Die Geld-Un-Ordnung

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Thomas Mayer, der Verfasser des Buches „Die Neue Ordnung des Geldes – Warum wir eine Geldreform brauchen“1) sieht unsere Gesellschaft, sollte sie die bestehende Geldordnung weiter beibehalten, auf dem Weg in einen „bürokratischen Sozialismus“. Dazu beruft er sich u.a. auf die „Die ökonomische Theorie der Tragödie der Allmende“. Sie gäbe, angewendet auf die bestehende Verfassung des Euro, „… die Blaupause für die Tragödie des Euro“.2) Zeichnet sich unsere gegenwärtige Geldordnung also durch eine Geld-Un-Ordnung aus? Dieser Frage wollen wir mit drei Beiträgen – heute mit Teil I beginnend – einmal auf den Grund gehen. Und natürlich Antworten geben sowie Lösungsmöglichkeiten aufzeigen.

Geld-Un-Ordnung

Das gegenwärtige Geld- und Währungssystem

Institutionelle Schwächen, Anfälligkeiten für Korruption in großem Stil und politisch induzierte Fehlsteuerungen des bestehenden Geld- und Währungssystems zeigen sich in immer stärkerem Maße! Sich nahezu im Jahresrhythmus wiederholende Geld-, Schulden- und Finanzkrisen belegen es eindeutig. Darauf folgen monoton steigende und stetig umfangreicher werdende staatliche Stützungsmaßnahmen. „Systemrelevanten Akteuren“ des Finanzsystems wird mit milliardenschweren staatlichen Mitteln unter die Arme gegriffen, Stichwort „too big to fail“. Auch inflationäre Schübe – hier im Beitrag „Die Inflation – die Totgeglaubte“ am 14.06.2022 thematisiert -, Marktungleichgewichte und zunehmende Vermögensungleichheiten gehen damit einher. Allein diese Störpotentiale reichen aus, um dringendst über Besserungsmöglichkeiten nachzusinnen.

Eine Schlüsselgröße

Eine Größe, die dabei immer wieder ins Blickfeld gerät ist der, das gesamte Finanzsystem beherrschende „… Zins, der über die Höhe des Angebotes an Geld und über den Umfang der Nachfrage nach Geld entscheidet.“ Im Hinblick auf die weltweit, tendenziell alternden Gesellschaften und daraus abgeleiteten „säkularen Stagnationstheorien“3) gilt: „Die Leute sorgen sich um die Versorgung im Alter und bewerten einen Euro in der Zukunft deutlich höher als in der Gegenwart. Deshalb schränken sie ihren Konsum ein und sparen mehr. Der Zins, der die Zeitpräferenzrate reflektiert, sinkt.“

„Doch ist es nach C.C. von Weizsäcker unmöglich, einen Kapitalstock zu bauen, der groß genug ist, alle Rentner zu versorgen. Dazu müsste er Konsumgüter für zwölf Jahre produzieren können, weil die Rentner von heute in den OECD-Ländern und China im Schnitt zehn Jahre im Ruhestand verbrächten. Das sei aber nicht möglich, sagt von Weizsäcker. Das abnehmende Grenzprodukt eines steigenden Kapitaleinsatzes begrenze den möglichen Umfang des Kapitalstocks auf maximal fünf Jahre. Wenn aber die Verbraucher heute so viel sparen würden, wie eigentlich nötig ist, um einen Kapitalstock von zwölf Jahren aufzubauen, würden sie ein Wachstum der Nachfrage verhindern und Ersparnisse verschwenden. Von Weizsäcker nannte dies den ‚Vorsorge-Albtraum‘ und forderte, dass der Staat seine Verschuldung erhöhen soll, um die überschüssige Ersparnis in Nachfrage zu verwandeln“4).

Der Zins als böser Bube

Zwei weitere Argumentationslinien nehmen den „bösen Buben“ Zins für den angeblichen „Wachstumszwang“ in Anspruch. Sie betreffen einerseits das „umweltschädliche wirtschaftliche Wachstum“ und andererseits die mit dem Zins und dem Wachstum zusammenhängende wirtschaftliche Ungleichverteilung in der Bevölkerung.

Beiden räumt Mayer, im direkten Vergleich zur herrschenden Geldordnung, auch aufgrund historischer Erfahrungen, eine geringere Wirkkraft ein. Für ihn hat sich im geschichtlichen Verlauf eindeutig gezeigt, dass es letztlich auf die Rolle des Staates und seinen Einfluss auf das Geldwesen ankommt: „Weniger, aber dafür auf die Schaffung einer marktwirtschaftlichen Ordnung konzentrierter staatlicher Einfluss ist besser als ausufernde staatliche Einmischung. Folglich plädiere ich am Ende dieses Kapitels für die Abschaffung unseres gegenwärtigen Geldsystems, das zunehmende staatliche Einmischung heraufbeschwört, und die Einführung einer staatsfernen Geldordnung, in der Geld als ‚Aktivum‘ definiert ist.“5)

Auf die Schaffung einer marktwirtschaftlichen Ordnung konzentrieren

Sein Vorschlag: „Die Aktivgeldordnung entspricht einem Vollgeldsystem, in dem Geld kein Instrument zur Finanzierung des Staates, kein Passivum, sondern ein Aktivum mit einem immateriellen eigenen Wert ist. Dies drückt sich darin aus, dass Geld nicht durch staatliche Verpflichtungen, sondern durch den ‚guten Willen‘ der Bürger gedeckt ist und Gewinne der Geldschöpfung nicht dem Staat als Organisation, sondern dem einzelnen Bürger, vom neugeborenen Kind bis zum Greis, zugutekommen. Die Zentralbank ist direkt den Bürgern und nicht dem Staat für die Qualität des Geldes verantwortlich.“6)

Mayer nimmt damit u.a. Bezug auf ein in den 1930er Jahren während der Zeit der „Großen Depression“ entstandenes Geldreformkonzept. Unter dem Namen „Chicago-Plan“ ist es in die geldgeschichtlichen Annalen eingegangen.7) Als ehemaliger Chef-Volkswirt der Deutschen Bank versteht er es gekonnt die bankpraktischen Voraussetzungen zur Schaffung einer Aktivgeldordnung zu erläutern. Aber auch die politischen Hürden und Untiefen dieses Lösungsansatzes auszuloten. Dadurch wird deutlich, warum es dieses – nach wie vor überzeugende – Konzept, bisher noch nicht zur Anwendung bringen konnte!

Andererseits greift Mayer auf die Lehren des spanischen Ökonomieprofessors Jesús Huerta de Soto zurück. „Huerta de Soto vertritt die Auffassung, dass die Analyse der sozialen Realität die adäquate Kombination der folgenden drei Ansätze erfordert: Theorie (Ludwig von Mises), Geschichte-Evolution (Friedrich August von Hayek) und Ethik (Murray Rothbard).“

Breite Diskussion über unsere Geldordnung überfällig

Thomas Mayer schließt seine Ausführungen. „In diesem Buch habe ich versucht, zu zeigen, dass dies im Rahmen einer Evolution unseres bestehenden Systems möglich ist. Ob wir diesen Weg gehen oder uns gegen Veränderungen so lange sperren, bis unsere Geldordnung in einer großen Geldkrise zusammenbricht, wird davon abhängen, ob wir die Scheuklappen ablegen und endlich eine breite Diskussion über eine neue Ordnung unseres Geldwesens beginnen.“


1. Thomas Mayer, Die Neue Ordnung des Geldes – Warum wir eine Geldreform brauchen, 2. Auflage 2015. © 2014 FinanzBuch Verlag, München.

2. Mayer, Th. a.a.O. S. 495

3. Vgl. dazu: Carl Christian von Weizsäcker, Hagen Krämer, Sparen und Investieren im 21. Jahrhundert – Die Große Divergenz © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, 2019.

4. Mayer, Th. a.a.O. S. 231

5. Mayer, Th. a.a.O. S. 221, Kap. 6

6. Mayer, Th. a.a.O. S. 295

7. The Chicago Plan Revisited, IMF Working Paper, by Jaromir Benes and Michael Kumhof, Authorized for distribution by Douglas Laxton, August 2012 (hier als pdf abzurufen).

Und hier geht es wieder sehr spitzfindig zu.

#PreppoKompakt

Geld-Un-Ordnung: Die neuerlichen Turbulenzen im soliden Schweizer Finanzmekka Zürich zeigen einmal mehr und überdeutlich, dass Diskussionen über die grundlegende Neuordnung des institutionellen Geld- und Währungsregimes wichtig und dringend notwendig sind. Somit ist der Aufruf von Thomas Mayer nicht nur längst überfällig, ihm sollte endlich in ernsthafter Weise gefolgt werden. Womit wir hier beginnen! Teil II folgt in Kürze.

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