5 minutes
Spitz oder Spitze sind in aller Regel pointierte Aussagen zum Zeitgeschehen. Dies kann, muss aber nicht die Politik betreffen. Es kann auf die Gegenwart oder auch auf die Vergangenheit gemünzt sein. Spitz ist eine Aussage dann, wenn sie sticht, der betreffenden Person oder Personengruppe wehtut, spitze, wenn sie ausgezeichnet formuliert ist und im Idealfall zudem die Wahrheit abbildet. Fi/ündig, wenn der beschriebene Umstand nicht ganz offensichtlich, also erst zu ergründen ist. Und -keit lässt auf unterschiedliche menschliche Eigenheiten/-schaften schließen, wie beispielsweise Eitelkeit, Heiterkeit, Überheblichkeit oder, oder. Alles zusammengenommen eine echte Spitzfindigkeit. In unserer Kolumne ‚Spitz-findig-keit‘ zitieren wir in lockerer Folge jeweils zwei oder drei Aussagen und verschonen dabei auch nicht klassische Denkerinnen und Denker.
Um Denkanstöße zu geben, die Freude am Formulieren zu wecken – nichtzuletzt auch um dem Humor in unserer doch etwas trostloseren Zeit wieder mehr Geltung zu verschaffen. Erhöht das Wohlbefinden. Packen wir es an! Ich sage nicht, wir schaffen das. Aber wir probieren es auf jeden Fall!

Vorbemerkung
Es gibt nach Immanuel Kant auch eine falsche Spitzfindigkeit, die wir uns hier allerdings nicht zu eigen machen wollen. Wer dem dennoch nachgehen möchte – Die falsche Spitzfindigkeit der vier syllogistischen Figuren – kann dies hier gerne tun.
Heute geht es dafür zunächst um ein traumhaftes Geschehen auf einer Straße in Virginia, dann um Taylor Swift, bei der es natürlicherweise auch Schattenseiten gibt – wo Licht, da ist immer auch Schatten. Und schließlich kommen wir doch noch auf den Hund zu sprechen.
1. Spitz-findig-keit
Julien Green (1900-1998), Paris 1933 – heute genau vor 92 Jahren sein Tagebucheintrag, entnommen dem Buch der Tagebücher (S. 488-489; zur Person S. 629). Ein Verwandlungskünstler, der vom Pferd auf den Hund gekommen ist? Fast, aber nicht ganz.
„Ein absurder, reizender Traum, über den ich beim Erwachen im stillen lachen mußte. Ich sehe mich wieder als Neunzehnjährigen eine schlechte Straße in Virginia entlangreiten. Der Ritt dauert eine gewisse Zeit, und plötzlich spricht mein Pferd mit mir: ‚Drei Stunden trage ich dich jetzt. Ich bin müde. Nun bist du an der Reihe.‘ Ich springe ab, und mein Reittier wird vor meinen Augen kleiner. Bald ist es nur noch ein Pony, und auch dieses Pony schrumpft noch, bis es nicht größer ist als ein junger Hund. Da nehme ich mein Pferd unter den Arm und trage es nach Hause.“
Greens Leben umspannt fast das ganze 20. Jahrhundert. Mit 26 Jahren fing er an Tagebuch zu schreiben, praktiziert hat er dies annähernd bis ans Lebensende, herausgekommen sind 18 Bände. „Es ist damit eines der umfangreichsten publizierten Tagebücher überhaupt und eines der herausragenden des Genres.“
2. Spitz-findig-keit
„Wer Taylor Swift kritisiert, muss mit Todesdrohungen der Swifties rechnen.“ So titelt die NZZ vom 15.10.2025 (hinter Schranke). Mehrere Musikjournalisten hätten sich wegen ihrer Kritik an Taylor Swifts neuem Album persönliche Anfeindungen/Bedrohungen eingehandelt. Das sind die „… Auswüchse der heutigen Online-Fan-Kulte.“ Dahinter stecke das Phänomen hysterischer Überidentifikation als direkte Folge des ungefilterten Online-Zugangs zur Öffentlichkeit. Schon Theodor Adorno habe „Fan“ als die Kurzform für „Fanatiker“ beschrieben.
Mutig, mutig Jean-Martin Büttner, der weiterhin festhält: Das massentaugliche „The Life of a Showgirl“ – wir haben es in der #238 besprochen – klinge künstlich und seelenlos. Das Album plätschere so vor sich hin, Wohlklang und Langeweile verbreitend. Taylor Swift habe eine bloss mediokre, ausdrucksarme Stimme, nicht zu vergleichen mit ihren Vorbildern Dolly Parton und Madonna. Da jedoch die Kasse stimme – sowohl die Verkaufzahlen, als auch die Einspielergebnisse des Dokumentarfilms sind auf Rekordkurs -, könne es „… der Musikerin egal sein, was die Kritiker finden: Das Showgirl aus Pennsylvania ist die bekannteste und von ihren Fans am meisten verehrte Frau der Welt. Wer nichts sagt, wird überall verstanden.“
Auch auf faz-net am 16.10.2025 (hinter Schranke) gibt es einen Schattenwurf. „Britney Spears’ Ex-Mann Kevin Federline bringt seine Memoiren heraus – und zeigt sich angesichts ihres Gesundheitszustands alarmiert. Die Sängerin wirft ihm vor, nur auf Profit aus zu sein.“ Die beiden waren von 2004 bis 2007 verheiratet, aus der kurzen, von ihm abrupt beendeten Ehe gingen zwei Söhne hervor, sie wurde in eine Entzugsklinik eingewiesen.
3. Spitz-findig-keit
Laut NZZ vom 16.10.2025 (hinter Schranke) ist Italien auf den Hund gekommen. Der regelrechte Hundeboom habe mit der zunehmenden Individualisierung der Gesellschaft und der demografischen Entwicklung im Land zu tun. Es gebe immer mehr Single-Haushalte, die Geburtenrate erreiche jährlich neue Tiefststände. Immer mehr Menschen würden ein Haustier einem Partner oder Kindern vorziehen, meint Michaela Biancofiore, buntschillernde römische Senatorin und engagierte Tierfreundin aus Südtirol. Denn „Tiere können das geben, wozu Menschen oft nicht mehr in der Lage sind: bedingungslose Liebe, Freude, gute Laune.“ Ein Ende des Booms ist nicht absehbar.
#PreppoKompakt
Selbst der verstorbene Papst Franziskus kam nicht dagegen an. Mehrfach hatte er von übertriebener Tierliebe gesprochen und sich auch schon einmal über Paare „abfällig geäußert“ (so ausgelegt vom NZZ-Korrespondenten Luzi Bernet) oder „lustig gemacht“ (so Vatican News am 11.1.2022), die keine Kinder wollten, sich aber mehrere Haustiere zulegten.