Spitz-findig-keit #190

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Spitz oder Spitze sind in aller Regel pointierte Aussagen zum Zeitgeschehen. Dies kann, muss aber nicht die Politik betreffen. Es kann auf die Gegenwart oder auch auf die Vergangenheit gemünzt sein. Spitz ist eine Aussage dann, wenn sie sticht, der betreffenden Person oder Personengruppe wehtut, spitze, wenn sie ausgezeichnet formuliert ist und im Idealfall zudem die Wahrheit abbildet. Fi/ündig, wenn der beschriebene Umstand nicht ganz offensichtlich, also erst zu ergründen ist. Und -keit lässt auf unterschiedliche menschliche Eigenheiten/-schaften schließen, wie beispielsweise Eitelkeit, Heiterkeit, Überheblichkeit oder, oder. Alles zusammengenommen eine echte Spitzfindigkeit. In unserer Kolumne ‚Spitz-findig-keit‘ zitieren wir in lockerer Folge jeweils zwei oder drei Aussagen und verschonen dabei auch nicht klassische Denkerinnen und Denker.

Um Denkanstöße zu geben, die Freude am Formulieren zu wecken – nichtzuletzt auch um dem Humor in unserer doch etwas trostloseren Zeit wieder mehr Geltung zu verschaffen. Erhöht das Wohlbefinden. Packen wir es an! Ich sage nicht, wir schaffen das. Aber wir probieren es auf jeden Fall!

Spitzfindigkeiten zuhauf!

Vorbemerkung

Es gibt nach Immanuel Kant auch eine falsche Spitzfindigkeit, die wir uns hier allerdings nicht zu eigen machen wollen. Wer dem dennoch nachgehen möchte – Die falsche Spitzfindigkeit der vier syllogistischen Figuren – kann dies hier gerne tun.

Heute schauen wir dafür auf die bundespolitische Ebene, geben Gedanken zur „Dauerbaustelle“ Öffentlich-rechtlicher Rundfunk (ÖRR) preis und erfreuen uns an einem Musikvideo aus den Niederlanden.

1. Spitz-findig-keit

Im FAZ newsletter „Frühdenker“ vom 29.10.2024 wimmelt es nur so von für letzten Dienstag vorgesehenen Gipfeln. Wohlgemerkt keinen Berg-, sondern Krisengipfeln. Darüber, wie man die lahmende Wirtschaft wieder zum Laufen bringen kann „… berät Kanzler Scholz mit Wirtschaftsvertretern im Kanzleramt – ohne Vizekanzler Habeck und Finanzminister Lindner.“ Angesetzt sind zwei Stunden, eingeladen insgesamt 20 Teilnehmer, herauskommen soll eine „neue industriepolitische Agenda“ für Branchen, „… in denen es um besonders viele Arbeitsplätze geht.“

Weil das mit der Großindustrie „… ein bisschen zu eng“ gedacht sei, lädt Finanzminister Lindner für den gleichen Tag zu einem Gipfel ein, an dem auch Vertreter von Handwerk und Mittelstand teilnehmen sollen. Großzügigerweise verzichtet Wirtschaftsminister Habeck auf einen dritten Gipfel, will aber „… seinen Vorstoß, die deutsche Wirtschaft mit einem schuldenfinanzierten ‚Deutschlandfonds‘ anzukurbeln, … als ‚Impuls für den Gipfel des Kanzlers‘ verstanden wissen.“ Alles in allem Gipfel der Regierungskunst oder eine Ausgeburt der Dummheit?

Die NZZ vom gleichen Tag nennt das einen „Gipfel der Verantwortungslosigkeit“, denn mit dem Gezänk schwäche die Ampel die deutsche Wirtschaft zusätzlich. „Der gehässige Vorwahlkampf sollte beendet werden, ob mit Vernunft oder mit vorgezogenen Neuwahlen.“ So René Höltschi aus Berlin. Selbiger bringt es in der NZZ am Dienstagabend auf den Punkt: „Deutschland im Jammertal: zwei Wirtschaftsgipfel, eine Krise, null Ergebnisse.“

Ein echtes Trauerspiel.

Dazu passend ein Wort zum Sonntag

Auf TE am 2.11.2024 hören wir von Roland Tichy in einem knapp neun Minuten langen Video, dass die Krise, zumindest von den Grünen, so gewollt ist.

„Diese Wirtschaftskrise ist Programm. … Die Bundesregierung nimmt den Bürgern an jeder Ecke Geld ab: Steigende Immobiliensteuern, steigende Sozialabgaben, steigende CO2-Bepreisung, steigende Energiesteuern, steigende Energiekosten. Und all dieses Geld wird dann unter den Dieben verteilt – oder gleich in die Welt hinausgeblasen. Als Entwicklungshilfe getarnte Geldverschwendung ist wichtiger, als dafür zu sorgen, dass hierzulande der Wohlstand erhalten bleibt.“

2. Spitz-findig-keit

„Tralala ist noch keine Demokratie“, so kommentiert Herausgeber Jürgen Kaube auf faz-net (hinter Schranke) am 28.10.2024 den zweifelhaften Versuch der Verantwortlichen des ÖRR, ihre Besitztümer zu wahren. „In Liechtenstein schaffen sie gerade den öffentlich-rechtlichen Rundfunk ab. Eine Volksabstimmung, die auf Initiative von Rechtspopulisten abgehalten wurde, hat so entschieden. Das Argument der ‚Demokraten pro Liechtenstein‘ war, der Sender sei zu teuer. Radio Liechtenstein wird vor allem aus dem Staatsbudget finanziert und musste mehrfach mit Notkrediten gerettet werden.“

Zwar sei die hiesige Situation der Radio- und Fernsehanstalten damit nicht zu vergleichen, denn ARD, ZDF und Deutschlandfunk hätten fast so viele Beschäftigte, wie Liechtenstein Einwohner hat. Doch auch hierzulande wachse der Druck auf die ÖRR. „Niemand mit Verstand will sie abschaffen. Niemand mit Verstand kann aber damit zufrieden sein, wofür sie das Geld ausgeben, das sie den Bürgern über eine Gebühr abnehmen, der sich selbst die nicht entziehen können, die keinen Gebrauch von öffentlich-rechtlichen Sendungen machen.“ Letztere würden immer mehr, von den 14- bis 49-Jährigen (zugleich die sog. werberelevante Zielgruppe) erreichten die Programme von ARD und ZDF nur noch etwa sieben Prozent.

Warum werden immer nur Einschaltquoten – wie hier von Statista – gemessen, Ausschaltquoten beschrieben das Dilemma weit besser.

Da loben wir uns doch die Frankfurter Allgemeine Zeitung, die am 1. November 1949 mit folgendem Anspruch zum ersten Mal erschienen ist: „Für sie müßte die Wahrheit der Tatsachen heilig sein; sie müßte sich der strengen Sachlichkeit in der Berichterstattung befleißigen; sie müßte auch den Andersmeinenden gegenüber immer Gerechtigkeit walten lassen; und sie müßte sich bemühen, nicht an der Oberfläche der Dinge stehen zu bleiben, sondern ihre geistigen Hintergründe aufzusuchen“. Wobei man ausdrücklich nicht für Denkfaule schreiben möchte. Dies alles gilt, wie Jürgen Kaube am Jubiläumstag – hier – betont, auch nach 75 Jahren noch.

3. Spitz-findig-keit

Ein echt sehens- und hörenswertes Fundstück aus den Niederlanden – die „Star Sisters“ vier Minuten lang auf YouTube. Patrica Paay (geboren 1949 – mittig), ihre richtige Schwester Yvonne Keeley (1952 – rechts von ihr) und die „Nennschwester“ Sylvana van Veen (1950 – links) waren in den 1980er Jahren sehr beliebt und mit guten Platzierungen in den niederländischen TOP 40 vertreten. Es hatte 1983 zunächst mit der leiblichen Mutter der beiden Schwestern begonnen, deren Platz aber schnell Sylvana übernahm. Die vollständigen Texte der Produktion aus 1983 zum Mithören und -lesen sind (16 Minuten lang) ebenfalls auf YouTube zu finden.

Im Video wird gekonnt das Gefühl der US-Amerikaner Mitte 1945 am Ende des 2. Weltkrieges nachgezeichnet und -geahmt. Die Soldaten werden als Sieger willkommen geheißen und zünden so richtig auf, ebenso die Musiker in Uniform. Die Frauen entsprechen dem beim Tanz mit voller Hingabe, vorneweg die Star Sisters bei ihrem Auftritt. Integriert sind eine rührige Wiedersehensgeschichte und weitere lustige Sequenzen. Pate standen dabei „The Andrews Sisters“ – drei echte, in den USA geborene Schwestern mit griechischem Vater und norwegischer Mutter – mit ihren Liedern aus den 1940/50er Jahren, wie „Boogie Woogie Bugle Boy“, „South American Way“, „Bei Mir Bist Du Schoen“, „In The Mood“, „Rum And Coca-Cola“, „Tico Tico“ oder „Say Si Si“.

Der niederländische Produzent Jaap Eggermont griff bei seinen Pop-Medleys nicht auf die Originale der Beatles, von ABBA, Stevie Wonder oder den Rolling Stones zurück. Er ließ stattdessen die Hits von Studiomusikern möglichst originalgetreu nachsingen und -spielen. Das ganze, schon 1980 begonnene Projekt wurde laut Wikipedia „Stars on 45“ genannt. Wobei „… 45 für die Schallplattensingle steht, die sich mit 45 Umdrehungen pro Minute dreht. Die Urversion dauerte knapp 16 Minuten, wurde aber für verschiedene Formate immer wieder neu aufgeteilt und zusammengestellt.“

Und hier geht es bunt weiter.

#PreppoKompakt

Da entwickelt und verstärkt sich ganz nebenbei die Sehnsucht nach dem Kriegsende, sei es in der Ukraine und/oder im Nahen Osten.

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