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Spitz oder Spitze sind in aller Regel pointierte Aussagen zum Zeitgeschehen. Dies kann, muss aber nicht die Politik betreffen. Es kann auf die Gegenwart oder auch auf die Vergangenheit gemünzt sein. Spitz ist eine Aussage dann, wenn sie sticht, der betreffenden Person oder Personengruppe wehtut, spitze, wenn sie ausgezeichnet formuliert ist und im Idealfall zudem die Wahrheit abbildet. Fi/ündig, wenn der beschriebene Umstand nicht ganz offensichtlich, also erst zu ergründen ist. Und -keit lässt auf unterschiedliche menschliche Eigenheiten/-schaften schließen, wie beispielsweise Eitelkeit, Heiterkeit, Überheblichkeit oder, oder. Alles zusammengenommen eine echte Spitzfindigkeit. In unserer Kolumne ‚Spitz-findig-keit‘ zitieren wir in lockerer Folge jeweils zwei oder drei Aussagen und verschonen dabei auch nicht klassische Denkerinnen und Denker.
Um Denkanstöße zu geben, die Freude am Formulieren zu wecken – nichtzuletzt auch um dem Humor in unserer doch etwas trostloseren Zeit wieder mehr Geltung zu verschaffen. Erhöht das Wohlbefinden. Packen wir es an! Ich sage nicht, wir schaffen das. Aber wir probieren es auf jeden Fall!

Vorbemerkung
Es gibt nach Immanuel Kant auch eine falsche Spitzfindigkeit, die wir uns hier allerdings nicht zu eigen machen wollen. Wer dem dennoch nachgehen möchte – Die falsche Spitzfindigkeit der vier syllogistischen Figuren – kann dies hier gerne tun.
Heute schauen wir uns dafür lieber die Trendwende in der Ernährung weltweit an, lernen mit Gerd etwas anzufangen und verfolgen zudem den Weg der Serviette.
1. Spitz-findig-keit
Auf faz-net vom 10.9.2025 festgehalten (hinter Schranke): Globale Trendwende in der Ernährung – erstmals gibt es laut Unicef auf dieser Welt mehr übergewichtige als unterernährte Kinder. „Dem Unicef-Ernährungsbericht zufolge ging Untergewicht bei Kindern im Alter von 5 bis 19 Jahren seit 2000 von rund 13 Prozent auf 9,2 Prozent zurück, während Fettleibigkeit von 3 Prozent auf 9,4 Prozent stieg. Damit trete Fettleibigkeit erstmals in den meisten Regionen der Welt häufiger auf als Untergewicht – mit Ausnahme von Subsahara-Afrika und Südasien.“
Der Bericht stützt sich auf mittels Haushaltsbefragungen, modellierten Schätzungen, Prognosen und Umfragen gewonnenen Daten aus über 190 Ländern. Je höher das Einkommen, desto höher der Anteil adipöser Kinder und Jugendlicher, „… beispielsweise 27 Prozent der 5- bis 19-Jährigen in Chile, 21 Prozent in den USA und ebenfalls 21 Prozent in den Vereinigten Arabischen Emiraten. … In Deutschland sind die Zahlen … relativ konstant. Jedes vierte deutsche Kind im Alter von 5 bis 19 Jahren ist demnach übergewichtig, mit leicht steigender Tendenz: von 24 Prozent im Jahr 2000 auf 25 Prozent im Jahr 2022. Der Anteil adipöser Kinder in dieser Altersgruppe ist bei acht Prozent konstant.“
Stark verarbeitete Lebensmittel und Fast Food seien oft preiswert zu bekommen und würden aggressiv vermarktet. „Stark verarbeitete Lebensmittel ersetzen zunehmend Obst, Gemüse und Proteine in einer Lebensphase, in der Ernährung eine entscheidende Rolle für das Wachstum, die kognitive Entwicklung und die psychische Gesundheit von Kindern spielt.“
2. Spitz-findig-keit
Wer oder was ist Gerd? Die NZZ vom 10.9.2025 (hinter Schranke) klärt mit Text und eindrücklichen Bildern auf.
„Für das eine Land ist er ein glorreicher Triumph – mit seiner Eröffnung beginnt eine Zukunft, in der sich Äthiopien endlich aus der Armut befreien wird. Für zwei andere Länder, flussabwärts gelegen, ist er die ultimative Bedrohung – ein Bauwerk, das die Existenz von Millionen Menschen gefährdet, weil ihnen womöglich das Wasser ausgeht. Am Dienstag hat Äthiopien den grössten Staudamm Afrikas eingeweiht, er ist auch einer der grössten der Welt. Der Grand Ethiopian Renaissance Dam (Gerd) ist 1,8 Kilometer breit, 175 Meter hoch und kann bei voller Kapazität einen Stausee füllen, der fast viermal so gross ist wie der Bodensee.“
Ein altes Sprichwort lautet „Des einen Freud, des/r anderen Leid“. Ägypten und Sudan, ersteres am stärksten, befürchten durch Gerd gravierende Nachteile, aber muss das sein? Beispielsweise kann der nach einer Bauzeit von 14 Jahren fertiggestellte Damm Überschwemmungen im Sudan vermeiden und große Teile der Region mit Strom versorgen. Die drei Länder mit einer Bevölkerung von 270 Millionen Menschen – der Sudan davon mit rund 50 Millionen, die anderen beiden Länder etwa gleich groß – müssen nur noch das „Kunststück“ vollbringen, sich friedlich auf gemeinsame Ziele und Abläufe zu einigen und das auch zu praktizieren. Zugegeben keine leichte Aufgabe.
Auf der Achse des Guten vom 11.9.2025 sind weitere Einzelheiten zu Gerd festgehalten.
3. Spitz-findig-keit
Vor langer Zeit, im alten Rom, saßen reiche Gäste an langen Tafeln. Sie brachten ihre mappa mit – ein Tuch, das sie auf den Schoß legten. Damit wischten sie Hände und Mund – und manchmal steckten sie sogar Reste vom Festmahl hinein, um diese später zu verzehren. Tausende Kilometer entfernt, in China, wurde um das Jahr 100 n. Chr. das Papier erfunden. Es dauerte nicht lange, bis man entdeckte, dass sich diese feinen Blätter auch bei Tisch nutzen ließen. Zur Zeit der Teezeremonien im 10. Jahrhundert benutzte man kleine quadratische Papiere, auf die Teeschalen gestellt wurden – die frühen Verwandten unserer Papierserviette. Von China aus reiste das Wissen um das Papier nach Japan und Korea, wo es nicht nur zum Schreiben, sondern auch für Rituale, Feste und als praktischer Helfer diente.
In Europa aber herrschte lange die Stoffserviette vor. Sie war prunkvoll, aufwendig gefaltet und ein Symbol des Wohlstands – Burgen und Paläste kannten nichts anderes. Erst mit der Industrialisierung im 19. Jahrhundert änderte es sich. Fabriken stellten Papier aus Zellstoff her und plötzlich wurde es billig, leicht und überall verfügbar. Im Jahr 1907 brachte eine deutsche Firma die ersten Einweg-Papierservietten heraus. Anfangs belächelt – „Das kann doch niemals die feine Stoffserviette ersetzen!“ -, fanden sie bald ihren Weg in Cafés, Restaurants und schließlich in fast jedes Zuhause. Papierservietten wurden weltweit beliebt – praktisch, hygienisch und bunt bedruckt.
Und so hat die Serviette eine weite Reise hinter sich: von den Römern mit ihren Tüchern, über die Chinesen, die dafür das Papier neu entdeckten, bis in die moderne Welt, wo sie heute in unzähligen Farben und Mustern unsere Tische schmückt.
An der Geschichte hat übrigens KI mitgestrickt. Folgt noch ein Beispiel für eine schöne Serviette aus dem Hause Rossmann:

#PreppoKompakt
Gerd hört und fühlt sich ein bißchen an wie Maga. Nur dass Donald Trump mit seinem „Make America Great Again“ etwas später dran war und noch lange nicht am Ziel ist, während der „Grand Ethiopian Renaissance Dam“ schon Strom liefert und in der Tat das Potenzial hat, die positiven Phasen in der Geschichte dieses Vielvölkerstaats am Horn von Afrika wieder aufleben/-erstehen zu lassen.