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Spitz oder Spitze sind in aller Regel pointierte Aussagen zum Zeitgeschehen. Dies kann, muss aber nicht die Politik betreffen. Es kann auf die Gegenwart oder auch auf die Vergangenheit gemünzt sein. Spitz ist eine Aussage dann, wenn sie sticht, der betreffenden Person oder Personengruppe wehtut, spitze, wenn sie ausgezeichnet formuliert ist und im Idealfall zudem die Wahrheit abbildet. Fi/ündig, wenn der beschriebene Umstand nicht ganz offensichtlich, also erst zu ergründen ist. Und -keit lässt auf unterschiedliche menschliche Eigenheiten/-schaften schließen, wie beispielsweise Eitelkeit, Heiterkeit, Überheblichkeit oder, oder. Alles zusammengenommen eine echte Spitzfindigkeit. In unserer Kolumne ‚Spitz-findig-keit‘ zitieren wir in lockerer Folge jeweils zwei oder drei Aussagen und verschonen dabei auch nicht klassische Denkerinnen und Denker.
Um Denkanstöße zu geben, die Freude am Formulieren zu wecken – nichtzuletzt auch um dem Humor in unserer doch etwas trostloseren Zeit wieder mehr Geltung zu verschaffen. Erhöht das Wohlbefinden. Packen wir es an! Ich sage nicht, wir schaffen das. Aber wir probieren es auf jeden Fall!
Vorbemerkung
Es gibt nach Immanuel Kant auch eine falsche Spitzfindigkeit, die wir uns hier allerdings nicht zu eigen machen wollen. Wer dem dennoch nachgehen möchte – Die falsche Spitzfindigkeit der vier syllogistischen Figuren – kann dies hier gerne tun.
Heute geht es dafür ganz überwiegend um Kirchen und Glauben.
1. Spitz-findig-keit
Der Faz-net Newsletter vom 2.12.2024 erinnert daran, dass im April 2019 ein Großbrand die weltberühmte Kathedrale Notre-Dame im Herzen von Paris schwer beschädigt und daraufhin das französische Parlament eine möglichst originalgetreue Rekonstruktion des von 1163 bis 1345 gebauten Gotteshauses beschlossen hat. Die im September 2021 begonnenen Bauarbeiten sind abgeschlossen. Heute am Sonntag wird nun mit der ersten Messe vom Erzbischof von Paris zusammen mit rund 170 Bischöfen aus ganz Frankreich und Priestern aller Pariser Pfarreien, Notre-Dame feierlich wiedereröffnet. Dass das Land an diesem Festtag ohne eine funktionierende Regierung dasteht, war sicherlich nicht geplant. Aber sie haben ja noch ihren Präsidenten Macron.
Für den Besuch des Gotteshause finden sich in faz-net vom 4.12.2024 aus dem Munde von drei an der „Wiederauferstehung“ des Dachstuhls, der Kirchenfenster und des Mobiliars beteiligten Personen ein paar wichtige Tipps. Darunter den, nicht zu vergessen ein Fernglas mitzubringen. Der für das Taufbecken zuständige Designer und Bildhauer reflektiert zudem seine Vorgaben: „In der Ausschreibung war betont worden, dass es darum geht, sich an Christen und Katholiken, aber auch an Besucher anderer Religionen oder ohne Religion zu wenden. Die Idee ist also, dass alle Teile so aussagekräftig sind, dass es verständlich ist, dass sie über Liturgie sprechen – auch wenn man die Bedeutung nicht genau versteht. Notre-Dame ist natürlich ein religiöses Gebäude, aber es ist auch ein universelles Gebäude, das der gesamten Menschheit gehört.“
Die NZZ vom 5.12.2024 nimmt einen virtuell mit wunderbaren Bildern mit ins Innere dieses aus der Asche wiederauferstandenen gotischen Prachtstückes: „Heller, luftiger, lichter denn je“ – faszinierend beschrieben und den aufwändigen Vorgang der Restauration sauber erläutert. Auch DerStandard berichtet am 7.12.2024 ausführlich und gekonnt über einige überraschende Entdeckungen beim Wiederaufbau nach bestandener Feuerprobe.
2. Spitz-findig-keit
Für wen sind aber die Kirchen in Deutschland noch wichtig/interessant? Mal abgesehen davon, dass ein Dom, eine Kathedrale/Bischofskirche, ein Münster, selbst eine Dorfkirche auch hier eine reine Sehenswürdigkeit, eine touristische Attraktion sein kann. Die NZZ vom 8.7.2024 ist dieser Frage im Vergleich der Jahre 2011 und 2022 mit der Übersicht zu den Kirchenmitgliedern der beiden ehemals großen Konfessionen und deren räumlicher Verteilung nachgegangen. Die Datengrundlage für die aussagekräftige Visualisierung der Entwicklung bilden dabei die in der Bundesrepublik eigentlich im Abstand von zehn Jahren – so die nur vereinzelt eingehaltene Regel – durchzuführenden Volkszählungen.
„Kirchen in Deutschland erstmals in der Minderheit – so rasant hat sich die religiöse Landkarte verändert. In der Bundesrepublik gibt es keine Grossstädte mehr mit evangelischer Mehrheit, katholisch geprägte nur noch vier. Wo der Rückgang am stärksten ist, zeigen neue Zahlen aus 11 000 Städten und Gemeinden.“ So die Artikelüberschrift in der NZZ. Dabei kann man auch die Entwicklung beispielsweise in Albstadt – mittels Suche in Tabelle: Gemeinden ab 1000 Einwohnern – nachvollziehen, natürlich auch in unserer Hauptstadt Berlin. Gab es in Albstadt mit 46134 Einwohnern in 2011 noch eine evangelische Mehrheit, so ging diese in 2022 verloren. Auch in meines Vaters Geburtsstadt Essen mit 571039 Einwohnern, ging in diesem Zeitraum die katholische Mehrheit verlustig.
Hingegen nahm zusammengenommen die Gruppe der Konfessionslosen und Mitglieder anderer Religionsgemeinschaften zu und „… stellt seit 2022 erstmals in der deutschen Geschichte die absolute Mehrheit. So fielen 2022 42,8 Millionen Menschen in diese Kategorie, was einem Bevölkerungsanteil von 51,8 Prozent entspricht. Noch 2011 hatte die Gruppe nur 32,8 Millionen Menschen oder 40,9 Prozent der Bevölkerung umfasst.“ Die genaue Zusammensetzung dieser Gruppe ist unklar und wird es bleiben. „Denn die deutschen Statistikbehörden erheben nur, ob jemand öffentlichrechtlich verfassten Kirchen angehört oder nicht.“ Unter Umständen weißt die NZZ damit indirekt auf einen konkreten Verbesserungsbedarf für den nächsten Zensus hin.
3. Spitz-findig-keit
Chronik des Irrsinns – der November 2024. 61 Volltreffer von Claudio Casula auf der Achse des Guten vom 2.12.2024 akribisch zusammengetragen und von Rudolf Wildermann gekonnt illustriert. Dem ist nichts hinzuzufügen.
Oder doch? Einmal kommt tatsächlich auch die Kirchengestaltung darin vor. „Die katholische St.-Hedwigs-Kathedrale in Berlin, ursprünglich im Rokoko-Stil errichtet, ist komplett umgebaut worden. Der eierschalenförmige Altar in der Mitte ist nackt, die Kirchenbänke wurden durch eine parlamentsähnlich kreisrund angeordnete Bestuhlung ersetzt und das Kreuz hat man von der Kuppel entfernt, so wie in der ganzen Kirche kein Kreuz zu sehen ist. Ausdrücklich sind auch Heiden willkommen. Egal, wird in spätestens 30 Jahren sowieso eine Moschee sein.“
#PreppoKompakt
Konnte gestern – trotz begründeter Abwesenheit – die Ehrung für die 25-jährige Mitgliedschaft im Verein der Freunde der Erzabtei St. Martin zu Beuron entgegennehmen. Das heißt, ich bekomme die Ehrennadel und die Urkunde noch nachgereicht. Das altehrwürdige Kloster Beuron, im wunderschönen Donautal gelegen, besitzt eine ganz besondere Ausstrahlung. Neben dem Geistigen, dem Baulichen und der langen Wallfahrtsgeschichte ist es auch ein Hort von Kunst und Musik. Der rührige Verein kann fraglos neue Mitglieder (alte und junge, bei moderaten Beiträgen) und/oder Spender (Frauen wie Männer) brauchen, um die Benediktinermönche in ihrer Mission wirksam zu unterstützen. Bei der Mitgliederversammlung am 9. November diesen Jahres klang übrigens der Wunsch an, den Fortbestand des Klosters in den nächsten 40 Jahren auf jeden Fall zu sichern.