Nachhaltigkeit und Resilienz – eine nüchterne Bestandsaufnahme

Am 25. September 2015 verabschiedeten die Vereinten Nationen (UN) die sogenannten Nachhaltigkeitsziele, kurz die Agenda 2030. „Ziel der Agenda 2030 ist es, die weltweite Entwicklung ökologisch, wirtschaftlich und sozial nachhaltig zu gestalten. Durch das ambitionierte globale Transformationsprogramm der Agenda soll zukünftigen Generationen die Perspektive auf ein würdevolles Leben gegeben werden. Die Schwächsten und Verwundbarsten sollen dabei als erstes erreicht werden („Niemanden zurücklassen“/„leave no one behind“ als Prinzip). Wichtige Voraussetzungen hierfür sind Frieden und Stabilität zu sichern und Konflikte zu vermeiden.“ So das 16. Sustainable Development Goal (SDG). Würde man heute angesichts der Gewalteskalation im Nahen Osten mit den Raketen auf Israel und Gaza trotz Waffenruhe allein diesen Maßstab anlegen, wären Nachhaltigkeit und Resilienz in weite Ferne entrückt.

Nachhaltigkeit und Resilienz weltweit - ein noch zartes Bäumchen.

Die Nachhaltigkeitsziele von 2015

Die Agenda erfasst insgesamt 17 einzelne Politik-Bereiche, für die jeweils Ziele und Unterziele zur Erreichung einer nachhaltigen Entwicklung definiert werden. Mit einer Vielzahl unterschiedlicher Indikatoren werden die jährlichen Veränderungen und/oder Fortschritte in der Zielerreichung gemessen.

Auf große Euphorie folgte Skepsis – was kommt jetzt?

Am Ende des Jahres 2015 war über diese – historisch zu nennenden – Ergebnisse internationaler Politik große Euphorie eingetreten. Inzwischen ist sie jedoch der alltäglichen – und vollauf berechtigten – Skepsis gewichen. Die mit der Erreichung dieser Ziele verbundenen Hoffnungen auf eine global nachhaltig gestaltete Zukunft der Weltbevölkerung haben mehrere Dämpfer erhalten.

COP 24 – „24th Conference of the Parties“

So sollte beim 24. Klimagipfel/Folgekonferenz der UN (COP 24) in 2018 in Kattowitz ein internationales Regelwerk zur Umsetzung nationaler Klimaschutzziele aufgestellt werden. Sie erbrachte im Vergleich zu den aufgeblühten Hoffnungen allerdings eher magere Ergebnisse. Diese wurden in der Folge auf der nationalen Ebene dann noch weiter beschnitten. Ein zusätzlicher Rückschlag trat, wie faz-net am 4.11.2020 berichtete, mit der Verabschiedung der Vereinigten Staaten aus dieser Vereinbarung durch die republikanische Trump-Administration ein. Das österreichische ORF titelte: „Dunkle Wolken über Pariser Klimavertrag“.

COP 25 und 26

Jedenfalls haben sich diese Wolken mit dem Wechsel im Weißen Haus zu Joe Biden wieder verzogen. Noch am 25. Klimagipfel im Dezember 2019 in Madrid nahmen die US-Amerikaner nur mit einer Delegation unter Leitung von Nancy Pelosi teil. Sie ist Sprecherin des Repräsentantenhauses und Vertreterin der Demokratischen Partei. Dementsprechend wurde das Ergebnis laut Wikipedia in den Medien als Minimalkompromiss oder Nullrunde bezeichnet und obendrein von Natur-, Umwelt- und Klimaschutzorganisationen scharf kritisiert. Mit dem durch die Entscheidung des deutschen Bundesverfassungsgerichts zum Klimaschutz jüngst ausgelösten Schwung – hier im Blog beschrieben -, steuern wir nun auf die im November stattfindende Weltklimakonferenz – COP 26 – im schottischen Glasgow zu.

Die Inszenierung und Durchführung hochrangiger internationaler Konferenzen und ihre inzwischen zahlreichen Abschlüsse in Gestalt schillernder Abkommen ist die sichtbare Seite der Verfolgung von Zielen nachhaltiger gesellschaftlicher Entwicklung. Die getroffenen multinationalen Vereinbarungen entfalten dabei eine mehr oder minder starke Bindungswirkung der beteiligten Partner. Viel entscheidender für die tatsächliche Erreichung des Fortschritts hin auf die darin formulierten Zielvorstellungen ist die Umsetzung in zielführende Maßnahmen. Und deren tatsächlicher Vollzug auf nationaler Ebene. Wichtige Spieler sind unter anderem Kommunen und Unternehmen, wobei den Kreditinstituten, sprich Banken und Sparkassen, eine Schlüsselrolle zukommen kann.

Denn die Umsetzung nachhaltig wirkender Maßnahmen sowie die Transformation von nicht-nachhaltigen, jahrzehntelang eingefahrenen Strukturen in Industrie und Landwirtschaft, erfordern die Aktivierung von gigantischen Finanzierungsvolumina!

Deutsche Bank auf dem Weg zur Nachhaltigkeit als aktuelles Beispiel

Die Deutsche Bank hat just gestern in einer dreistündigen Veranstaltung im Internet, zu der sich weltweit 5000 Teilnehmerinnen und Teilnehmer angemeldet hatten, über ihren Ansatz zur Verfolgung der Nachhaltigkeitsziele umfänglich berichtet. Der Link zur „Sustainability Deep Dive 2021“ genannten Veranstaltung unter dem Titel „From Ambition to Impact“ mit dem Programm, allen Rednerinnen und Rednern – einschließlich pdf-Dokumenten – findet sich hier.

Jörg Eigendorf, Global Head of Communications and Sustainability, hob hervor, dass sich die Deutsche Bank auf neun der 17 Nachhaltigkeitsziele fokussiere. Dadurch erhoffe man sich in Bezug auf die wahrgenommene wirtschaftliche und soziale Verantwortung die größte Wirkung.

Beitrag der Deutschen Bank zur Erreichung einzelner Nachhaltigkeitsziele.

Im dem – dem Beitrag von Gerald Podobnik, Chief Financial Officer Corporate Bank, entnommenen – Schaubild sind 13 der 17 Ziele aufgeführt, wobei die Nummern 2, 4, 5 und 6 Anteile unter 5% aufweisen.

Nachhaltigkeit – der kommunale Beitrag zur Zielerreichung

Aber wie sieht es nun in Deutschland mit seinem – im internationalen Vergleich – durchaus stark proklamierten Bekenntnis zu Nachhaltigkeit aus? Von der nationalen bis zur kommunale Ebene bemühen sich verschiedenste staatliche Institutionen und zivilgesellschaftliche Organisationen um die  zeitgerechte Erreichung der Nachhaltigkeitsziele. Seit 20 Jahren zählt dazu unter anderen ein nationales Gremium mit der Bezeichnung „Rat für Nachhaltige Entwicklung“, hier im Netz zu finden.

Zentrale Akteure der Nachhaltigkeit

Richtigerweise gruppiert der Rat in einer seiner neuesten Stellungnahmen die Kommunen als zentrale Akteure einer nachhaltigen Entwicklung ein. Er stellt fest: „Kommunen leisten einen wichtigen Beitrag zur Entwicklung neuer, resilienterer Wirtschaftsstrukturen und Geschäftsmodelle, z.B. durch Sharing-Angebote, Anreize für einen Ausbau der Kreativwirtschaft, die Weiterentwicklung dezentraler Energiesysteme, den Ausbau der energetischen Gebäudesanierung bei öffentlichen und privaten Gebäuden, die Entwicklung einer Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge und Fahrzeuge mit anderen alternativen Antrieben, die Förderung regionaler Wirtschaftskreisläufe, nachhaltige Gewerbegebiete und neue Formen einer gemeinschaftlichen und regional bezogenen Nahrungsmittelproduktion. Dabei können digitale Lösungen helfen („Smart Regions, Cities and Communities“). In diesem Zusammenhang fällt der digitalen Vernetzung einzelner Technologien und Sektoren eine Schlüsselrolle zu. Dafür wiederum ist der Breitbandausbau eine wesentliche technische Voraussetzung.“

Auf dem SDG-Portal mit den Indikatoren für Kommunen kann der Fortschritt bei der Umsetzung der Nachhaltigkeitsziele genau verfolgt werden. Zudem können, für einzelne Gemeinden und Städte, Stand und Erfolg bei den Bemühungen um die Stärkung von Nachhaltigkeit und Resilienz bestens miteinander verglichen werden. Zur Vorgehensweise findet sich hier eine detaillierte Beschreibung.

Vergleich zwischen Albstadt und Königswinter

Ein exemplarischer Vergleich zwischen den Städten Königwinter in Nordrhein-Westfalen und Albstadt in Baden-Württemberg soll dies veranschaulichen. Dementsprechend haben beide eine vergleichbare Einwohnerzahl und sind als Kommunaltyp „Mittelstadt wachsend“ ausgewiesen. Bei einzelnen Nachhaltigkeitszielen und ihren Indikatoren zeigen sich unter anderem folgende Ergebnisse:

Ziel 1 „Armut in jeder Form und überall beenden“: Bei drei von vier Indikatoren weist Albstadt im Vergleich bessere Werte aus. Auch beim Ziel 3 „Gesundheit und Wohlergehen“ zeigt der Indikator „Wohnungsnahe Grundversorgung“ für Albstadt einen geringfügig besseren Wert. Das Ziel 8 „Menschenwürdige Arbeit und Wirtschaftswachstum; Dauerhaftes, breitenwirksames und nachhaltiges Wirtschaftswachstum, produktive Vollbeschäftigung und menschenwürdige Arbeit für alle fördern“ mit insgesamt vier Indikatoren von denen drei mit Werten ausgewiesen sind, zeigt bei der Langzeitarbeitslosenquote für Albstadt einen höheren Wert als bei Königswinter. Bei den beiden Indikatoren „Beschäftigungsquote der 55 bis 64jährigen“ sowie dem „Anteil der Aufstocker“ schneidet wiederum Albstadt besser ab als Königswinter.

Und hier werden wir wieder spitzfindig.

#PreppoKompakt

Demzufolge ist der Weg nach hoffentlich baldiger Bewältigung der Corona-Krise vorgezeichnet. Die bisher zurückgelegte Strecke zur Erreichung der angestrebten Ziele war – gemessen an den Notwendigkeiten – sicher nicht ambitioniert genug. Sonst hätte das höchste deutsche Gericht sein Urteil in dieser Causa bestimmt in anderer Weise und mit anderem Tenor gefällt! Schließlich belegen auch Umfragen immer wieder den ausgeprägten Wunsch nach effektiveren Anstrengungen zur Stärkung von Nachhaltigkeit und gesellschaftlicher Resilienz.

2 Antworten

  1. Es wirkt abstrus, wenn weltweit hochrangige Gremien zusammentreten, um tiefernst und bedeutungsschwer lange Debatten um Nachhaltigkeit führen, jedoch d a s zentrale Thema des Problems – Bevölkerungsüberfluss von etwa 1 : 4 – nicht im Ansatz erwähnt wird. Insofern handelt es sich lediglich um Scheindebatten, die mit dem Thema herumspielen, anstatt dort hinzugehen, wo es wirklich weh tut.

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