Spitz-findig-keit #229

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Spitz oder Spitze sind in aller Regel pointierte Aussagen zum Zeitgeschehen. Dies kann, muss aber nicht die Politik betreffen. Es kann auf die Gegenwart oder auch auf die Vergangenheit gemünzt sein. Spitz ist eine Aussage dann, wenn sie sticht, der betreffenden Person oder Personengruppe wehtut, spitze, wenn sie ausgezeichnet formuliert ist und im Idealfall zudem die Wahrheit abbildet. Fi/ündig, wenn der beschriebene Umstand nicht ganz offensichtlich, also erst zu ergründen ist. Und -keit lässt auf unterschiedliche menschliche Eigenheiten/-schaften schließen, wie beispielsweise Eitelkeit, Heiterkeit, Überheblichkeit oder, oder. Alles zusammengenommen eine echte Spitzfindigkeit. In unserer Kolumne ‚Spitz-findig-keit‘ zitieren wir in lockerer Folge jeweils zwei oder drei Aussagen und verschonen dabei auch nicht klassische Denkerinnen und Denker.

Um Denkanstöße zu geben, die Freude am Formulieren zu wecken – nichtzuletzt auch um dem Humor in unserer doch etwas trostloseren Zeit wieder mehr Geltung zu verschaffen. Erhöht das Wohlbefinden. Packen wir es an! Ich sage nicht, wir schaffen das. Aber wir probieren es auf jeden Fall!

Spitzfindigkeiten zuhauf!

Vorbemerkung

Es gibt nach Immanuel Kant auch eine falsche Spitzfindigkeit, die wir uns hier allerdings nicht zu eigen machen wollen. Wer dem dennoch nachgehen möchte – Die falsche Spitzfindigkeit der vier syllogistischen Figuren – kann dies hier gerne tun.

Heute beschäftigen wir uns lieber mit einem auch international renommierten Preis, den wachsenden Möglichkeiten von Quantencomputern und den unfallträchtigen E-Scootern/Rollern.

1. Spitz-findig-keit

Der Gewinner eines wichtigen Kulturpreises – dem Friedenspreis des Deutschen Buchhandels – wurde am letzten Dienstag bekanntgegeben. Verliehen wird die mit 25.000 € dotierte Auszeichnung traditionell am letzten Tag der Frankfurter Buchmesse, heuer am 19. Oktober. Damit gewürdigt werden schon seit 1950 Persönlichkeiten, die in Literatur, Wissenschaft oder Kunst einen Beitrag zur Verwirklichung des Friedensgedankens geleistet haben.

Faz-net vom 29.7.2025 nennt den Namen – Karl Schlögel – und kommentiert wie folgt: „Ungewöhnlich spät ist in diesem Jahr die Bekanntgabe des kommenden Friedenspreisträgers des Deutschen Buchhandels erfolgt: Die Auszeichnung geht an den Berliner Historiker Karl Schlögel. Der Siebenundsiebzigjährige ist eine hervorragende Wahl – intellektuell, persönlich, inhaltlich. Seine Expertise für osteuropäische, speziell russische Geschichte des zwanzigsten Jahrhunderts ist unerreicht, und er gehörte zu den Ersten in Deutschland, die vor Putins Politik warnten: Mit den seit 2014 laufenden russischen Angriffen auf die Ukraine wurde der große Liebende der russischen Kultur zu einem publizistischen Gegenspieler Russlands.“

Und weiter: „Seine großen Bücher ‚Terror und Traum – Moskau 1937‘ von 2008, ‚Das sowjetische Jahrhundert – Archäologie einer untergegangenen Welt‘ von 2017 (nach der großen Desillusionierung) und zuletzt ‚American Matrix – Besichtigung einer Epoche‘ (2023), das die ideologisch-ästhetischen Parallelen zwischen den Vereinigten Staaten und der Sowjetunion im zwanzigsten Jahrhundert analysiert, sind Solitäre auf dem deutschen Buchmarkt. Gemeinsam mit Irina Scherbakowa [der russischen Friedensnobelpreisträgerin von 2022] kam bereits 2015 ‚Der Russland-Reflex – Einsichten in eine Beziehungskrise‚* heraus: Schlögels programmatische Bekenntnisschrift.“

Hier paaren sich standhafter Mut und fundierte Kenntnisse mit illusionslosem Realitätssinn. Für altes, verstaubtes und gefühlsduseliges Denken bleibt da kein Platz.

2. Spitz-findig-keit

Die NZZ vom 27.7.2025 stellt Überlegungen zum Quantencomputer an (hinter Schranke). Wir hatten das sehr anspruchsvolle Thema schon einmal am 31. Juli 2021 – also vor vier Jahren – aufgegriffen und dabei festgehalten: So ist nicht auszuschliessen, dass sämtliche Verschlüsselungsarten – die den Datenverkehr im Internet und die gesamte Kommunikation über Smartphone, E-Mail und Messenger-Dienste wie „WhatsApp“ vor dem Zugriff Dritter schützen – entschlüsselt werden. Wenn überhaupt – so der gegenwärtige Erkenntnisstand -, dann langsam, langsam.

Das sogenannte RSA-Verfahren – hier auf Wikipedia ausführlich erklärt – schafft laut NZZ Sicherheit für die Verschlüsselung dadurch, „… dass es ungemein schwierig ist, eine grosse Zahl in ihre Primfaktoren zu zerlegen, also zwei Primzahlen zu finden, die multipliziert die gesuchte Zahl ergeben.“ (Primzahlen sind, das weiß Mann/Frau noch aus der Schulzeit, größer als 1 und ausschließlich durch sich selbst und durch 1 teilbar.) Während sich für kleine Zahlen – wie 33 = 3 × 11 – die Lösung leicht erraten läßt, verwendet das RSA-2048-Verfahren zum Verschlüsseln Zahlen mit mehr als 600 Dezimalstellen (in binärer Darstellung sind das 2048 Bits), woran selbst die besten Supercomputer scheitern. „Die grösste Zahl, die bisher mit ihrer Hilfe faktorisiert werden konnte, hat 250 Dezimalstellen. Die Berechnung dauerte mehrere Monate. Da die Rechenzeit mit der Grösse der Zahl explodiert, droht von Supercomputern keine Gefahr.“

Chinesische Forscher sind die Rekordhalter, wie in einem Anfang diesen Jahres publizierten Beitrag, auf den die NZZ hinweist, nachzulesen ist. „Indem sie einen klassischen Algorithmus mit einem Quantenalgorithmus kombinierten, konnten sie kürzlich die 25-stellige Zahl 1 034 879 359 475 633 166 138 643 zerlegen (das Ergebnis lautet 1 001 721 172 891 × 1 033 101 213 673).“

Ruhig mal im Kopf nachrechnen. Wie einfach war dagegen doch die Rechenaufgabe aus der #226, aber auch da blieben Lösungsvorschläge Mangelware.

3. Spitz-findig-keit

Auch das Thema E-Scooter hat uns schon des öfteren umgetrieben – zuletzt in der #178. Auf neueste Zahlen weist nun faz-net am 31.7.2025 hin (hinter Schranke). Mit der in den letzten Jahren gestiegenen Zahl der Elektroroller gab es auch mehr Unglücksfälle. „2023 registrierte die Polizei bundesweit insgesamt 9425 E-Scooter-Unfälle, bei denen Menschen zu Schaden kamen. Das waren 14 Prozent mehr als im Jahr zuvor. … Häufige Ursachen … seien falsche Nutzung der Fahrbahnen oder Gehwege und Alkoholeinfluss.“

Unter Bezugnahme auf Zahlen des Statistischen Bundesamtes vom Donnerstag hält faz-net gleichen Tags folgendes fest: „Die Zahl der schweren Unfälle mit Elektrorollern ist im vergangenen Jahr abermals stark gestiegen. … Im Vergleich zum Vorjahr nahm die Zahl der Elektroroller-Unfälle, bei denen Menschen verletzt wurden, um mehr als ein Viertel zu – insgesamt lag sie 2024 bei 11.944. In den meisten Fällen trugen die Verunglückten leichte Schäden davon, rund zwölf Prozent verletzten sich schwer. Auch die Zahl der tödlichen Unfälle, die 2023 noch bei 22 lag, nahm zu. 2024 kamen insgesamt 27 Menschen infolge eines Unfalls mit E-Scootern ums Leben, wobei alle Todesopfer selbst auf dem Roller unterwegs waren.“

Das heißt wohl, dass keine unbeteiligten Todesopfer zu beklagen sind. Zumindest ein, wenn auch schwacher, sehr schwacher Trost.

#PreppoKompakt

Sicherheit zuerst. Dabei dem Alkohol keine Chance geben, egal mit welchem Verkehrsmittel man räumliche Distanzen überwinden möchte.

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