Ein paar lockere Gedanken zum Gedenken

Totensonntag war letzten Sonntag, der Volkstrauertag, 17. November, liegt noch ein paar Tage weiter zurück. Und morgen ist der erste Advent. Ein Rückblick sei gestattet. Wodurch unterscheidet sich das Gedenken an die Toten der beiden Weltkriege – das eindrückliche Totengedenken des Bundespräsidenten ist hier nachzulesen – und an verstorbene Familienangehörige vom Gedenken an Verkehrsopfer? Ganz einfach, den Verkehrsopfern kann man jeden Tag gedenken. Hans-Heinrich Pardey nennt das Totenalltag, am Straßenrand sei alle Tage Totensonntag. „Wenn die Kreuze ganz bescheiden hinter der Leitplanke bleiben, wenn sich die Mahnmale von der Fahrbahn fernhalten, dürfen sie auch im Land der fast alles und jedes regelnden Verkehrsordnung und Gestaltungssatzungen bleiben: nicht ausdrücklich erlaubt, aber geduldet. Sie bleiben so lange stehen, wie Erinnerung, Schmerz und Trauer anhalten, und damit die Pflege gesichert ist. Kreuze, an denen jahrelang alle 14 Tage frische Blumen stehen, sind nicht selten“ – hier beschrieben: faz-net vom 24.11.2019 garniert mit einer kleinen Bilderstrecke.

Gute Nachrichten mit Genscher und Genschere

Auch der Toten an der innerdeutschen Grenze wurde in den letzten Tagen gedacht. Rechtzeitig zum Jubiläum des Mauerfalls vor 30 Jahren kommt zudem aus Regensburg die Nachricht vom ersten erfolgreichen Einsatz der Genschere bei einer Bluterkrankung (Augsburger Allgemeine vom 21.11.2019). Durch den gestrigen Besuch meines Freundes Ottmar sensibilisiert – er besitzt ein sehr feines Sprachgefühl -, realisiere ich, dass der Unterschied zum damaligen Bundesminister des Auswärtigen, Hans-Dietrich Genscher, nur in einem Buchstaben besteht. Er war es, der mit seinem Besuch in unserer Prager Botschaft, damals den Stein – auch der Mauer – ins Rollen brachte. Den Tausenden dorthin geflüchteten DDR-Bürgern konnte er am 30. September 1989 vom Balkon aus ihre Ausreise per Sonderzug verkünden, die er in langen Verhandlungen mit seinem sowjetischen Amtskollegen erreicht hatte (siehe hierzu nur Wikipedia).

Zurück zum Verkehrsgeschehen

Ein echtes Potenzial für Unfälle mit Todesfolge besitzen unseres Erachtens die E-Scooter (wie mehrfach berichtet, beispielsweise hier). Dabei passen Kreuze wohl kaum ins Stadtbild und wären Ämtern für öffentliche Ordnung ein Dorn im Auge. Aus der Zweirad-Szene gibt es derweil die schlechte Nachricht, dass der zu Bosch gehörende Mietroller-Anbieter Coup am Ende sei. Das heißt, wegen des starken Wettbewerbs und zu hoher Servicekosten seinen Betrieb einstellt (faz-net vom 26.11.2019). Währenddessen dreht der Fliegende Holländer – gemeint ist eine Firma aus den Niederlanden, die normale Fahrräder – Swapfiets – verleiht, erst richtig auf (faz-net vom 27.11.2019). Hauptsache, man hält die E-Scooter im Zaum.

Unsere Lebenserwartung steigt – fällt aber in den USA

E-Scooter sind in den USA schon ein Jahr länger auf dem Markt. Auch bei E-Zigaretten haben sie einen zeitlichen Vorsprung. Wen wundert es, wenn von einer seit 2014 kontinuierlich sinkenden Lebenserwartung in den USA berichtet wird. Während sie bei uns geringfügig zunimmt. Und doch liegen die Gründe für diese bedenkliche Entwicklung bei den Amerikanern woanders. „Zum einen ist die Sterberate der 25 bis 65 Jahre alten Erwachsenen seit den neunziger Jahren ständig angestiegen. … Ganz oben stehen … eine Überdosierung von Opioiden, ein übermäßiger Alkoholkonsum und Suizide … . Beigetragen haben … darüber hinaus die verbreitete Fettsucht, ein nicht oder unzulänglich behandelter hoher Blutdruck und Nierenversagen. Bei allen Störungen handelt es sich um Folgen eines ungesunden Lebensstils“ (faz-net vom 29.11.2019).

Erwähnenswert an dieser Stelle noch, dass der Thanksgiving Day – das amerikanische Erntedankfest, gerade erst vor zwei Tagen – Jahr für Jahr mit etwa 1800 Küchenbränden einhergeht. Im Durchschnitt vier mal soviel wie an jedem anderen Tag des Jahres (sehenswertes Video der US Consumer Product Safety Commison (CPSC), ab 16:30 das Turkey Fire/Truthahn-Feuer). Im Gedächtnis fest verankert bleibt auch die Turkey-Geschichte mit Mr. Bean (Rowan Atkinson), die – nicht nur weil sie glimpflich verläuft – zudem richtig lustig ist.

Nochmal nach Regensburg

Dort – das berichtet heute faz-net – wird an der Universität der neue Studiengang „Sterben“ eingerichtet. Es handele sich um Perimortale Wissenschaft, wie Professor Dr. Rupert M. Scheule, seines Zeichens Moraltheologe, stolz verkündet, eine Wortneuschöpfung in Anlehnung an die Perinatale Wissenschaft. Und weiter: „Das Studium ist interdisziplinär. Es geht um medizinische und juristische Fragen rund um den Tod und um die gesellschaftlichen Strukturen, in denen Sterben, Tod und Trauer stattfinden. Aber auch nicht zuletzt darum, eine gute Traueransprache zu halten. All das dient einem Ziel: Die Studenten sollen lernen, Menschen im perimortalen Raum zu begleiten, also Sterbende und Trauernde, aber auch Profis, die ihrerseits für Betroffene da sind. An die Fachleute in Krematorien, Friedhofs­verwaltungen oder Bestattungsinstituten wird zu wenig gedacht. Sie haben wissenschaftliche Aufmerksamkeit und gute Begleitung verdient.“ Wenn das kein doppelter Fortschritt „Made in Regensburg“ ist, aber echt.

Unserer lieben Regensburger Verwandtschaft gewidmet.

#PreppoKompakt

Gedenktage erfüllen ihren Sinn, sofern sie bewußt wahrgenommen werden. Sie sind notwendig, um den Verlust trauernd verarbeiten zu können. Eine Begleitung in der Trauer durch die perimortale Wissenschaft hört sich zumindest vielversprechend an.

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