlagen Geldwerte. Gold als sichere Wertaufbewahrung par excellence. Von Lebensversicherung, Derivaten und Zertifikaten die Finger lassen. Exchange Traded Funds (ETF) als Basisinvestment – am besten voll replizierend auf einen großen Aktienindex, wie Dax oder Nasdaq. Große Skepsis gegenüber Kryptowährungen, beispielsweise Bitcoins, wie auch sogenannten grünen und nachhaltigen Geldanlagen. Hinter letzteren – einem der großen „Blenderthemen“ der Finanzbranche – verstecke sich eine massive Zertifizierungsbürokratie und am Ende wisse man doch nicht, was man gekauft hat (S. 226f).

Aktien generieren als Unternehmensbeteiligungen und Realvermögen das Zinseszins-Wunder, was früher – so haben wir es in der Schule gelernt – wenn sich die Inflation in Grenzen hielt, auch mit einem Sparbuch möglich war. Otte beschreibt noch den inneren Wert einer Aktie, seine Aktienfavoriten und rät, Aktien zum fairen Preis zu kaufen.

Wie von den immensen Schuldenbergen des Staates herunterkommen? Drei Arten sieht er, auch in Kombination: „1. Inflation (oder Negativzinsen, falls die Inflation nicht anspringt) 2. Enteignungen oder Sondersteuern 3. Schuldenstreichungen … gegebenenfalls gekoppelt mit Währungsreformen“ (S. 222). Bei „Preppo fragt nach“ hat er hier kurz und bündig formuliert: „Zurückzahlen kann diese Schulden keiner mehr.“

Sein nächstes Buch soll im Übrigen ohne jegliche Krisen- und Crash-Thematik auskommen. Denn er möchte nicht auf immer und ewig als der Krisen- und Crashprophet gelten. Diese Sehnsucht Max Ottes ist leicht nachvollziehbar, aber bezieht sich, wie nicht nur die Geschichtsbücher zeigen, auf eine aus globaler Perspektive doch äußerst seltene Konstellation.

F&A 69-76 und 24-38

Herauszuheben sind noch seine Gedanken über unsere gegenwärtigen Eliten, Parteien, Lobbyisten und Manager. Verallgemeinernd spricht er ihnen die Fähigkeit ab, die wirtschaftlich richtigen Entscheidungen zu treffen. Dazu bemüht er nicht nur das „Peter-Prinzip“, auch das geflügelte Wort „Vom Kreißsaal über den Hörsaal in den Plenarsaal“ bringt er in Stellung. Und er nennt Ross und Reiter. Und beschreibt auch, wie sich in den letzten Jahrzehnten die Kompetenzen von Berlin nach Brüssel verschoben haben. Die bitterböse Aussage von Wolfgang Herles über die unbeirrbare, unfehlbare, unbezwingbare Elite in Sachen Corona auf Tichys Einblick vom 13.2.2021, schlägt übrigens in die gleiche Kerbe.

Auch die assoziierten Volkswirte und Politökonomen sowie die zugrundeliegenden Theorien, bekommen genügend Aufmerksamkeit. Dabei begegnen einem Klassiker, Neoklassiker und Vertreter der Modernen Geldtheorie. In John Maynard Keynes, dem eine kleine Abhandlung gewidmet ist, sieht Prof. Otte einen der ganz großen Ökonomen (S. 62-65).

Schlussfolgerung und Bewertung

In Summe: wer die Finanzwelt und damit die aktuelle Politik – auch global – etwas besser verstehen möchte, kommt um diesen Autor nicht herum. Dabei ist das Buch kein Regel-, eher eine Art Nachschlagewerk. Es belegt zudem, wie recht die Griechen mit ihrem panta rhei – alles fließt – hatten. Also ein „echter Otte“. Er kenntnisreich und international bewandert, das Endergebnis aktuell, pointiert geschrieben und verständlich auch für Nichtfachleute, damit leichter lesbar. Noch kein Klassiker.

Und hier geht es weiter mit Covid-19

#PreppoKompakt

Leichter lesbar, diesen Anspruch hat der Autor sich selbst gestellt. Max Otte geht dabei nochmals auf die wichtigsten Themen aus dem „Weltsystem Crash“ ein. Geradezu lächerlich und überzogen wirkt da eine Kritik von Denis Scheck, der im „Ersten“ zu diesem Sachbuch gesagt hat, es habe in ihm Ekel ausgelöst. Ein richtiges „Scheckgespenst“, dem man zurufen möchte, bleibe bei deinem Leisten, d.h. im weiten Feld der Belletristik. Dort kann er sich austoben, hat einen größeren Interpretationsspielraum.

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