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Spitz oder Spitze sind in aller Regel pointierte Aussagen zum Zeitgeschehen. Dies kann, muss aber nicht die Politik betreffen. Es kann auf die Gegenwart oder auch auf die Vergangenheit gemünzt sein. Spitz ist eine Aussage dann, wenn sie sticht, der betreffenden Person oder Personengruppe wehtut, spitze, wenn sie ausgezeichnet formuliert ist und im Idealfall zudem die Wahrheit abbildet. Fi/ündig, wenn der beschriebene Umstand nicht ganz offensichtlich, also erst zu ergründen ist. Und -keit lässt auf unterschiedliche menschliche Eigenheiten/-schaften schließen, wie beispielsweise Eitelkeit, Heiterkeit, Überheblichkeit oder, oder. Alles zusammengenommen eine echte Spitzfindigkeit. In unserer Kolumne ‚Spitz-findig-keit‘ zitieren wir in lockerer Folge jeweils zwei oder drei Aussagen und verschonen dabei auch nicht klassische Denkerinnen und Denker.
Um Denkanstöße zu geben, die Freude am Formulieren zu wecken – nichtzuletzt auch um dem Humor in unserer doch etwas trostloseren Zeit wieder mehr Geltung zu verschaffen. Erhöht das Wohlbefinden. Packen wir es an! Ich sage nicht, wir schaffen das. Aber wir probieren es auf jeden Fall!

Vorbemerkung
Es gibt nach Immanuel Kant auch eine falsche Spitzfindigkeit, die wir uns hier allerdings nicht zu eigen machen wollen. Wer dem dennoch nachgehen möchte – Die falsche Spitzfindigkeit der vier syllogistischen Figuren – kann dies hier gerne tun.
Heute schnuppern wir dafür auffallend oft Friedhofsluft.
1. Spitz-findig-keit
Auf der Achse des Guten vom 18.12.2025 wirbt Ulrike Stockmann unter dem Titel „Dem Wahnsinn mit Galgenhumor entgegentreten“ überzeugend für den am 6. November diesen Jahres neu erschienenen Bildband von André Lecloux: „Tiefflieger„* – Die schönsten intellektuellen Bankrotterklärungen prominenter Deutscher, Solibro Verlag, Münster 2025, 144 S., 28 €.
„Bei der Lektüre schwankte ich zwischen Empörung, Ungläubigkeit, Aha-Effekten – und einem Lachkrampf. Besonders arge Rhetoriker haben es sogar mehrmals ins Buch geschafft, darunter Friedrich Merz, Helmut Kohl, Jan Böhmermann, Annalena Baerbock und Katrin Göring-Eckardt. Auf jeden Fall liefert der Band die Erkenntnis, dass auch in vergangenen Zeiten viel Unsinn geredet wurde – und selbst die empörendsten Äußerungen mitunter zum Lachen sind. In gedruckter Form zumindest sind diese sprachlichen Eskapaden weniger ärgerlich als vor allem unterhaltsam.“
Auch die dümmsten Politiker, so Ulrike Stockmann, seien immerhin noch gut dafür, um über sie zu lachen. Wobei die beiden Bundeskanzler Helmut Kohl und Friedrich Merz diese „ehrende Einschätzung“ beileibe nicht verdient haben. Letzterer hat es noch in der Hand, so wie Kanzler Kohl durch sein entschlossenes Handeln bei der deutschen Wiedervereinigung, die Weichen so zu stellen, dass in unserem Land die Friedhofsruhe nicht überhand nimmt.

Seinen Frieden gefunden hat tragischerweise schon André Lecloux, der nach langer Krankheit wenige Tage vor der Veröffentlichung seines Werkes im Alter von nur 62 Jahren verstorben ist. Auch Vera Lengsfeld würdigte dessen Lebenswerk mit den Worten: „Heute Abend werde ich Lecloux noch einmal zur Hand nehmen – bei meinem favorisierten Primitivo. Ich trinke darauf dass es Dir gut gehe, wo Du jetzt bist, André!“
2. Spitz-findig-keit
Die NZZ vom 13.12.2025 beschreibt ausführlich, was der Alkohol mit und in unseren Körpern anrichten kann (hinter Schranke) und faßt es mit den Worten eines Professors, der an der Universität Heidelberg das Alkoholforschungslabor geleitet hat und Präsident der Europäischen Gesellschaft für Alkoholforschung war, zugespitzt so zusammen:
„Schon heute sicher ist dagegen: Alkohol ist ein Nervengift, das laut jüngsten Ergebnissen schon in kleineren Dosen die Entstehung einer Demenz begünstigt. Zudem fördert der Genuss berauschender Getränke mehr als zweihundert Krankheiten und ungesunde Zustände. Deshalb gilt laut Helmut Seitz unterm Strich: ‚Alkohol ist nicht gesund, Punkt.'“
Schon in der #233 hatten wir unter #PreppoKompakt festgehalten, dass Alkohol glasklar als Zell- und Nervengift einzuschätzen ist. Geschätzt rund 40.000 Menschen sterben übrigens in Deutschland im Jahr an den Folgen ihres Alkoholkonsums. Und werden so zu „Tiefliegern“. Spaß muss sein, hat mein Vater gelegentlich verlautbart, und wenn es auf dem Totenbett ist.
3. Spitz-findig-keit
Der FAZ-Frühdenker vom 16.12.2025 erinnert an den Geburtstag der britischen Schriftstellerin Jane Austen (1775-1817), die vor 250 Jahren als siebtes von acht Kindern im Pfarrhaus von Steventon in Hampshire das Licht der Welt erblickte. Ihre „… Bücher zählen neben den Shakespeare-Dramen zu den bekanntesten Werken der britischen Literatur. … Ihren Platz in der Literaturgeschichte sicherte sie sich mit Romanen, deren Charakter- und Gesellschaftsschilderungen aus entschieden weiblicher Perspektive sich durch einen damals sensationellen Realismus und bis heute erfrischende Dialoge auszeichnen.“
Am bekanntesten, der 1813 unter dem Pseudonym „by a lady“ erschienene Roman „Stolz und Vorurteil“, der mit dem fulminanten Satz beginnt: „Es ist eine allgemein anerkannte Wahrheit, dass ein alleinstehender Mann im Besitz eines hübschen Vermögens nichts dringender braucht als eine Frau.“ Eine Geschichte mit viel Ironie und Witz, „… die bis in die Gegenwart Stoff für Kino und Popkultur liefert. Schließlich geht es darin um Geld, Macht, die Rolle der Frau – und die brennende Frage, ob eine Liebesheirat einer Ehe aus Konvention vorzuziehen ist.“
Zwei Neuerscheinungen
Auf faz-net nimmt sich Herausgeber Jürgen Kaube gleichen Tags unter Verweis auf die folgenden zwei Neuerscheinungen ebenfalls des Themas an. Jane Austen: „Liebste Freundin!„* Sämtliche Briefe. Manesse Verlag, Zürich 2025. 512 S., 45 €, sowie: Elsemarie Maletzke: „Jane Austen„*. Eine Biographie. Überarbeitete Neuausgabe. Schöffling Verlag, Frankfurt am Main 2025. 320 S., 24 €.
„In Austens Romanen wird von fast jeder Figur genau mitgeteilt, wie viel Vermögen sie hat. Die junge Frau ist typischerweise auf der Suche nach einem Versorger, dem sie oder ihre Eltern nicht selten Liebe vorspielen, um bei ökonomisch prekärem Status sich ein Mindestmaß an Luxus oder wenigstens Status bewahren zu können. Das schöne Gesicht als letztes Kapital mit blassem Teint und den sprichwörtlich kurzen Beinen der Lüge. Fünfhundert Pfund Zinseinkommen sollte es schon sein, um sich wenigstens ein paar Bedienstete leisten zu können.
Man muss nicht reich sein, hat einmal jemand gesagt, man muss nur reiche Freunde haben, und Austen ergänzt in ihren Romanen: oder gut heiraten. Ihr Spott trifft diejenigen, die so denken, denn die heiraten in ihren Romanen am schlechtesten. Dass Freundschaft und Liebe durch ihre utilitäre Deutung leicht ruiniert werden, weshalb man es den reichen Freunden und den prospektiven Gatten natürlich nicht sagen kann, dass ihnen die Rolle der Versorger zugedacht ist oder sie mindestens ein Substitut für eigenen Wohlstand sind, wird als Preis des wechselseitigen Betrugs hingenommen.“ So schätzt es Jürgen Kaube ein.
Weitere Einzelheiten
Ihre sieben Romane wurden – laut Wikipedia – rund vierzigmal verfilmt, auch ihr Leben dauerhaft festgehalten, so im Film „Becoming Jane“ aus 2007 mit der Schauspielerin Anne Hathaway. Selbst der Schwarzwälder Bote berichtet nebst einer kleinen Fotostrecke anläßlich des Geburtstags über das fröhliche und kreative Familienleben der im Kreise von Literaten, zu dem auch Mark Twain und Vladimir Nabokov zählen, nicht unumstrittenen Schriftstellerin.
Widmung
Friedrich Pommerencke, dem umtriebigen Bäckermeister und unabhängigen Geist gewidmet, der heute im Kreise der Familie gesund und munter seinen 81. Geburtstag feiern kann.
#PreppoKompakt
Ironie des Schicksals: Jane Austen blieb zeitlebens unverheiratet und starb bereits im Alter von 41 Jahren, vermutlich an Nierenversagen.
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