Spitz-findig-keit #125

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Spitz oder Spitze sind in aller Regel pointierte Aussagen zum Zeitgeschehen. Dies kann, muss aber nicht die Politik betreffen. Es kann auf die Gegenwart oder auch auf die Vergangenheit gemünzt sein. Spitz ist eine Aussage dann, wenn sie sticht, der betreffenden Person oder Personengruppe wehtut, spitze, wenn sie ausgezeichnet formuliert ist und im Idealfall zudem die Wahrheit abbildet. Fi/ündig, wenn der beschriebene Umstand nicht ganz offensichtlich, also erst zu ergründen ist. Und -keit lässt auf unterschiedliche menschliche Eigenheiten/-schaften schließen, wie beispielsweise Eitelkeit, Heiterkeit, Überheblichkeit oder, oder. Alles zusammengenommen eine echte Spitzfindigkeit. In unserer Kolumne ‚Spitz-findig-keit‘ zitieren wir in lockerer Folge jeweils zwei oder drei Aussagen und verschonen dabei auch nicht klassische Denkerinnen und Denker.

Um Denkanstöße zu geben, die Freude am Formulieren zu wecken – nichtzuletzt auch um dem Humor in unserer doch etwas trostloseren Zeit wieder mehr Geltung zu verschaffen. Erhöht das Wohlbefinden. Packen wir es an! Ich sage nicht, wir schaffen das. Aber wir probieren es auf jeden Fall!

Spitzfindigkeiten zuhauf!

Vorbemerkung

Es gibt nach Immanuel Kant auch eine falsche Spitzfindigkeit, die wir uns hier allerdings nicht zu eigen machen wollen. Wer dem dennoch nachgehen möchte – Die falsche Spitzfindigkeit der vier syllogistischen Figuren – kann dies hier gerne tun.

Heute schauen wir uns dafür einfach mal um, was bei uns so alles den Bach runter geht.

1. Spitz-findig-keit

In der NZZ vom 31.7.2023 (hinter Schranke) äußert sich Prof. Thomas Weber zu den Gründen der gefühlten Dauerkrise. Er forscht und lehrt Geschichte und internationale Politik an der Universität Aberdeen. Und ist „Visiting Fellow“ an der Hoover Institution in Stanford, wohin er jüngst die Sammlung von Gerd Heidemann gelenkt hat, dem „Stern“-Journalisten, der in den 1980er Jahren die gefälschten Hitler-Tagebücher erworben hatte.

„Unterstellungen sind zu einem Grundmuster historischer Debatten in Deutschland geworden. Sie sind ein Symptom der demokratiegefährdenden Erosion vorpolitischer Werte – wie Vertrauen, Empathie, Toleranz, Mässigung, Gerechtigkeit und Geduld – in Politik und Gesellschaft in ganz Europa.“

2. Spitz-findig-keit

Die verdichtete Chronik des Irrsinns auf der Achse des Guten: „Der siebte Monat des Jahres 2023 geht zu Ende, also das siebte Zwölftel eines Irrsinns. Die mit dem Klammerbeutel Gepuderten erhöhen die Schlagzahl, der Chronist kommt kaum hinterher. Lesen Sie, staunen Sie!“ Ganze 55 mal schlägt Claudio Casula zu, den Appetithappen für uns serviert die Vizepräsidentin des Deutschen Bundestags und berühmt-berüchtigte grüne Rechenkünstlerin Katrin: „‚166 Straßen in Jena sind nach Männern benannt, und gerade mal 17 Straßen nach Frauen, also nur 1,7%!‘ Zehn von hundert Deutschen können keine Prozentrechnung, das sind fast 40 Prozent, nicht wahr, Frau Göring-Eckardt?“

Dazu der trockene Leserkommentar von Dr. Joachim Lucas: „Mit den Rechenkompetenzen von Göring-Eckardt kann man nur noch in Bremen und Berlin Abitur machen.“ Zur Erosion vorpolitischer Werte kommt halt noch die sich endemisch ausbreitende Rechenschwäche hinzu. Da braucht Mann/Frau sich über die gefühlte Dauerkrise im Land nicht zu wundern.

3. Spitz-findig-keit

Da kommen natürlich auch die 111 Spiele für den Mathematikunterricht in der Grundschule zu spät (bereits hier in der #111 herangezogen). Aber zumindest erkennt die Mehrzahl der heutigen Eltern die Bedeutung der Schulausbildung fürs Berufsleben ihrer Kinder, wie in faz-net vom 31.7.2023 (hinter Schranke) von der Wirtschaftredakteurin Lisa Becker festgehalten.

Einer repräsentativen Forsa-Umfrage von Eltern mit Kindern im Alter zwischen 12 und 18 Jahren zufolge, wird der Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik – also den MINT-Fächern – eine große Bedeutung beigemessen. „Rund 80 Prozent der Befragten sähen es gerne, wenn ihr Kind später einmal im Bereich der Technik und Technologie arbeiten würde. Genauso angesehen sind Berufe in den Naturwissenschaften und der Forschung.“ Gefolgt von Wirtschaft und Verwaltung, das Schlusslicht bilden Kunst, Kultur und Gestaltung, früher als „brotlose Künste“ umschrieben. Dabei seien die elterlichen Wünsche noch stark von Geschlechterstereotypen geprägt: Medizin – Töchter 80 und Söhne 68 Prozent; Metall, Maschinenbau – Söhne 75 und Töchter 49 Prozent. Immerhin!

„Mehr als zwei Drittel (72 Prozent) der Eltern finden, dass es Schule nicht gut gelingt, die für die berufliche Zukunft relevanten Kenntnisse und Fähigkeiten zu vermitteln. So glauben 87 Prozent nicht, dass Schule gut auf den Umgang mit neuen digitalen Technologien vorbereitet.“ Richtigerweise sehen sie – noch mehr als die Schule – „… ihre Kinder und sich selbst in der Verantwortung für eine gute Bildung und einen erfolgreichen Berufseinstieg. Auch blicken 88 Prozent alles in allem positiv auf die berufliche Zukunft ihres Kindes, was an dem immer größer werdenden Fachkräftemangel liegen könnte. Für die spätere Berufstätigkeit wünschen Eltern ihrem Nachwuchs vor allem Selbstverwirklichung, gefolgt von Vereinbarkeit von Familie und Beruf und Wohlstand. Einem Beitrag für die Gesellschaft messen sie viel weniger Bedeutung zu, kaum eine Rolle spielen in ihren Augen Status und Ansehen.“ Hier macht sich wohl auch die beschriebene Erosion von Werten bemerkbar.

Und hier geht es musikalisch weiter.

#PreppoKompakt

Wunsch und Wirklichkeit! Aber wie sieht der Arbeitsmarkt in 10 oder 20 Jahren aus? Welche Rolle spielt unsere gewohnt starke mittelständische Wirtschaft dann noch? Etwas hilft uns dabei sicherlich der demographische Faktor. Und wir können auch zu unseren europäischen Nachbarn „gastarbeiten“ gehen. Es sei denn, unsere Schwächen expandieren/Stärken erodieren in immer schnellerem Maße. Noch schwer abzuschätzen ist zudem die immer mehr Fahrt aufnehmende Künstliche Intelligenz (KI). Ihr Einsatz kann den beschriebenen Fachkräftemangel abschwächen. Zugleich aber setzt sie wiederum gut ausgebildete Menschen voraus. Womit wir wieder beim Ausgangspunkt – einer profunden Schul-, sowie darauf aufbauend, effektiven beruflichen Aus-, Fort- und Weiterbildung – angelangt wären.

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