6 minutes
Spitz oder Spitze sind in aller Regel pointierte Aussagen zum Zeitgeschehen. Dies kann, muss aber nicht die Politik betreffen. Es kann auf die Gegenwart oder auch auf die Vergangenheit gemünzt sein. Spitz ist eine Aussage dann, wenn sie sticht, der betreffenden Person oder Personengruppe wehtut, spitze, wenn sie ausgezeichnet formuliert ist und im Idealfall zudem die Wahrheit abbildet. Fi/ündig, wenn der beschriebene Umstand nicht ganz offensichtlich, also erst zu ergründen ist. Und -keit lässt auf unterschiedliche menschliche Eigenheiten/-schaften schließen, wie beispielsweise Eitelkeit, Heiterkeit, Überheblichkeit oder, oder. Alles zusammengenommen eine echte Spitzfindigkeit. In unserer Kolumne ‚Spitz-findig-keit‘ zitieren wir in lockerer Folge jeweils zwei oder drei Aussagen und verschonen dabei auch nicht klassische Denkerinnen und Denker.
Um Denkanstöße zu geben, die Freude am Formulieren zu wecken – nichtzuletzt auch um dem Humor in unserer doch etwas trostloseren Zeit wieder mehr Geltung zu verschaffen. Erhöht das Wohlbefinden. Packen wir es an! Ich sage nicht, wir schaffen das. Aber wir probieren es auf jeden Fall!
Vorbemerkung
Es gibt nach Immanuel Kant auch eine falsche Spitzfindigkeit, die wir uns hier allerdings nicht zu eigen machen wollen. Wer dem dennoch nachgehen möchte – Die falsche Spitzfindigkeit der vier syllogistischen Figuren – kann dies hier gerne tun.
Heute knüpfen wir nahtlos an die #125 an, wo bekanntermaßen alles den Bach runter ging.
1. Spitz-findig-keit
Die NZZ vom 15.8.2022 wartet mit der Meldung eines zweiten Fehlversuchs auf, mit dem Regierungs-Airbus der Flugbereitschaft der Lufwaffe von Abu Dhabi weiter nach Australien zu fliegen. Das Flugzeug, das den Namen unseres ersten Bundeskanzlers „Konrad Adenauer“ trägt, hätte unsere grüne Bundesaußenministerin Annalena Baerbock mit einer 50-köpfigen Delegation für eine Woche in die Pazifik-Region tragen sollen.
„Böse“ Zungen behaupten, man sei „mit einem blauen Auge davon gekommen“. Denn die auf das Endspiel der Fußball Weltmeisterschaft am heutigen Sonntag hin ausgerichtete Reise, habe mit dem frühen Ausscheiden unserer Frauen weitestgehend an Sinn verloren. Problematisch sei nun lediglich, wie man den Airbus A340 wieder sicher aus den Vereinigten Arabischen Emiraten zurück nach Deutschland bringen könne. Niemand will vermutlich den in 2011 gebraucht von der Lufthansa gekauften Flieger auch nur geschenkt.
Der Ex-Grüne Tübinger Oberbürgermeister Boris Palmer bringt es im Focus vom 15.8.2023 (dort auf Grundlage eines Facebook-Beitrags wiedergegeben) gewohnt klar und nüchtern auf den Punkt. „Wer da jetzt Spott und Häme übrig hat, übersieht etwas. Dieser defekte Airbus steht für ein sehr viel größeres Problem: Deutschland fällt international zurück.“
2. Spitz-findig-keit
Die Abendschau vom Bayerischen Rundfunk berichtet am 14.8.2023 rund zwei Minuten darüber. Zwei blaue/rote Augen geschlagen/getreten wurden Andreas Jurca, Kandidat der Alternative für Deutschland (AfD) in Augsburg/Bayern für die am 8. Oktober anstehende Landtagswahl. Vieles deutet auf eine politisch motivierte Gewalttat an dem 35-jährigen Orts- und Fraktionsvorsitzenden hin. Weshalb neben der Polizei auch der Staatsschutz ermittelt. Das Ergebnis bleibt abzuwarten.
3. Spitz-findig-keit
Der Fehlerteufel lässt sich kaum bändigen. Und schlug jüngst auch bei sehr renommierten Zeitungen wie der FAZ und der NZZ zu. Bei ersterer wechselte ein Minister der Ampelkoalition kurzerhand die Partei, bei letzterer wurde einem Namen schlicht ein falsches Bild zugeordnet.
Wenigstens Angela Merkel und Joschka Fischer sind es wirklich. Sie übrigens mit einer sympathischen Pose, offenbar beide Männer in ihren Bann ziehend, obwohl der Außenminister von oben herabblickt. Eine vergleichbare Blickrichtung tut sich in der NZZ vom 12.8.2023 auf. Dort plaudert die versierte Fotokünstlerin Herlinde Koelbl im Interview vorsichtig ihre Meinung zum heutigen Politikertyp – wird man nur, wenn man „… ohnehin etwas eitel ist“ – mit den enormen Kosten für Fotografen, Stylisten und Visagisten aus. Die 83-Jährige hat jahrelang deutsche Spitzenpolitiker fotografisch begleitet und darüber publiziert. So in ihrem voluminösen Buch „Spuren der Macht“, Knesebeck, München 1999, das in 15 Fällen über acht Jahre – 1991 bis 1998 – hinweg, in Bildern und Worten, die Verwandlung des Menschen durch das jeweilige Amt dokumentiert. Zufällig sind alle drei in der Bildunterschrift erwähnten Personen auch darunter. Ebenso wie die kürzlich verstorbene Heide Simonis sowie Peter Gauweiler, Irmgard Schwaetzer und natürlich Gerhard Schröder.
Im aktuellen Interview wird auch ein Bild der Bundeskanzlerin mit Perlenkette und tiefem Halsausschnitt thematisiert, das bei der Einweihung der neuen Osloer Oper im Jahr 2008 aufgenommen wurde. So ein tiefes Dekolleté habe die gänzlich uneitle Angela Merkel danach nie wieder getragen. Ein Widerspruch bleibt. Denn auch für Frau Bundeskanzler a.D. – außer Diensten seit dem 9. Dezember 2021 – hat der deutsche Steuerzahler laut NZZ-Redakteur Rewert Hoffer seither 55.000 Euro für ihr Styling und Make-up berappt. Ist sie im Alter noch eitel geworden?
Und hier geht es gleich weiter.
#PreppoKompakt
„Schadenfreude ist die schönste Freude“ und „Wer den Schaden hat braucht für den Spott nicht zu sorgen“. In den beschriebenen Fällen sind aber weder Freude noch Spott angebracht. Zum einen gibt es niemanden, der keine Fehler macht. Und der mit dem Flugzeug angerichtete Image-Schaden – vor allem, wenn dies nur die Spitze des Eisbergs ist – betrifft uns alle gemeinsam. Zum anderen ist körperliche Gewalt die Bankrotterklärung in jeder menschlichen Beziehung und jeder fortschrittlichen Gesellschaft. Angesagt ist die geduldige, ausdauernde Auseinandersetzung/Diskussion mit Worten und Argumenten. Auch wenn wir in Zeiten des Krieges in der Ukraine und mit der zunehmenden Gewalt von den linken und rechten Rändern in unserer Gesellschaft, ständig ein anderes Bild präsentiert bekommen. Der Staat hat, bei nur wenigen Ausnahmen, gemäß Artikel 20 Grundgesetz das alleinige Gewaltmonopol. Geschliffen gehört aber auf jeden Fall das in den #36 und #59 thematisierte „Altkanzlerinnen- und Altkanzler-Privileg“. Denn die 55.000 Euro kommen ja noch obendrauf, „on top“ sozusagen.