Spitz-findig-keit #200

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Spitz oder Spitze sind in aller Regel pointierte Aussagen zum Zeitgeschehen. Dies kann, muss aber nicht die Politik betreffen. Es kann auf die Gegenwart oder auch auf die Vergangenheit gemünzt sein. Spitz ist eine Aussage dann, wenn sie sticht, der betreffenden Person oder Personengruppe wehtut, spitze, wenn sie ausgezeichnet formuliert ist und im Idealfall zudem die Wahrheit abbildet. Fi/ündig, wenn der beschriebene Umstand nicht ganz offensichtlich, also erst zu ergründen ist. Und -keit lässt auf unterschiedliche menschliche Eigenheiten/-schaften schließen, wie beispielsweise Eitelkeit, Heiterkeit, Überheblichkeit oder, oder. Alles zusammengenommen eine echte Spitzfindigkeit. In unserer Kolumne ‚Spitz-findig-keit‘ zitieren wir in lockerer Folge jeweils zwei oder drei Aussagen und verschonen dabei auch nicht klassische Denkerinnen und Denker.

Um Denkanstöße zu geben, die Freude am Formulieren zu wecken – nichtzuletzt auch um dem Humor in unserer doch etwas trostloseren Zeit wieder mehr Geltung zu verschaffen. Erhöht das Wohlbefinden. Packen wir es an! Ich sage nicht, wir schaffen das. Aber wir probieren es auf jeden Fall!

Spitzfindigkeiten zuhauf!

Vorbemerkung

Es gibt nach Immanuel Kant auch eine falsche Spitzfindigkeit, die wir uns hier allerdings nicht zu eigen machen wollen. Wer dem dennoch nachgehen möchte – Die falsche Spitzfindigkeit der vier syllogistischen Figuren – kann dies hier gerne tun.

Heute erinnern wir uns dafür an Peter, Paul und Mary, beschäftigen uns mit Plänen des baldigen Wieder-US-Präsidenten – in acht Tagen ist es soweit – und schauen in die intimen Tagebücher von zwei angesehenen Literaturgrößen.

1. Spitz-findig-keit

Faz-net vom 8.1.2025 bringt einen Nachruf auf Peter Yarrow, der tags zuvor in New York im Alter von 86 Jahren verstorben ist. Beim Newport Folk Festival Anfang der 1960er Jahre hatte ihn der Manager Albert Grossman zunächst mit Mary Travers zusammen gebracht, die dann ihrerseits Noel Paul Stookey als Dritten im Bunde vorschlug. „So entstand das Trio mit dem biblisch anmutenden Namen Peter, Paul and Mary, das bald darauf großen Erfolg hatte.“

Sie nahmen 1963 am „Marsch auf Washington“ teil, an dessen Ende Martin Luther King die berühmte Rede „I Have Dream“ hielt. Durch ihre Version von Bob Dylans Lied „Blowin’ in the Wind“ wurde dieses zu einer Hymne der amerikanischen Bürgerrechtsbewegung. Sehr ergreifend wird eine – zudem nur zeitweise – Trennung in „Leaving on a Jet Plane“ beschrieben, von John Denver übernommen. Der großgewachsene Paul – geboren 1937, Mary 1936, Peter 1938 – ist, nachdem Mary schon 2009 voran ging, nun der letzte Überlebende des Trios.

1986, anläßlich ihres 25jährigen Jubiläum-Konzerts in Greenwich Village, hatten sie auch „Greenland Whale Fisheries„, ein traditionelles Seemannslied gesungen. Mann/Frau könnte daraus eine hellseherisch-prophetische Warnung an Donald Trump, den früheren und künftigen US-Präsidenten machen. Liedtext-Auszug: „Oh, Greenland is a dreadful place It’s a land that’s never green Where there’s ice and snow and the whale fishes blow And daylight’s seldom seen, brave boys And daylight’s seldom seen When the whale gets strike and the line runs out And the whale makes a flounder with its tail And the boat capsized and I lost my darlin‘ man No more, no more Greenland for you, brave boys No more, no more Greenland for you.“ Oder liegen sie falsch?

2. Spitz-findig-keit

Viel öffentliche Aufmerksamkeit absorbieren gegenwärtig Trumps „Expansionspläne“. So berichtet die NZZ vom 8.1.2025 über den Besuch von Trump Junior in Grönland und die NZZ vom 9.1.2025 wartet mit ausführlichen Informationen zur größten Insel der Welt auf. Faz-net vom gleichen Tag liefert einen tiefen Blick in die Geschichtsbücher: „Alle geostrategischen Interessen Trumps laufen auf Grönland zusammen. Seit 1867 versuchten die Amerikaner schon die Insel, deren Küstenlänge die Länge des Äquators übertrifft, zu übernehmen. Präsident Harry Truman bot Dänemark nach dem zweiten Weltkrieg 100 Millionen Dollar für Grönland. Der Versuch bot sich erneut an, nachdem die Dänen schon im ersten Weltkrieg mehrere kleinere Inseln an Amerika verkauft hatten. Auch sind den Amerikanern Käufe von fremdem Land nicht fremd: Sie erwarben Alaska von Russland oder Florida von den Spaniern.“

Laut Wikipedia kauften die USA Alaska 1867 vom Russischen Kaiserreich. Am 3. Januar 1959 wurde es dann der 49. Bundesstaat der USA. Der 50. Bundesstaat übrigens ist seit dem 21. August 1959 Hawai. Nachdem der baldige Präsident neben Äußerungen zum Panamakanal auch mehrfach von Kanada als möglichem 51. Bundesstaat der USA sprach/schrieb, reagierte Noch-Premierminister Justin Trudeau bei X : „Die Wahrscheinlichkeit, dass Kanada Teil der Vereinigten Staaten wird, ist kleiner als die für einen Schneeball in der Hölle.“ So stand es im FAZ-Frühdenker vom 8.1.2025 zu lesen.

3. Spitz-findig-keit

Das hier regelmäßig herangezogene „Buch der Tagebücher“ (zuletzt in der #197, wo Kafka das Werk Hebbels würdigt) mit zwei Einträgen wiedergegeben, da kurz – und „schmerzlos“, zudem dem Zufall gebührend:

Hebbel

Friedrich Hebbel am 12.1.1841, vor genau 184 Jahren in Wien (S. 32 und zur Person S. 631): „Casanovas Memoiren: wer noch im 68sten Jahre so schreiben konnte, der durfte so leben.“

Die Rede ist von Giacomo Casanova (1725-1798), der sich laut Wikipedia Chevalier de Seingalt nannte. In den Memoiren – Geschichte meines Lebens – des italienischen Schriftstellers, der vom 16. bis zum 60. Lebensjahr unentwegt in Europa herumreiste, ist auf etwa 1800 Doppelseiten von der Geburt bis zum Jahr 1774 – erotische Abenteuer eingeschlossen – alles festgehalten. Casanova schrieb den echten Bestseller von anno dazumal, der heute zur Weltlitertur zählt, in französischer Sprache.

Kafka

Franz Kafka am 12.1.1914, vor genau 111 Jahren in Prag (S. 32 und zur Person S. 636): „Das Mädchen im Kaffeehaus. Der schmale Rock, die weiße, lose, fellbesetzte Seidenbluse, der freie Hals, der knapp sitzende, graue Hut aus gleichem Stoff. Ihr volles, lachendes, ewig atmendes Gesicht, freundliche Augen, allerdings ein wenig geziert. Das Heißwerden meines Gesichtes in Gedanken an F[elice].“

Was hätte Kafka wohl zu den drei tanzenden und singenden „Mädchen“ gesagt, die Julio Iglesias in 2004 auf der Bühne begleitet haben? Welche Gefühle hätten sie bei ihm hervorgerufen? Im YouTube-Video geht es dabei nur um die ersten acht Minuten.

#PreppoKompakt

Zum Video, von bis dato 2822 wohl bunt gemischten Kommentaren, ein vier Monate alter, auf Spanisch: „Todo bien, pero ya no queda la coquetería de ésa forma con las chicas que podrían ser sus nietas!“ Von Google übersetzt: „Alles schön und gut, aber solche Flirts mit Mädchen, die seine Enkelinnen sein könnten, sind nicht mehr erlaubt!“

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