Klima, Klima – über allem?

Der Stellenwert von Klima, Klimaschutz und Klimapolitik bei uns steigt und steigt. Dabei den richtigen Weg zu finden und einzuschlagen, damit tun wir uns allerdings sehr schwer. Denn es trifft wohl zu: „Wir Deutschen rasen gern mit Vollgas in Sackgassen – da gehört die Kernenergie noch zu den harmloseren Fällen. Gleichwohl bin ich hinsichtlich unserer Lernfähigkeit seit Corona optimistisch. Eine Nation, die bislang schon beim Anblick eines genmodifizierten Maiskorns in Schnappatmung verfiel, hat binnen kurzer Zeit den gesellschaftlichen Nutzen der Gentechnik in Gestalt von Corona-Impfstoffen erkannt. Ich glaube deshalb, dass wir spätestens 2030 begreifen werden, dass das CO2-neutrale Energiesystem der Zukunft dem Leitspruch „Sonne, Wind und Kerne“ folgen wird.“ Also besteht zumindest noch Hoffnung.

Der Stellenwert von Klima, Klimaschutz und Klimapolitik bei uns steigt und steigt.

Klimapolitik in deutschen Landen unter Vollgas

Die eingangs zitierte Aussage von Prof. Dr. André Thess haben wir hier am 1. März festgehalten. Knapp zwei Monate später beschert uns die harte Realität noch ein handfestes Beispiel für das besagte Vollgas. Wenige Tage nach der am 29. April veröffentlichten Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts in Karlsruhe zum Klimaschutz überschlagen sich Bundesregierung und einzelne Landesregierungen in der Umsetzung des Beschlusses. Obwohl eine Frist bis Ende 2022 gegeben ist und zudem neue einschlägige EU-Vorgaben zu erwarten sind. Schon am Tage der Bekanntgabe hatten sowohl die NZZ, als auch Tichys Einblick angemerkt, welch tiefe Einschnitte in die grundrechtlich geschützten Freiheiten dies nach sich ziehen kann.

Roland Tichy fragt sich dabei (wohl eher rhetorisch), ob uns das Bundesverfassungsgericht nun dazu zwingt, die Kernenergie wieder einzuführen, um die Freiheit künftiger Generationen zu bewahren. Eine Lanze für diese Energieform wurde aus berufenem Munde von William Magwood gebrochen – hier unter 5. nachzulesen. Auch in der NZZ vom 12.5.2021 wird unter Bezugnahme auf ein internes Gutachten des Joint Research Centre (JRC) der Europäischen Kommission klargestellt, dass die Kernkraft eine saubere und nachhaltige Energiequelle ist. Für die Überlegungen von Prof. Thess zur Bedeutung der Kernkraft also kräftiger Rückenwind.

Kritische Stimmen mehren sich – und werden vernehmbarer

Grundsätzliche Kritik des Bundesrechnungshofes

Grundsätzliche Kritik an der Art und Weise, wie die Energiewende vonstattengeht, wird schon seit geraumer Zeit artikuliert – unter anderem hier. Sie wurde aber zumeist überlesen und/oder in den Wind geschlagen. Aktuell hat sich nun, nach 2016 und 2018 zum dritten Mal, der Bundesrechnungshof (BRH) aus Bonn am 30. März 2021 substanziiert dazu geäußert – hier die Presseerklärung und hier der Bericht als pdf.

„Seit 2018 hat sich zu wenig getan. Die Bundesregierung steuert den Transformationsprozess Energiewende weiterhin unzureichend. Eine zuverlässige und preisgünstige Versorgung von privaten Haushalten und Wirtschaft mit Strom ist zunehmend fraglich. Die sichere Versorgung unterliegt Risiken, die die Bundesregierung nicht vollständig im Blick hat. Denn: bei der Versorgungssicherheit ist das Monitoring lückenhaft; die Bundesregierung hat die Bezahlbarkeit noch immer nicht messbar bestimmt. Das gefährdet die an sich notwendige Energiewende, ihre Akzeptanz und die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands.“ So BRH-Präsident Kay Scheller in seinem Statement.

Auf der Achse des Guten wurde bereits am 1. April – kein Scherz – das „Schlecht“achten des BRH gewürdigt.

Kritik aus der Universität

Am 16.4.2021 konnte man unabhängig davon in der NZZ nachlesen, wie ineffektiv und ineffizient die deutsche Klimapolitik ist. Die Autoren Fritz Söllner, Professor für Volkswirtschaftslehre an der Technischen Universität Ilmenau, und Volkswirt Rupert Pritzl, der im Bayerischen Wirtschaftsministerium tätig und Lehrbeauftragter an der FOM Hochschule für Berufstätige ist, sagen „… ineffektiv, weil sie so gut wie keine Auswirkungen auf das Klima hat; … auch ineffizient, weil sie höhere volkswirtschaftliche Kosten als nötig verursacht.“

Das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) führe innerhalb des übergreifenden EU-Emissionshandelssystems nicht zur Verringerung der Treibhausgasemissionen, sondern nur zu einer Verlagerung in andere Länder. Auch der Kohleausstiegsbeschluss, die Förderung der Elektromobilität sowie das Klimapaket 2030 setzten den Irrweg der deutschen Klimapolitik fort.

„Ursächlich für diese Misere ist nicht etwa mangelndes Wissen um eine bessere Klimapolitik, sondern die bewusste Verweigerung einer rationalen Analyse des Klimaproblems und seiner möglichen Lösungen zugunsten einer emotionalen und gesinnungsbasierten Politik – ursächlich ist der politische Moralismus.“ So Söllner/Pritzl.

Unsinnige Klimapolitik – aufgespießt von der Presse -, zum Beispiel

– wenn es seltsame Blüten treibt – wie in faz-net vom 4.5.2021 beschrieben:

„Der Strompreis für Haushalte hat sich in den vergangenen 20 Jahren mehr als verdoppelt. Deutschland braucht nicht mehr Klimaschutz – sondern besseren.“

Ein Kommentar unter 132 Lesermeinungen hierzu von Arnold Krämer: „Wir werden regiert von immer mehr Juristen und Ideologen, die dafür sorgen, dass in der Komplexität und Widersprüchlichkeit der selbstgeschaffenen Regeln vieler Bereiche (Energiewende, Verkehrswende, Agrarwende, sonst … Wende) niemand mehr richtig durchblickt. Nicht nur Politiker sind überfordert, die Verwaltungen sind es zunehmend auch. Das Land geht deshalb irgendwann (auch) an kollektiver Erschöpfung zugrunde.“

– wenn noch ehrgeizigere Ziele eingehalten werden sollen – weiß faz-net vom 3.5.2021:

„Der Überbietungswettbewerb mit Jahreszahlen, der Wirtschaft und Gesellschaft in Atem hält, lenkt außerdem von einer einfachen Frage ab: Wie sollen denn noch ehrgeizigere Fristen eingehalten werden, wenn schon die überholten utopisch anmuten? Beim Ausbau der Erneuerbaren Energien hinkt Deutschland seit Jahren weit hinter seinen Zielen hinterher. Dennoch werden sie gerade noch einmal kräftig nach oben geschraubt.“

– wenn es ohne Verstand, dafür mit viel Hektik geschieht – wie von NZZ vom 11.5.2021 festgehalten:

„Doch vom Wahlkampf getrieben, agieren die deutschen Regierungsparteien, als gäbe es keine EU oder als wäre man nicht Mitglied. Statt die Brüsseler Vorschläge abzuwarten, preschen sie mit nationaler Hektik vor. Dies ist doppelt unsinnig: Zum einen wird die nationale Klimapolitik je nach europäischer Entwicklung in Kürze erneut angepasst werden müssen. Zum andern bringt der Aktivismus dem Klimaschutz nichts. Legt sich Deutschland gesetzlich auf Klimaneutralität im Jahr 2045 fest, während die EU bei 2050 bleibt, können es weniger ehrgeizige Mitgliedstaaten entsprechend gemächlicher angehen. Vermieden wird damit unter dem Strich keine einzige Tonne CO2.“

– wenn Städte die Netto-Null ausrufen – wie die NZZ vom 5.5.2021 feststellt:

Die wirtschaftliche Stärke von Städten beruhe darauf, dass der Austausch mit dem Umland äusserst lebhaft ist und man sich auf das konzentriere, was man am besten kann. Wohlstand beruhe auch in diesem Falle auf Arbeitsteilung. Aber wenn eine Stadt klimaneutral sein will, mache sie im Klimaschutz zu viel selbst, statt sich auf die nationale und internationale Arbeitsteilung zu verlassen.

„Statt also mit einem riesigen Aufwand einem Netto-null-Ziel nachzurennen, sollten sich die Städte darauf konzentrieren, möglichst direkt die Lebensqualität ihrer Bürger zu verbessern. Dazu gehört vieles, was nichts mit Treibhausgasen zu tun hat, wie ansprechende Schulen und Freiräume für Unternehmertum. Einen komparativen Vorteil haben Städte, wenn es um lokale Umweltprobleme geht, die unmittelbar ihre Einwohner betreffen, wie die Lärmbelastung, sauberes Trinkwasser oder die Kehrichtentsorgung. Vom Lösen globaler Klimaprobleme sollten sie dagegen die Finger lassen.“

Klima und Klimaschutz – das große Geschäft der Zukunft?

In faz-net vom 24.4.2021 wird (hinter Bezahlschranke) fast euphorisch auf die Geschäftspotenziale des weltweiten Klimaschutzes hingewiesen. So schlummern laut der Boston Consulting Group (BCG) für deutsche Maschinen- und Anlagenbauer in den Öko-Technologien bis 2050 bis zu 10 Billionen Euro Umsatz.

Die Politik, so die Autoren Winand von Petersdorff und Niklas Záboji, lenke und subventioniere, was das Zeug hält – in Amerika, genauso wie in Europa und China. Dabei sei man weit davon entfernt, den Ausstoß von Klimagasen nur übergeordnet zu bepreisen und das Technologierennen dem Markt zu überlassen. „Ob diese Vermengung von Industrie- und Klimapolitik die Erderwärmung bremst und nicht vielmehr Investitionsruinen schafft, wird sich erst zeigen.“ Einen gravierenden Unterschied zu Deutschland heben sie noch hervor. Denn in den USA werde an der Kernkraft im ganzen Land eifrig geforscht, darunter modulare Mini-Kraftwerke und Kraftwerke der „vierten Generation“, wie Flüssigsalzreaktoren.

Unternehmerische Herausforderungen gibt es im Feld des Klimaschutzes zuhauf. Einen interessanten Ansatz verfolgt, wie DerStandard vom 14.4.2021 berichtet, der Schweizer Solarflugzeugpionier Bertrand Piccard. Er will mit seiner Solar Impulse Foundation zeigen, dass Klimaschutz und gute Geschäfte keineswegs im Widerspruch zueinander stehen. „Rund drei Jahre suchten er und sein Team nach Lösungen, die das Klima schützen und schon heute gewinnbringend einsetzbar sind. Rund 1.000 Projekte sind so zusammengekommen – vom ökologischen Beton und kompostierbaren Take-away-Verpackungen bis hin zur KI-gestützten Software, die Plastikmüll an Stränden erkennt.“ Piccard möchte diese Liste als „Ideen, die keiner kennt“ kommenden November bei der Weltklimakonferenz – COP 26 – im schottischen Glasgow den Regierungsvertretern vorstellen.

Humor hilft – hoffentlich auch beim Klima

„Humor ist die Kunst, sogar dem Ernst des Lebens noch ein Lächeln abzuringen“. Meint Irmgard Erath, Jahrgang 1944, eine österreichische Autorin und Aphoristikerin.

Hambi-Hype, Kohle-Farce und Arschkarte

Hört sich schon lustig an – Hambi-Hype und Kohle-Farce -, wie im Kommentar auf faz-net vom 13.5.2021 (hinter Schranke) mit Worten gespielt wird. Aber sie beschreiben die Widersprüchlichkeiten der Energiewende. „Noch immer mangelt es … an Stromnetzen und Speicherkapazitäten, die auf erneuerbare Energien ausgerichtet sind. Um das zu kompensieren, braucht man eine Brückentechnik. … Auch bei Klimaschützern erlebt die Atomkraft deshalb gerade eine Renaissance. Nur nicht in Deutschland. … Womit man wieder bei den Grünen ist.“

Auch über das vergiftete Lob für das Bundesverfassungsgericht von Robert von Loewenstern auf der Achse des Guten vom 12.5.2021 kann man mindestens eine gute Viertelstunde lang lächeln. „Klima gerettet! Danke, Erster Senat!“ ist die Überschrift und die zentrale Aussage lautet: „Ich fasse euren Beschluss mal mit meinen Möglichkeiten zusammen, also in einfacher Sprache. So, wie ich das sehe, habt ihr sozusagen eine Wenn-schon-denn-schon-Entscheidung getroffen. Mit anderen Worten: Wer so sackdämlich ist, Klima in die Verfassung zu schreiben, und dazu noch ein internationales Abkommen abschließt, der ist selbst schuld. Und muss halt auch ein passendes Gesetz basteln. Klar hat dann ein ganzes Land die Arschkarte, aber hätte man sich ja vorher überlegen können. Kurz: Augen auf bei der Zukunftswahl. Beziehungsweise der zum Bundestag. Also, ich finde das schlüssig und konsequent und bin deshalb mit eurem Klimaspruch voll einverstanden.“

Von der A-Karte zum Nabel der Welt – es geht immer ums Klima

Übrigens ist Frankfurt gegenwärtig so etwas wie der Nabel der Welt.

Zum einen tagt dort, wenn auch virtuell, an diesem Wochenende der 3. Ökumenische Kirchentag – und beschäftigt sich natürlich unter vielen anderen Themen heute auch mit der Klimakrise und dem Klimaschutz. Sein Motto „Schaut hin – blickt durch“. Natürlich sind auch die Bundeskanzlerin und ihre noch ungewählte Nachfolgerin vertreten, allerdings in unterschiedlichen Foren.

Und wenn Annalena Baerbock mit Prof. Dr. Dr. Johannes Wallacher und Dr. Marie-Luise Wolff im Schwerpunkt Schöpfung über Wege aus der Klimakrise – For Future! – diskutiert, fliegen bei der Aufzeichnung in den Westside Studios nur so die (Gesprächs)Fetzen. Sympatisch moderiert von der Zeitredakteurin Dr. Maria Mast, beantwortet die Kanzlerkandidatin etwa soviele Fragen wie die beiden anderen am Gespräch Beteiligten zusammen, auch in Bezug auf die dafür genutze Zeit. Frau Mast hat damit ganz nebenbei ihre Eignung als Pressesprecherin unter Beweis gestellt. Wir können es ja hier ansehen – und uns selbst, auch was die inhaltlichen Aussagen, anbelangt eine Meinung bilden. Im Übrigen ist in den knapp 56 Minuten – ganz ernst – das Wort Kernkraft kein einziges Mal gefallen.

Zum anderen hat mein alter Freund Roland Tichy als eingebürgerter Frankfurter vorgestern, und zwar in unserer Hauptstadt, die Premiere mit einer regelmäßigen Fernsehsendung – jeweils Donnerstags, 20:15 Uhr auf tv Berlin, eine dreiviertel Stunde als Talkshow – feiern können. Damit kann jede und jeder mit „Tichys Einblick“ und „Tichys Ausblick“, so heißt schlicht die Show mit Gästen, sich zum Zeitgeschehen einen guten Durchblick verschaffen. Beim nächsten Termin am 20. Mai geht es übrigens um den Klimaschutz.

Und hier gibt es neue Spitzfindigkeiten.

#PreppoKompakt

Klima und Klimapolitik. Die naheliegende Bewußtseinserweiterung in Richtung Kernkraft hat – nach Prof. Thess – ja noch ein paar Jahre Zeit. Mal sehen, wann, wo und bei wem der Groschen fällt. Lebendiger Glaube und christliche Werte werden benötigt – sie zu vermitteln sind Kirchentage da. Aber vernünftiges Handeln in Politik und Wirtschaft braucht eben, gerade wenn es ums Klima geht, weit mehr!

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