Spitz-findig-keit #186

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Spitz oder Spitze sind in aller Regel pointierte Aussagen zum Zeitgeschehen. Dies kann, muss aber nicht die Politik betreffen. Es kann auf die Gegenwart oder auch auf die Vergangenheit gemünzt sein. Spitz ist eine Aussage dann, wenn sie sticht, der betreffenden Person oder Personengruppe wehtut, spitze, wenn sie ausgezeichnet formuliert ist und im Idealfall zudem die Wahrheit abbildet. Fi/ündig, wenn der beschriebene Umstand nicht ganz offensichtlich, also erst zu ergründen ist. Und -keit lässt auf unterschiedliche menschliche Eigenheiten/-schaften schließen, wie beispielsweise Eitelkeit, Heiterkeit, Überheblichkeit oder, oder. Alles zusammengenommen eine echte Spitzfindigkeit. In unserer Kolumne ‚Spitz-findig-keit‘ zitieren wir in lockerer Folge jeweils zwei oder drei Aussagen und verschonen dabei auch nicht klassische Denkerinnen und Denker.

Um Denkanstöße zu geben, die Freude am Formulieren zu wecken – nichtzuletzt auch um dem Humor in unserer doch etwas trostloseren Zeit wieder mehr Geltung zu verschaffen. Erhöht das Wohlbefinden. Packen wir es an! Ich sage nicht, wir schaffen das. Aber wir probieren es auf jeden Fall!

Spitzfindigkeiten zuhauf!

Vorbemerkung

Es gibt nach Immanuel Kant auch eine falsche Spitzfindigkeit, die wir uns hier allerdings nicht zu eigen machen wollen. Wer dem dennoch nachgehen möchte – Die falsche Spitzfindigkeit der vier syllogistischen Figuren – kann dies hier gerne tun.

Heute spielt sich hier dafür viel in unserem bevölkerungsreichsten Bundesland Nordrhein-Westfalen (NRW) ab. Dabei treffen wir auch auf menschenverachtende Gewalt, aktuell und rückblickend. Sowie auf eine große Portion Dummheit, also – überspitzt formuliert – den vom gesunden Menschenverstand wahrnehmbaren Irrsinn.

1. Spitz-findig-keit

Zur Gewalt

Die NZZ vom 29.9.2024 nimmt die Gewalt in NRW/Köln in Augenschein: „Die Cannabis-Mafia liefert sich inzwischen offenbar auch in Deutschland Revierkämpfe. Gewalt und Brutalität nehmen zu. Was ist los in der Domstadt Köln?“ Notiert wird von Oliver Maksan eine immer länger werdende Kette von Explosionen und anderen Gewaltverbrechen. Seit Juni dieses Jahres sind es 22 Tatorte mit Köln und Umgebung als Schwerpunkt. „Im Netz wird schon gespottet, dass Köln immer mehr Kabul oder Kolumbien gleiche.“

Laut dem Chef der Kölner Kriminalpolizei, Michael Esser, handele es “ … sich um beispiellose Fälle von Gewalt und Schwerkriminalität, die es so in der Stadt noch nicht gegeben habe … . Tatsächlich wurden Personen entführt und, übel zugerichtet, tagelang in Hallen festgehalten, Schüsse aus Maschinengewehren auf Wohnhäuser abgegeben, Handgranaten unter Autos abgelegt.“

„Der Kripo-Chef … hofft, dass man durch hohen Ermittlungsdruck das Feuer rechtzeitig austreten kann.“ Der Einsatz einer Task-Force mit 60 Polizisten hat bislang zu 43 Ermittlungsverfahren geführt, 13 Personen sind in Untersuchungshaft, drei Haftbefehle noch offen. So Nordrhein-Westfalens Innenminister Herbert Reul, CDU, am Donnerstag vor dem Innenausschuss des Landtags. Er „… macht die Freigabe von Cannabis durch die deutsche Regierung für die Gewalt mitverantwortlich. Die steigende Nachfrage könne durch die legale Produktion nicht gedeckt werden. Das Vakuum füllten deshalb Grossdealer aus.“

Die organisierte Kriminalität

Faz-net vom 30.9.2024 (hinter Schranke) geht noch weiter: „Die jüngste Gewaltserie in NRW ist nicht einfach Folge der Legalisierung von Cannabis. Zentral ist, dass die deutsche Gesellschaft die Mafia noch immer nicht als Bedrohung der Demokratie erkannt hat. Der Drogenkrieg in den Niederlanden hat ähnlich begonnen.“

Jetzt würden „… strukturelle Defizite im Umgang mit organisierter Kriminalität sichtbar. Es müsste massiv in qualifiziertes Personal und Strukturermittlungen investiert werden, damit ausreichend Kriminalbeamte für Krisensituationen zur Verfügung stünden. … Wenn man Tätergruppen langfristig aufdecken wolle, sei der politische Wille gefragt, Ressourcen zu mobilisieren und sich nicht nur auf Einzelfalldelikte zu konzentrieren. Sonst feierten die Kriminellen ihre Taten einfach weiter in den sozialen Medien, und die Gesellschaft schaue ohnmächtig zu.“ Es sei höchste Zeit „… für eine präventive und menschenrechtszentrierte Sicherheitsstrategie.“ So Helena Raspe auf faz-net.

2. Spitz-findig-keit

„Herrhausen – Der Herr des Geldes“ in der ARD, vier Folgen plus eine halbstündige Dokumentation über die Macht des Bankers Dr. Alfred Herrhausen, der am 30. Januar 1930 in Essen geboren wurde und am 30. November 1989 bei einem Bombenattentat in Bad Homburg vor der Höhe gestorben ist (ausführlicher Artikel auf Wikipedia). Jüngere deutsche Geschichte von 1987 bis 1989, einschließlich des Mauerfalls am 9. November 1989, anspruchsvoll verpackt, spannend geschildert, bebildert und vertont, zudem mit sehr gut besetzten Rollen. Dabei erinnert der cirka sieben Minuten lange Abspann stark an Hollywood-Filme.

Erste Folge (52 Min.): „Die brillante Idee“ eines Mannes, der selbständig denkt und handelt. Zweite Folge (59 Min.): „Der rasante Aufstieg“ an die Spitze der Deutschen Bank. Dritte Folge (63 Min.): „Die beherzte Machtergreifung“ im Entscheidungsgremium, gespiegelt in der Scherzfrage: „Der Unterschied zwischen Hundehütte und Aufsichtsrat? Die Hundehütte ist für den Hund, der Aufsichtsrat für die Katz.“ Und die vierte Folge (66 Min.): „Der sichere Tod“ – noch heute verunsichernd und beunruhigend. Denn trotz eines Bekennerschreibens der Rote Armee Fraktion (RAF), konnten die an der Tat beteiligten Personen bislang nicht einmal identifiziert werden.

Hauptversammlung 1988
Hauptversammlung der Deutschen Bank 1988 in Düsseldorf mit Alfred Herrhausen stehend in der Mitte.

Alle Folgen in der ARD-Mediathek bis zum 2.2.2025 vorhanden, die Doku sogar bis zum 3.10.2026 abrufbar. Absolut sehenswert. Dazu begleitend lesenswert, was wir in der Sternstunde am 3. Oktober 2022 zum Tag der Deutschen Einheit festgehalten haben. Und auch schon in der Spitz-findig-keit #21 ging es um den Fall der Berliner Mauer.

3. Spitz-findig-keit

Die Achse des Guten am 30.9.2024 mit der „Chronik des Irrsinns“ vom September mit 56 Fällen – auch Albstadt wird aufgrund einer sexuellen Belästigung im badkap erstmalig erwähnt (siehe Nr. 35, allerdings nicht nummeriert).

Wie überhaupt unsere Landsleute unter dem was Claudio Casula wie immer gekonnt zusammengetragen hat, stark vertreten sind. Schon im Schaubild, für das der Schwank „Die sieben Schwaben“ als Vorlage gedient hat. Auch Cem Özdemir und Ricarda Lang kommen vor, sie macht sogar den Anfang und belässt es nicht dabei – in zwei weiteren Fällen (Nr. 4 und 40) scheint sie auf. Zuletzt als prämierte Aufsteigerin, wohl besser als Aussteigerin des Jahres.

Wie immer dabei unsere famose Außenministerin Annalena Baerbock, die mit einer nicht zu bewundernden Regelmäßigkeit, wie es der Volksmund formuliert hat, den Bock abschießt. Auch Essen – die Geburtsstadt meines Vaters, wo immer noch Verwandtschaft lebt – ist leider zweimal vertreten (Nr. 35 und 54).

Widmung

Wolfgang Gross gewidmet, einem gestandenen Bäckermeister, quirligen Handels- und Gewerbeverein(HGV)ler sowie aufrechten Kommunalpolitiker der CDU. Nach einer rund zehnjährigen Diaspora im Hohenlohischen zurück in Albstadt, verbringt er hier seinen wohlverdienten Ruhestand und Lebensabend und wird am heutigen Sonntag gleich doppelt gescheit.

Und hier geht es spitzfindig – auch mit nob(e)l(en) Preisen – weiter.

#PreppoKompakt

Der Tag der Deutschen Einheit am 3. Oktober, darauf können wir alle stolz sein. Ein Grund, gemeinsam zu feiern, aber auch um zu reflektieren, was wir künftig besser machen können. Beispielsweise der von Kriminellen ausgehenden Gewalt, seien es Clans, mafiöse Strukturen, Extremisten linker/rechter Coleur oder einer militant vertretenen Glaubensrichtung, konsequent die gebündelte Staatsgewalt entgegen-, das heißt, das im Grundgesetz (Artikel 20) verankerte Gewaltmonopol des Staates durchsetzen. Zur Feier des Tages haben wir uns übrigens am vergangenen Donnerstag rund zwei Stunden lang den Film „Good Bye, Lenin!“ von Regisseur Wolfgang Becker aus 2003 angeschaut. Er ergänzt wunderbar die Herrhausen-Tatsachen-Erzählung rund um den 9. November 1989, eine „… (gesamt-)deutsche Komödie, … gleichzeitig rasend komisch, hinreißend grotesk und sehr bewegend …“. So auf 3sat beschrieben und dort auch abzurufen, allerdings nur bis zum 2.11.2024.

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