Spitz-findig-keit #140

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Spitz oder Spitze sind in aller Regel pointierte Aussagen zum Zeitgeschehen. Dies kann, muss aber nicht die Politik betreffen. Es kann auf die Gegenwart oder auch auf die Vergangenheit gemünzt sein. Spitz ist eine Aussage dann, wenn sie sticht, der betreffenden Person oder Personengruppe wehtut, spitze, wenn sie ausgezeichnet formuliert ist und im Idealfall zudem die Wahrheit abbildet. Fi/ündig, wenn der beschriebene Umstand nicht ganz offensichtlich, also erst zu ergründen ist. Und -keit lässt auf unterschiedliche menschliche Eigenheiten/-schaften schließen, wie beispielsweise Eitelkeit, Heiterkeit, Überheblichkeit oder, oder. Alles zusammengenommen eine echte Spitzfindigkeit. In unserer Kolumne ‚Spitz-findig-keit‘ zitieren wir in lockerer Folge jeweils zwei oder drei Aussagen und verschonen dabei auch nicht klassische Denkerinnen und Denker.

Um Denkanstöße zu geben, die Freude am Formulieren zu wecken – nichtzuletzt auch um dem Humor in unserer doch etwas trostloseren Zeit wieder mehr Geltung zu verschaffen. Erhöht das Wohlbefinden. Packen wir es an! Ich sage nicht, wir schaffen das. Aber wir probieren es auf jeden Fall!

Sitzfindigkeiten zuhauf!

Vorbemerkung

Es gibt nach Immanuel Kant auch eine falsche Spitzfindigkeit, die wir uns hier allerdings nicht zu eigen machen wollen. Wer dem dennoch nachgehen möchte – Die falsche Spitzfindigkeit der vier syllogistischen Figuren – kann dies hier gerne tun.

Heute knüpfen wir nochmal – wie letzten Sonntag – bei Till und seinen Geschichten aus dem Wienerwald/der jungen Wiener Welt an. Erinnern zudem an die klassischen „Spiegeleien“ seines Namensvetters Eulenspiegel, um dann beim Volksbegehren gegen das Gendern im Ländle zu landen.

1. Spitz-findig-keit

Gut beschrieben von Tonio Schachinger in seinem Roman Echtzeitalter wird eine Eigenart, die darin besteht, dass Dinge – ebenso menschliche Stärken oder Schwächen – die gar nicht vorhanden sind, gedanklich zugeordnet werden. So strahlt diejenige Person beispielsweise (S. 188) „… einen unsichtbaren Reichtum aus, der sie von anderen unterscheidet, einen Reichtum, von dem Till nicht sagen könnte, ob er mit ihrer aufrechten Körperhaltung, ihrer entspannten Freundlichkeit oder ihrer Kleidung zu tun hat, die eben nicht von erkennbaren Marken stammt, oder ob er all das … nur in sie hineinprojiziert.“

Wenn man über das Buch und die handelnden Personen redet, dann drängt sich der Dolinar förmlich auf. Bruno Dolinar, ein schrulliger und knallharter Deutschlehrer am Marianum, der insbesondere auch in Richtung Till immer kräftig austeilt. Die Frage stellt sich, ob in der eigenen Schullaufbahn ähnliche Persönlichkeiten am Werk waren? Wie skurril, zeigt die Beschreibung eines Schulausflugs nach Mauthausen (S. 302), bei dem es ausschaut, als ob Lehrer Dolinar die Abfahrt des Busses verpaßt. „Sie können es nicht glauben. Sie jubeln so laut, dass der Busfahrer zusammenzuckt. Nie war die Stimmung besser.“ Als sie dessen Zuhause passieren, fordert der begleitende Lehrer sie auf, zu winken. „Alle lachen. … Till lacht. Er lacht über die Grenzüberschreitung und darüber, wieviel besser sein Tag gerade geworden ist.“ Das Lachen erstirbt, als der Bus kurz darauf abbremst, um den in einer Einbuchtung – „… mit einem Gesichtsausdruck, der alle Freude aus der Welt zu ziehen vermag“ – stehenden Dolinar aufzunehmen (S. 303).

2. Spitz-findig-keit

Noch ein paar Nummern skurriler, aber eben auch seit einem halben Jahrtausend in der Welt der Literatur unterwegs, ist die Figur Till Eulenspiegel. Laut Überlieferung – und wissen.de – um 1300 in Kneitlingen bei Braunschweig geboren und gegen 1350 in Mölln in der Nähe von Lübeck verstorben, wo sich auch die sterblichen Überreste befinden sollen. „Wie Till mit damaligen Fürsten und Geistlichen seine Scherze trieb und schelmisch durch die Städte zog, ist im berühmten Eulenspiegelbuch verewigt, das heute im gut sortierten Buchhandel immer noch erhältlich ist. Seit nunmehr 500 Jahren lachen Jung und Alt darüber, wie Eulenspiegel sich als Kind gleich dreimal taufen lassen muss, wie er zum Seiltänzer wird, einem Esel das Lesen beibringt und von Ort zu Ort zieht und sich dabei gerne als Handwerksgeselle ausgibt, obwohl er vom Schneidern, Backen oder Zimmerhandwerk keine Ahnung hat.“

Verfasser des Eulenspiegelbuchs ist Hermann Bote (um 1476 – 1520), Braunschweiger Zollschreiber, Landrichter und Verwalter des Altstadt-Ratskellers. Das berühmteste und langlebigste aller Volksbücher erschien schon im 16. Jahrhundert in mindestens 35 Ausgaben. Es wurde damals auch in die meisten Kultursprachen Europas übersetzt. Auf PROJEKT GUTENBERG-DE ist das Buch mit seinen 96 Kapiteln – sogenannten Historien – wiedergegeben. Der Blick hinein lohnt sich.

3. Spitz-findig-keit

Zum Stand des Volksbegehrens berichten Prof. Klaus Hekking und Angelika Hekking aus Heidelberg.

„Von den über 24.000 elektronisch registrierten Unterstützern haben bis zum Meldeschluss am 30.6. knapp 15.000 aus 960 von 1101 Gemeinden formgerechte Stimmzettel eingereicht. Wir lagen damit weit über dem gesetzlichen Quorum von 10.000 Antragstellern, die in Baden-Württemberg für den Antrag auf Zulassung eines Volksbegehrens notwendig sind.

In der Zeit von August – November erfolgte die nach dem Gesetz vorgeschriebene Prüfung der Wahlberechtigung der Unterstützer durch ihre jeweiligen Heimatgemeinden. Die Gemeinden haben sehr sorgfältig geprüft und bis heute die Wahlberechtigung von 13.801 Unterstützern festgestellt, so dass wir auch danach das für die Zulassung des Antrags notwendige Quorum erreicht haben

Die Übergabe der Unterschriftensammlung an das Innenministerium ist für den 7. Dezember 2023 geplant. Das Ministerium hat dann nach dem Volksabstimmungsgesetz einen Monat Zeit für die Prüfung der Zulässigkeit des Volksbegehrens. Das Ergebnis der Prüfung wird dann im Staatsanzeiger für Baden-Württemberg veröffentlicht.

Wird das Volksbegehren zugelassen, wird das Volksbegehren im 1. Halbjahr 2024 in allen Gemeinden des Landes durchgeführt. Dabei müssen wir 770.000 Unterstützerinnen und Unterstützer in Baden-Württemberg gewinnen.“

Und hier geht es ab nach Frankfurt, nicht Kassel.

#PreppoKompakt

Vielsagend – erst das dritte Volksbegehren im Ländle, das erfolgreich auf den Weg gebracht wurde. Nichtssagend – falls die gewaltige Zahl an Unterstützerinnen und Unterstützern nicht zusammenkommt. Also Leute, kräftig dafür trommeln!

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