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Im Allgemeinen spricht man von Inflation dann, wenn es im Zeitablauf zu kontinuierlichen Preisanstiegen und damit zu einer entsprechenden Geldentwertung kommt. Über die vergangenen drei Dekaden hinweg gab es in Deutschland jährliche Veränderungen des Preisniveaus im Bereich von bis zu 2%, jedoch keine nennenswerten Ausschläge in der Kaufkraft des EURO. Deshalb stellt die jetzige Situation für viele Bürgerinnen und Bürger eine neue, gänzlich ungewohnte Erfahrung dar.
Inflation auch als Folge des Krieges
Die NZZ titelte am 30.3.2022. „Auch eine Folge des Krieges: Die Inflation schießt auf den höchsten Stand seit mehr als 40 Jahren“. Und nimmt beängstigende Ausmasse an. Droht Deutschland gar – wie mdr-Geschichte am 31.3.2022 fragt/orakelt – „… eine Hyperinflation wie in den 1920er-Jahren? Die Bilder von damals – Schubkarren voller wertloser Geldscheine – sind noch immer im kollektiven Gedächtnis der Deutschen verankert.“
Preisstabilität als vorrangiges Ziel
Gemäß der Deutschen Bundesbank ist „Preisstabilität … das vorrangige Ziel des Eurosystems“. Dazu wird auf Art. 127 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union verwiesen. Dort ist zu lesen: „Beim geldpolitischen Ziel, Preisstabilität zu gewährleisten, geht es nicht um die Stabilität einzelner Preise. Vielmehr sollen die Preise nur im Durchschnitt stabil bleiben. Das heißt, Preisanstiegen bei einigen Gütern sollen Preisrückgänge bei anderen Gütern gegenüberstehen, sodass das Preisniveau in der Volkswirtschaft insgesamt unverändert und die Kaufkraft somit erhalten bleibt.“ Der weitere Begleittext klärt dann auf: „Ob die Geldscheine und Münzen im Portemonnaie oder das Guthaben auf der Bank jedoch viel oder wenig wert sind, hängt nicht von den Beträgen im Geldbeutel oder auf dem Konto ab. Der Wert des Geldes bemisst sich allein daran, wie viel Waren und Dienstleistungen man sich für einen gegebenen Geldbestand kaufen kann.“
Vor mehr als einem Jahr vorausgesagt – nun ist sie da die T€uerung
Axel Weber, der von der damaligen Bundeskanzlerin Merkel in die Schweiz „verscheuchte“ frühere Bundesbankpräsident, äußerte bereits am 17. Februar 2021 auf Project Syndicate unter dem Titel „Inflation: Rückkehr einer Totgeglaubten?“ folgendes: „Frühere Episoden übermäßiger Staatsverschuldung endeten fast immer mit hoher Inflation. Eine durch einen Vertrauensverlust verursachte Inflation kann schnell und auch aus einer Situation der Unterbeschäftigung heraus auftreten, ohne eine vorangegangene Lohn-Preis-Spirale.“ Und er warnte: „Doch wer sich zu sehr auf die niedrigen Inflationsprognosen verlässt, könnte böse erwachen.“
Was tun, Herr Nachbar/Frau Nachbarin
Der Wirtschaftspublizist Gabor Steingart hält in seinem Blog „The Pioneer Briefing“ am 17.5.2022 fest: „Die Inflation hat ihre Wurzeln in einer zu groß geschnittenen Geldmenge. Die Verteuerung des Geldes – also die dosierte Heraufsetzung des Zinses – müsste daher … unverzüglich beginnen.“ Er meint zudem, seinen Leserinnen und Lesern zurufen zu müssen: „Prosperität ist machbar, Herr Nachbar.“ Und nahezu selbstverzweifelnd, leicht weinerlich klingend fährt er fort: „Selbst die Bremer Stadtmusikanten waren lebensklüger als die jetzige Politikergeneration. Ihr Motto: Etwas Besseres als den Tod werden wir überall finden.“
Inflationstrauma
Darin kommt etwas von dem uns Deutschen immer wieder – und immer noch – nachgesagten „Inflationstrauma“ zum Vorschein. Wenn man so will, eine Art Gegenstück zur weitverbreiteten Liebe zu den Wäldern. Und siehe, die Europäische Zentralbank (EZB) in Frankfurt bewegt sich – nun endlich – doch.
Ein renommierter Wirtschaftsprofessor, Gabriel Felbermayr, twittert am Donnerstag der Ankündigung der EZB, den Leitzins im Juli zu erhöhen, hinterher:
Inflationstrauma hin oder her – sie ist da -, und sie wird auch nicht so schnell wieder verschwinden. Die Konstellationen, die zu ihrem Auftauchen geführt haben – beileibe nicht überraschend, eher lange angekündigt – sind doch vielschichtiger, als es in den oben zitierten Statements zum Ausdruck kommt!
Ursachen/Wurzeln der Teuerung
Deshalb wird auch im Fazit-Wirtschaftsblog auf faz-net am 10.6.2022 den Wurzeln der derzeitigen Teuerung nachgegangen. Die sich ja nicht nur in Deutschland, sondern insbesondere auch in den USA sehr ausgeprägt zeigt. „In einer aktuellen Umfrage unter 111 Fachleuten der Makroökonomik nennen die Befragten nicht weniger als 14 Gründe für das steigende Preisniveau in den Vereinigten Staaten.“
Darunter natürlich angebots- und nachfrageseitige Gründe. „Unter den Inflationsgeschichten der Fachleute sind besonders prominent vertreten die Schwierigkeiten in den Lieferketten, die Staatsausgaben, die Corona-Pandemie und die Geldpolitik. Die Verknappungen von Gütern wegen gedehnter oder gerissener Lieferketten sind ein Problem des mangelnden Angebots, das Preise nach oben treibt. Steigende Staatsausgaben und expansive Geldpolitik führen dagegen zu einer höheren Nachfrage, die den Preisdruck erhöht.“
Inflation – da braucht es keine Propheten
Nun, Prof. Axel Weber ist beileibe kein Prophet – und man sollte ihn auch nicht dafür halten. Seine damalige Analyse sowie die darin enthaltenen Warnungen hätten für jene, die sie gelesen und verstanden haben, Anlass genug sein müssen, in ihrem Verantwortungsbereich alles zu tun, um den negativen Folgen vorzubeugen. Für nahzu jeden Sachverständigen ritten/surften die EZB und die US-Notenbank zu jener Zeit bereits eine gefährlich sich auftürmende Welle. An rechtzeitigen Hinweisen gab es einmal mehr – auch in dieser höchst brisanten, wichtigen Angelegenheit – wahrlich keinen Mangel!
Und hier werden wir wieder sehr, sehr spitzfindig.
#PreppoKompakt
Natürlich ist es im Nachhinein, wenn das Kind in den Brunnen gefallen ist, immer leicht den Zeigefinger zu heben. In diesem Falle war es grundlegend anders! What if/Was geschieht wenn … ? Solchen Fragen auf den Grund zu gehen ist immer lohnenswert – keine Ideologie, keine Überzeugung oder Glaube sollten uns davon abhalten.
Eine Antwort
Achtung: Persönliche Meinung!
Was Weber und Steingart – nicht nur hier – so verzapfen: Da tun mir ja die Zähne weh! Das ist alles Müll und nicht beleg-/haltbar!