Spitz-findig-keit #93

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Spitz oder Spitze sind in aller Regel pointierte Aussagen zum Zeitgeschehen. Dies kann, muss aber nicht die Politik betreffen. Es kann auf die Gegenwart oder auch auf die Vergangenheit gemünzt sein. Spitz ist eine Aussage dann, wenn sie sticht, der betreffenden Person oder Personengruppe wehtut, spitze, wenn sie ausgezeichnet formuliert ist und im Idealfall zudem die Wahrheit abbildet. Fi/ündig, wenn der beschriebene Umstand nicht ganz offensichtlich, also erst zu ergründen ist. Und -keit lässt auf unterschiedliche menschliche Eigenheiten/-schaften schließen, wie beispielsweise Eitelkeit, Heiterkeit, Überheblichkeit oder, oder. Alles zusammengenommen eine echte Spitzfindigkeit. In unserer Kolumne ‚Spitz-findig-keit‘ zitieren wir in lockerer Folge jeweils zwei oder drei Aussagen und verschonen dabei auch nicht klassische Denkerinnen und Denker.

Um Denkanstöße zu geben, die Freude am Formulieren zu wecken – nichtzuletzt auch um dem Humor in unserer doch etwas trostloseren Zeit wieder mehr Geltung zu verschaffen. Erhöht das Wohlbefinden. Packen wir es an! Ich sage nicht, wir schaffen das. Aber wir probieren es auf jeden Fall!

Spitz-findig-keit #93

Vorbemerkung

Es gibt nach Immanuel Kant auch eine falsche Spitzfindigkeit, die wir uns hier allerdings nicht zu eigen machen wollen. Wer dem dennoch nachgehen möchte – Die falsche Spitzfindigkeit der vier syllogistischen Figuren – kann dies hier gerne tun.

Wir bevorzugen zu Weihnachten Gedanken von Mascha Kaléko, wie mit Ängsten umzugehen ist, und einen Spruch von Albert Einstein zum Jahreswechsel. Dazwischen ein paar Ratschläge des Sozialpsychologen Jörg Hupfeld-Heinemann von der Universität Bern: Was tun bei schlechtem Gewissen?

1. Spitz-findig-keit

Mascha Kaléko gibt uns Halt, das ganze Jahr über. Beispielsweise mit diesem wunderbaren Gedicht aus „Die paar leuchtenden Jahre“, dtv, München 2003, S. 21-22:

Rezept

Jage die Ängste fort
Und die Angst vor den Ängsten.
Für die paar Jahre
Wird wohl alles noch reichen.
Das Brot im Kasten
Und der Anzug im Schrank.

Sage nicht mein.
Es ist dir alles geliehen.
Lebe auf Zeit und sieh,
Wie wenig du brauchst.
Richte dich ein.
Und halte den Koffer bereit.

Es ist wahr, was sie sagen:
Was kommen muß, kommt.
Geh dem Leid nicht entgegen.
Und ist es da,
Sieh ihm still ins Gesicht.
Es ist vergänglich wie Glück.

Erwarte nichts.
Und hüte besorgt dein Geheimnis.
Auch der Bruder verrät,
Geht es um dich oder ihn.
Den eignen Schatten nimm
Zum Weggefährten.

Feg deine Stube wohl.
Und tausche den Gruß mit dem Nachbarn.
Flicke heiter den Zaun
Und auch die Glocke am Tor.
Die Wunde in dir halte wach
Unter dem Dach im Einstweilen.

Zerreiß deine Pläne. Sei klug
Und halte dich an Wunder.
Sie sind lang schon verzeichnet
Im grossen Plan.
Jage die Ängste fort
Und die Angst vor den Ängsten.

2. Spitz-findig-keit

Zum schlechten Gewissen – die NZZ vom 22.12.2022 erfragt in einem Interview, wie damit umzugehen ist. Die zentralen Aussagen von Jörg Hupfeld-Heinemann dazu sind:

„Eine Gemeinschaft würde ohne schlechtes Gewissen nicht funktionieren. Von einer intakten Gesellschaft wiederum profitiert jeder Einzelne. Ist der Kompass korrekt ausgerichtet, weiss ich, was ich von anderen erwarten kann – und umgekehrt. Das ist tief in uns angelegt.“

Und „… eine Grundvoraussetzung für ein schlechtes Gewissen ist die Empathie. Bereits Kleinkinder sind in der Lage, Empathie zu empfinden. … Wer keine Empathie empfindet, was bei sozialen Störungen oft der Fall ist, empfindet auch kein schlechtes Gewissen.“

Allerdings – und dies gilt gerade um Weihnachten herum und an Silvester: „Zu oft ein schlechtes Gewissen zu haben, ist dann auch wieder nicht gesund.“

Daraus folgt: „Wir dürfen nie vergessen: Ich kann nicht der ganzen Welt helfen. Höchstwahrscheinlich nicht einmal allen in meiner Familie. Bereits Kant sagte: Jeder Mensch hat nicht nur positive Pflichten gegenüber anderen Menschen, sondern auch sich selbst gegenüber. Die eigene Batterie wieder aufzuladen, sollte nie mit einem schlechten Gewissen verbunden sein.“

3. Spitz-findig-keit

Württemberger und Pragmatiker unter sich – Thomas Strobl zitiert in seiner Weihnachts- und Neujahrsbotschaft an die CDU-Mitglieder im Ländle den Ulmer Albert Einstein:

„Wenn‘s alte Jahr erfolgreich war, dann freue Dich aufs neue. Und war es schlecht, ja dann erst recht.“

Kleiner Weihnachtsbaum reich geschmückt 2022

Widmung

Die #93 ist – ganz einfach – Juwe gewidmet.

Und hier geht es rasant weiter ins neue Jahr.

#PreppoKompakt

Also da haben wir doch alle, allen Grund zur Freude. Und ganz ohne schlechtes Gewissen. Frohe Weihnachten und guten Rutsch – im neuen Jahr melden wir uns wieder.

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