8 minutes
Spitz oder Spitze sind in aller Regel pointierte Aussagen zum Zeitgeschehen. Dies kann, muss aber nicht die Politik betreffen. Es kann auf die Gegenwart oder auch auf die Vergangenheit gemünzt sein. Spitz ist eine Aussage dann, wenn sie sticht, der betreffenden Person oder Personengruppe wehtut, spitze, wenn sie ausgezeichnet formuliert ist und im Idealfall zudem die Wahrheit abbildet. Fi/ündig, wenn der beschriebene Umstand nicht ganz offensichtlich, also erst zu ergründen ist. Und -keit lässt auf unterschiedliche menschliche Eigenheiten/-schaften schließen, wie beispielsweise Eitelkeit, Heiterkeit, Überheblichkeit oder, oder. Alles zusammengenommen eine echte Spitzfindigkeit. In unserer Kolumne ‚Spitz-findig-keit‘ zitieren wir in lockerer Folge jeweils zwei oder drei Aussagen und verschonen dabei auch nicht klassische Denkerinnen und Denker.
Um Denkanstöße zu geben, die Freude am Formulieren zu wecken – nichtzuletzt auch um dem Humor in unserer doch etwas trostloseren Zeit wieder mehr Geltung zu verschaffen. Erhöht das Wohlbefinden. Packen wir es an! Ich sage nicht, wir schaffen das. Aber wir probieren es auf jeden Fall!

Vorbemerkung
Es gibt nach Immanuel Kant auch eine falsche Spitzfindigkeit, die wir uns hier allerdings nicht zu eigen machen wollen. Wer dem dennoch nachgehen möchte – Die falsche Spitzfindigkeit der vier syllogistischen Figuren – kann dies hier gerne tun.
Heute machen wir uns dafür lieber ein paar Gedanken zum Glücklichsein – wie schon in unserer Preppo-Philosophie fürs Wohlbefinden verankert -, erfreuen uns, zumindest soweit wir ihn verstehen, am plattdeutschen Dialekt, und überdenken einen Kommentar der NZZ zum Welttag der Jugendlichen vom vergangenen Dienstag.
1. Spitz-findig-keit
Faz-net vom 10.8.2025 befragt in der Person von Johanna Dürrholz den finnischen Professor Frank Martela zum Glücklichsein (hinter Schranke). Wie wir aus dem in der #210 beschriebenen Weltglücksbericht wissen, leben in Finnland die im Weltmaßstab glücklichsten Menschen.
Frank Martela
„Wir haben in Finnland nie darüber nachgedacht, dass wir glücklich sein könnten. Unser Selbstbild ist so: Wir sind eher introvertiert und melancholisch, hören gerne traurige Musik und reden nicht allzu viel über unsere Gefühle. Darum war es schon eine Überraschung.“
Frage: „Sie schreiben von der Gefahr, dass Menschen, die zu sehr nach Glück streben, irgendwann Egoisten werden. Sind wir nicht längst in diesem Egoismus-Zeitalter angekommen?
Wir setzen den Fokus aufs Individuum, das stimmt. Das passt aber nicht dazu, wer wir eigentlich sind: Menschen sind soziale Tiere. Wir leben in Stämmen. Und wir brauchen andere Menschen um uns herum. Wir müssen uns wieder darauf besinnen, dass wir mit anderen Menschen in Verbindung stehen und das immer tun werden. Gemeinschaften stärken, eine Community formen: Auch das verhilft zum Glücklichsein. Es gibt ziemlich viel Forschung darüber, dass Menschen, die einen positiven Einfluss auf das Leben anderer Menschen haben, selbst auch glücklicher sind. Es tut uns also gut, nicht nur an unser Glück zu denken – sondern auch an das Glück der anderen. Einer der einfachsten Tipps zum Glücklichsein ist darum: Versuch, die Menschen um dich herum glücklich zu machen!“
Frage: „Sie schreiben außerdem: Um glücklich zu sein, sollten wir uns von unseren Erwartungen verabschieden. Aber macht es uns nicht auch glücklich, ein bestimmtes Ziel zu haben und dieses zu verfolgen?
Es ist gut, Ziele zu haben. Sie geben uns Energie und ein Gefühl von Sinnhaftigkeit. Wir sollten aber nicht zu sehr an einzelnen Zielen hängen. Es ist ja klar, dass wir nie alle Ziele in unserem Leben erreichen können. Wenn ich ein Leben lang denke: Wenn ich nur dieses Ziel erreiche, dann bin ich glücklich – dann wird es sich unter Umständen gar nicht so gut anfühlen, es zu erreichen, wie ich vorher dachte. Vielmehr ist es wichtig, dass wir den Weg hin zum Ziel genießen. Das harte Arbeiten an einem hochgesteckten Ziel ist es, was glücklich oder zufrieden macht.“
Arthur Schopenhauer
Gehen wir zu einem anderen Ostseeanlieger. Arthur Schopenhauer (1788 – 1860), der in Danzig geborene Philosoph, hat in seinem zweibändigen Werk „Parerga und Paralipomena“ aus dem Jahre 1851 (Erster Band. Aphorismen zur Lebensweisheit. Kapitel 2: Von dem, was einer ist), die Heiterkeit der Sinne, sprich die Fröhlichkeit als wesentlichste Ursache für das Glücklichsein ausgemacht.
„Was nun aber, von jenen allen, uns am unmittelbarsten beglückt, ist die Heiterkeit des Sinnes: denn diese gute Eigenschaft belohnt sich augenblicklich selbst. Wer eben fröhlich ist hat allemal Ursache es zu sein: nämlich eben diese, daß er es ist. Nichts kann so sehr, wie diese Eigenschaft, jedes andere Gut vollkommen ersetzen; während sie selbst durch nichts zu ersetzen ist.“
2. Spitz-findig-keit
„Mit’nanner. Vertell doch mal!“ Ein Buch mit den 25 besten Geschichten des größten niederdeutschen Erzählwettbewerbs, herausgegeben vom Norddeutschen Rundfunk, Verlagsgruppe Husum 2025. Bereits zum 37. Mal wurde dieser beliebte Schreibwettbewerb ausgelobt. Die Prämierung fand am 22. Juni im Beisein meines Bruders Uwe im Ohnsorg-Theater in Hamburg statt. Und so kam das Büchlein mit den 109 Seiten in meine Hände.

Nur ein, eher zufällig ausgewähltes Beispiel – auf den Seiten 60 bis 63 – „Keen Ahnen“ von Jürgen Kropp – hier seine Internetseite. Im schönsten Plattdeutsch wird die Geschichte einer Frauengruppe unserer Zeit erzählt, die auf den Vorschlag einer bis dato Unbekannten hin, sich auf eine Häkelei einläßt, deren Ergebnis ebenfalls niemand kennt. „Dat weet blots Alva. Man de is Füer un Flamm för düsse Saak! Ik sülven weet blots, dat dat ’n heel gediegen Deel warn schall.“ Von den fünfunddreißig Frauen machen wahrhaftig dreiunddreißig mit. „Un düsse Saak, de bringt uns wedder tosamen. Dor kümmt dat op an! Nich veel fragen: Eenfach maken! Mitmaken!“ Aus den dreiunddreißig Einzelstücken entsteht zum Erstaunen aller wohl eine Fahne. „Ohauerha! Anscheten! Uns Fahn, de flattert uns … . Gor nicht lustig! Wokeen is denn egens düsse … Alva???“
Keine Ahnung – umsomehr Erstaunen, gemischt mit Erschrecken, denn es handelt sich dabei um das Fahnenlied der Hitlerjugend, dessen Refrain „Unsre Fahne flattert uns voran“ lautete.
3. Spitz-findig-keit
„Der andere Blick am Morgen“ vom 12.8.2025 – dem von den Vereinten Nationen ins Leben gerufenen Welttag der Jugendlichen – von Malte Fischer, Wirtschaftsredakteur der NZZ in Berlin (hinter Schranke).
„Derzeit kommen in Deutschland auf 100 Einwohner im Alter zwischen 20 und 64 Jahren 37 Einwohner im Alter ab 65. Bis 2035 wird die Relation von Alt zu Jung auf 49 zu 100 steigen. Steuert die Politik nicht gegen, wird durch das Kippen der demografischen Verhältnisse in der Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung eine Ausgabenexplosion in Gang gesetzt, die die Beiträge in konfiskatorische Grössenordnungen katapultiert.
Die Bundesregierung scheint sich der Illusion hinzugeben, die Jugendlichen würden das schon irgendwie stemmen. Doch da dürfte sie sich irren. Gerade die gut ausgebildeten Jugendlichen sind mobil und ungebunden. Schon jetzt verlassen jährlich rund 210 000 Menschen mit deutscher Staatsbürgerschaft im Alter von 20 bis 40 Jahren Deutschland, Tendenz steigend. Drei Viertel der Renegaten verfügen über einen Hochschulabschluss, und auch Handwerker mit dualer Ausbildung made in Germany sind international begehrt. Warum sollten sich diese Menschen in einem von geriatrischen Interessen geprägten Staatswesen finanziell rupfen lassen?“
#PreppoKompakt
Eine weitere, von der schwarz-roten Koalition zu lösende Aufgabe. Geben wir ihr die Zeit dazu, schenken wir uns die in der #226 beschriebene „Begleitmusik“. Carsten Linnemann, der CDU-Generalsekretär, bringt es in seinem Mitgliederbrief gestern auf den Punkt: „Der Motor läuft, aber jetzt muss der Turbo eingeschaltet werden. Wir müssen uns befreien aus der Umklammerung der Berliner Empörungswelt, in der es häufig nur noch darum geht, was man noch sagen darf und was nicht. Das lenkt ab von den wirklich wichtigen Dingen. Wir machen aber keine Politik für das Regierungsviertel, sondern für ganz Deutschland. Jetzt darf keiner mehr auf der Bremse stehen. Wir müssen jetzt weiter ins Machen kommen.“ Er plädiert für eine Einfach-mal-Machen-Mentalität. Wenn das Ziel klar ist, Mann/Frau eine Ahnung hat, wohin es gehen soll, dann wird das auch funktionieren.