Spitz-findig-keit #226

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Spitz oder Spitze sind in aller Regel pointierte Aussagen zum Zeitgeschehen. Dies kann, muss aber nicht die Politik betreffen. Es kann auf die Gegenwart oder auch auf die Vergangenheit gemünzt sein. Spitz ist eine Aussage dann, wenn sie sticht, der betreffenden Person oder Personengruppe wehtut, spitze, wenn sie ausgezeichnet formuliert ist und im Idealfall zudem die Wahrheit abbildet. Fi/ündig, wenn der beschriebene Umstand nicht ganz offensichtlich, also erst zu ergründen ist. Und -keit lässt auf unterschiedliche menschliche Eigenheiten/-schaften schließen, wie beispielsweise Eitelkeit, Heiterkeit, Überheblichkeit oder, oder. Alles zusammengenommen eine echte Spitzfindigkeit. In unserer Kolumne ‚Spitz-findig-keit‘ zitieren wir in lockerer Folge jeweils zwei oder drei Aussagen und verschonen dabei auch nicht klassische Denkerinnen und Denker.

Um Denkanstöße zu geben, die Freude am Formulieren zu wecken – nichtzuletzt auch um dem Humor in unserer doch etwas trostloseren Zeit wieder mehr Geltung zu verschaffen. Erhöht das Wohlbefinden. Packen wir es an! Ich sage nicht, wir schaffen das. Aber wir probieren es auf jeden Fall!

Spitzfindigkeiten zuhauf!

Vorbemerkung

Es gibt nach Immanuel Kant auch eine falsche Spitzfindigkeit, die wir uns hier allerdings nicht zu eigen machen wollen. Wer dem dennoch nachgehen möchte – Die falsche Spitzfindigkeit der vier syllogistischen Figuren – kann dies hier gerne tun.

Heute halten wir es dafür lieber mit einer Entdeckerin und einem Entdecker, lernen etwas über den Vogel des englischen Königs und identifizieren nebenbei eine typisch deutsche Eigenart.

1. Spitz-findig-keit

Im Schwäbischen gibt es den Spruch „Hundert, rum oder num“, soll heißen, das macht gar nichts aus. In „Der andere Blick am Morgen“ der NZZ vom 9.7.2025 machten wir die folgende Entdeckung:

Im Beitrag selbst ist alles sehr anschaulich erklärt: sowohl das schwere Leben von Marie Curie, als auch ihr steiniger Weg bis zur Entdeckung der Radioaktivität (scrollen) und zum ersten Nobelpreis 1903. Überaus lesens- und sehenswert.

2. Spitz-findig-keit

Am Ufer der Themse

Von dem Londoner Arthur Smyth im Jahre 1852, also 15 Jahre vor der Geburt von Marie Curie, erzählt Elif Shafak in dem Buch „Am Himmel die Flüsse„* (Hanser, München 2024, 28 €). Auf den S. 68-80 ist das Schlüsselereignis in der „Lumpenschule für Knaben“ am Ufer der Themse – ausgehend von einer Rechenaufgabe – beschrieben, die den Jungen ein paar Jahre später zur genialen Entzifferung der Keilschrift geführt hat. Ungewollt legt er sich dabei mit einem neuen Lehrer an, der ihn zum Rektor schleift, den er gewollt nach einer Prügelstrafe mittels seines phänomenalen Gedächtnisses bloßstellt – und sich selbst dadurch dauerhaft den Weg zur Schule verbaut.

Aufgabenstellung: „Ein Gentleman hat seinen vier Erben eine beträchtliche Summe vermacht. Der älteste Sohn erhielt 488 Pfund und 5 Shillings mehr als der jüngste. Die beiden mittleren Söhne bekamen 300 Pfund und 10 Shillings. Das dritte Kind erbte 60 Pfund mehr als sein jüngster Bruder, dem ein Viertel dessen vermacht wurde, was der älteste Bruder erhielt. Errechnet nun die gesamte Summe, die dieser gütige Vater seinen Söhnen hinterlassen hat.“ Dabei gilt vier Viertelpennys ergeben einen Penny, zwölf Pennys einen Shilling und zwanzig Shillings ein Pfund.

Das Problem, Arthur realisiert als einziger, dass der Lehrer einen Rechenfehler gemacht hat. Weder die falsche, noch die richtige Lösung sind übrigens im Buch beschrieben, wer will, kann sich selbst daran versuchen. Das Ergebnis einfach über unsere Kommentarspalte eingeben – nur die erstmalig eingegebene richtige Zahl wird „scharfgestellt“.

Auf der Themse

Ein anderes Ereignis mit sehr langer Tradition – seit 1186 genau – findet gegenwärtig auf der Themse statt, wie auf faz-net vom 10.7.2025 beschrieben: „Seit mehr als 800 Jahren lässt der König jeden Sommer auf der Themse Schwäne zählen – von The King’s Swan Marker. Früher diente die Tradition dazu, die Leibspeise der Royals zu sichern.“

„Es ist eine der vielen schrulligen Traditionen, die es nur im Vereinigten ­König­reich geben kann. Fünf Tage lang ­rudern Männer mit roten Uniformen in ­al­ten Holzbooten über die Themse, unter der Flagge des Königs, und zählen dessen Eigentum: die Schwäne. Am Ufer helfen Hunderte Schaulustige tatkräftig mit oder machen gemütlich ein Picknick. … Über all dem wacht The King’s Swan Marker, und das ist seit 1993 David Barber MVO.“

„Bis heute behält der König das Recht, jeden Schwan auf der Themse für sich zu beanspruchen. Mittlerweile ist die größte Gefahr für den 15 Kilogramm schweren Vogel jedoch nicht mehr, auf dem Grill zu landen. Stattdessen setzen ihm Hunde, Angelschnüre und Luft­gewehre zu.“ Die Zählung dient dem Schutz der Schwäne, auch um Schulkindern den Vogel des Königs näherzubringen und letztendlich „… die Tradition fortleben zu lassen.“

3. Spitz-findig-keit

Über die „Begleitmusik“ beim Aufbau des neuen Digitalministeriums findet Johannes Winkelhage – FAZ Pro Digitalwirtschaft vom 9.7.2025 – deutliche Worte.

„Kaum ist er im Amt, wird der neue Digitalminister Karsten Wildberger kritisiert, und es wird gemäkelt. Das ist weder fair noch angemessen. Es fehlt ein wenig Geduld. Es ist 39 Jahre her, dass in Deutschland zuletzt ein neues Ministerium gegründet wurde. Im Jahr 1986 hob man nach der Reaktorkatastrophe in Tschernobyl das Umweltministerium aus der Taufe. Jetzt war es wieder so weit, und ein Digitalminister ist im Amt – mit einem neuen Haus.“

Und: „Diese typisch deutsche Stänkerei ist nicht förderlich und auch unfair. … Es wird ein wenig mehr Zeit als ein paar Wochen brauchen, bis sich das neue Haus findet und der Minister auf eine schlagkräftige und geeinte Truppe zurückgreifen kann. Dabei braucht er allerdings auch Unterstützung.“ Unter anderem die Rückendeckung vom Kanzler, Unterstützung aus der Wirtschaft und den Verbänden, denen an der Verwaltungsvereinfachung und Entbürokratisierung gelegen ist und das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger, dass es besser, schneller und einfacher wird. „Es ist unredlich, jetzt schon den Knüppel aus dem Sack zu holen und die Rumpftruppe, die Wildberger zur Verfügung steht, zu verdreschen. Dafür ist das Thema insgesamt zu wichtig.“

#PreppoKompakt

Nicht dass wir es vergessen: Heute ist der vom Bund der Steuerzahler Deutschland e.V. (BdSt) jedes Jahr ausgerufene „Steuerzahlergedenktag“. Auf den 13. Juli fällt er laut der Prognose des Deutschen Steuerzahlerinstituts des BdSt. „Damit müssen die Bürger in diesem Jahr voraussichtlich zwei Tage länger für staatliche Kassen arbeiten als im Vorjahr.“ Wer genau wissen will, bis zu welchem Tag er/sie persönlich für öffentliche Kassen arbeiten muss, das heißt auch, wieviel vom Einkommen letztendlich verbleibt, kann dies im Belastungs-Check 2025 ganz einfach ermitteln. Dort rechts oben im Bild tickt übrigens unaufhörlich die Schuldenuhr.

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