Spitz-findig-keit #223

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Spitz oder Spitze sind in aller Regel pointierte Aussagen zum Zeitgeschehen. Dies kann, muss aber nicht die Politik betreffen. Es kann auf die Gegenwart oder auch auf die Vergangenheit gemünzt sein. Spitz ist eine Aussage dann, wenn sie sticht, der betreffenden Person oder Personengruppe wehtut, spitze, wenn sie ausgezeichnet formuliert ist und im Idealfall zudem die Wahrheit abbildet. Fi/ündig, wenn der beschriebene Umstand nicht ganz offensichtlich, also erst zu ergründen ist. Und -keit lässt auf unterschiedliche menschliche Eigenheiten/-schaften schließen, wie beispielsweise Eitelkeit, Heiterkeit, Überheblichkeit oder, oder. Alles zusammengenommen eine echte Spitzfindigkeit. In unserer Kolumne ‚Spitz-findig-keit‘ zitieren wir in lockerer Folge jeweils zwei oder drei Aussagen und verschonen dabei auch nicht klassische Denkerinnen und Denker.

Um Denkanstöße zu geben, die Freude am Formulieren zu wecken – nichtzuletzt auch um dem Humor in unserer doch etwas trostloseren Zeit wieder mehr Geltung zu verschaffen. Erhöht das Wohlbefinden. Packen wir es an! Ich sage nicht, wir schaffen das. Aber wir probieren es auf jeden Fall!

Vorbemerkung

Es gibt nach Immanuel Kant auch eine falsche Spitzfindigkeit, die wir uns hier allerdings nicht zu eigen machen wollen. Wer dem dennoch nachgehen möchte – Die falsche Spitzfindigkeit der vier syllogistischen Figuren – kann dies hier gerne tun.

Heute gehen wir dafür lieber Büchern nach, schauen uns die Botschaft von Augustinus an und lernen, wie Frau/Mann etwas aus dem Urlaub, ja noch mehr, aus dem Leben machen kann.

1. Spitz-findig-keit

Faz-net vom 17.6.2025 (hinter Schranke): Das Taschenbuch – TB – ist ein dreiviertel Jahrhundert alt. Seither existiert es in Deutschland neben dem Hardcover, im Branchenjargon HC genannt. „Vor genau 75 Jahren kamen die ersten Exemplare von ‚Rowohlts Rotationsromanen‘ auf den Markt, kurz: rororo. Das Geniale des Markennamens fällt sofort ins Auge, noch genialer aber war die Idee. Der junge Verleger Ledig-Rowohlt hatte in Amerika kleine Paperbacks gesehen und sich gedacht, das könnte doch etwas für das verwüstete, kulturell ausgezehrte Nachkriegsdeutschland sein.“

Die Autoren der ersten Taschenbücher waren Hans Fallada, Graham Greene, Rudyard Kipling und Kurt Tucholskys. Eines kostete 1,50 DM, war leicht wie Löschpapier und hatte einen, wie die Branche es nannte, leinen­kaschierten Rücken.

„Wollen wir in 25 Jahren, wenn das Taschenbuch hundert wird, im Feuilleton noch einmal an diesen kulturgeschichtlichen und mediensoziologischen Einschnitt erinnern?“ Dies fragt Paul Ingendaay in seinem Kommentar rhetorisch, denn sein Ja, natürlich, folgt unmittelbar. „Taschenbüchern verdanken wir wesentlich den Verstand, der sich hier, sofern es gelingt, gelegentlich ausbreiten darf, in welch bescheidenem Maß auch immer.“

Eine Frage drängt sich auf: Wie sind die seit 1867 im Reclam-Verlag angebotenen und als Universal-Bibliothek geführten kleinen, handlichen Büchlein einzuordnen, die so einfach auch auf Reisen mitgenommen werden können. In dem einschlägigen Wikipedia-Beitrag sind sie eindeutig als Hardcover klassifiziert.

2. Spitz-findig-keit

Klare Aussagen von Augustinus (354-430), der wohl dies auch alles selbst ausprobiert/gelebt hat – und deshalb überzeugt. „Der große Konvertit gilt als einer der einflussreichsten Kirchenlehrer des Westens.“

Sein Lebenslauf ist kurz und bündig auf der Internetseite katholisch.de nachzulesen.

3. Spitz-findig-keit

In der NZZ vom 14.6.2025 (hinter Schranke) wird, unter Zuhilfenahme von vier ökonomischen Prinzipien, nachgedacht über die Kunst des Urlaubmachens.

1. Opportunitätskosten: Die echten Kosten des perfekten Sonnenaufgangs.

„Jede Entscheidung bedeutet den Verzicht auf die nächstbeste Alternative. Ihre Fotosafari kostet Sie nicht nur Schlaf, sondern auch einen Spaziergang über den leeren Strand oder einen entspannten Espresso mit Blick übers Meer. Plötzlich wird klar, warum so viele Ferienreisende gestresst nach Hause zurückkehren. Sie haben die wertvollste Ferienressource falsch eingesetzt: Sie haben ihre Zeit genutzt, aber nicht genossen.“

Deshalb geplanten Aktivitäten die Frage voranstellen: „Will ich das jetzt wirklich tun?“

2. Grenznutzen: Warum die fünfte Eiskugel nicht mehr glücklich macht.

„Die erste Kugel ist himmlisch. Die zweite: phantastisch. Die dritte: etwas süss. Die vierte? Statt Glück, leichte Übelkeit und Reue. Sie haben soeben das Konzept des abnehmenden Grenznutzens erfahren.“

Bei vielen Dingen oder Tätigkeiten bringt jede zusätzliche Einheit weniger Freude als die vorherige. „Wer mehr aus seinen Ferien herausholen will, setzt daher auf Abwechslung – bei Sehenswürdigkeiten, Aktivitäten oder Restaurants. Damit bleibt man stets im Bereich eines hohen Grenznutzens.“

3. Sunk Cost: Das Glück beginnt mit dem Loslassen.

„Ökonomisch gesehen sollten versunkene Kosten bei späteren Entscheidungen keine Rolle mehr spielen – und doch halten sie uns oft in unangenehmen Situationen fest. Wir schlendern durch schlechte Museen, weil der Eintritt teuer war. Wir essen mittelmässige Mahlzeiten auf, weil wir sie bestellt haben. Gute Ferien beginnen daher oft dort, wo man sich erlaubt, vergangene Fehlentscheide loszulassen.“

4. Lucas-Kritik: Warum Sie nicht das kriegen, was Sie planen.

„Was immer Sie in den Ferien suchen, suchen Sie es nicht systematisch. Folgen Sie stattdessen Ihrem Bauchgefühl, sprechen Sie mit Menschen vor Ort, lassen Sie Raum für Zufälle.“

Derjenige, der für uns nachgedacht hat, ist Jürg Müller, Direktor des liberalen Think-Tanks Avenir Suisse.

Aber hier geht es unerbittlich weiter.

#PreppoKompakt

Diese Punkte gelten ganz nebenbei fürs ganze Leben, nicht nur für ein paar glückliche Ferientage im Jahr. Nihil exspecta, nichts erwarten – hat als fünften Punkt ein Leser hinzugefügt. Hier würde Augustinus wohl Einspruch einlegen, denn der Glaube ist fundamental wichtig.

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