Spitz-findig-keit #242

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Spitz oder Spitze sind in aller Regel pointierte Aussagen zum Zeitgeschehen. Dies kann, muss aber nicht die Politik betreffen. Es kann auf die Gegenwart oder auch auf die Vergangenheit gemünzt sein. Spitz ist eine Aussage dann, wenn sie sticht, der betreffenden Person oder Personengruppe wehtut, spitze, wenn sie ausgezeichnet formuliert ist und im Idealfall zudem die Wahrheit abbildet. Fi/ündig, wenn der beschriebene Umstand nicht ganz offensichtlich, also erst zu ergründen ist. Und -keit lässt auf unterschiedliche menschliche Eigenheiten/-schaften schließen, wie beispielsweise Eitelkeit, Heiterkeit, Überheblichkeit oder, oder. Alles zusammengenommen eine echte Spitzfindigkeit. In unserer Kolumne ‚Spitz-findig-keit‘ zitieren wir in lockerer Folge jeweils zwei oder drei Aussagen und verschonen dabei auch nicht klassische Denkerinnen und Denker.

Um Denkanstöße zu geben, die Freude am Formulieren zu wecken – nichtzuletzt auch um dem Humor in unserer doch etwas trostloseren Zeit wieder mehr Geltung zu verschaffen. Erhöht das Wohlbefinden. Packen wir es an! Ich sage nicht, wir schaffen das. Aber wir probieren es auf jeden Fall!

Vorbemerkung

Es gibt nach Immanuel Kant auch eine falsche Spitzfindigkeit, die wir uns hier allerdings nicht zu eigen machen wollen. Wer dem dennoch nachgehen möchte – Die falsche Spitzfindigkeit der vier syllogistischen Figuren – kann dies hier gerne tun.

Heute bewegen wir uns dafür lieber etwas im Reich der Musik und nehmen einen Kabarettisten wahr, dem es bei seiner Kunst immer auch um höhere Werte geht.

1. Spitz-findig-keit

Die NZZ vom 28.10.2025 (hinter Schranke) zu Taylor Swifts neuem Album – wir haben es in der #240 „gewürdigt“. Offensichtlich hat ein Bild des Malers Friedrich Heyser im Museum Wiesbaden sie zum Lied und dem entsprechenden Videoclip inspiriert. „Mit ihrem Song ‚The Fate of Ophelia‘ des kürzlich erschienenen Albums ‚The Life of a Showgirl‘ erweckt Taylor Swift Ophelia, die sich aus Liebeskummer das Leben genommen hat, gleichsam aus ihrem Dornröschenschlaf und wieder zum Leben. Vor allem aber hat Taylor Swift nun auch Friedrich Heyser aus dem Vergessen der Kunstgeschichte geküsst – er würde es ihr sicher danken.“

„Seine Ophelia, die eine Hand mit dem Blumenkranz an der Brust, blickt zur Seite, wohl ans Ufer, und streckt die andere Hand in diese Richtung aus. Vielleicht soll damit eine zum Abschied winkende Geste angedeutet werden. Vielleicht aber könnte Ophelia auch nach einer rettenden Hand Ausschau halten.“ Im Gegensatz zu Shakespeares Drama „Hamlet“ ertrinkt Ophelia nicht und entgeht ihrem traurigen Schicksal.

Sogar die Tagesschau vom 9.10.2025 sah sich zu einer „Eilmeldung“ veranlasst. Taylor Swifts Lied zum guten Ende der Ophelia ist auf YouTube rund vier Minuten lang anzuhören und anzusehen. Rund 94 Millionen Aufrufe kann es bis dato verzeichnen.

2. Spitz-findig-keit

Einem wunderbaren Abend mit den Liedern von Udo Jürgens möchte ich meine Referenz erweisen. Der Schwarzwälder Bote vom 27.10.2025 legt mit seinem reichlich bebilderten Bericht dafür den Grundstock. Der Liederkranz Onstmettingen sorgte zusammen mit dem Benefizchor aus Stetten am kalten Markt bei den Besucherinnen und Besuchern am vorletzten Samstag rund drei Stunden lang in der vollbesetzten Festhalle für eine fast grenzenlose Begeisterung. Unser kleines Video verleiht dieser überbordenden Freude Ausdruck.

Keine Schiffsreise nach New York, sondern einen Rundflug vom Degerfeld aus in die nähere Umgebung gewann eine Onstmettinger Seniorin. Sie hatte, wie viele andere, das einzige Lied des Abends erkannt, das nicht aus der Feder von Udo Jürgens stammte, nämlich „Mambo“ von Herbert Grönemeyer. Ihr half dabei die Losfee samt -glück. Wie es mit dem Glücksspiel wohl bei den beiden noch ausstehenden Aufführungen in Stetten am 8. und 9. November abläuft?

3. Spitz-findig-keit

Die NZZ vom 27.10.2025 (hinter Schranke): „Freiheit, Fortschritt und Innovation gibt es nur um den Preis der Unberechenbarkeit. Deshalb braucht es ein neues Denken in Deutschland, sagt der Kabarettist Vince Ebert. Er ist gerade mit der Hayek-Medaille ausgezeichnet worden.“ Aus seiner von der NZZ wiedergegebenen Dankesrede zur Preisverleihung nachfolgend vier Schlüsselgedanken.

„Wir Deutschen sind stolz auf unsere Demokratie, aber der Geist der Freiheit ist uns suspekt. In Wahrheit jedoch bedeutet die blosse Tatsache, dass der Wille des Volkes in einer freien Wahl zum Ausdruck kommt, erst mal nicht sehr viel. Demokratie bedeutet lediglich, dass zehn Füchse und ein Hase darüber abstimmen können, was es zum Abendessen gibt. Freiheit dagegen bedeutet, dass der Hase mit einer Schrotflinte die Wahl anfechten kann.“

„Freiwillig und ohne Not haben wir der Politik Einflussbereiche übertragen, die wir nun kaum mehr zurückbekommen. Doch genau das müssen wir. Denn laut Verfassung sind Politiker nichts weiter als unsere Angestellten, das vergessen wir oft. Es sind keine Fürsten oder Lehnsherren, die uns in ihrer unermesslichen Gnade irgendwelche Rechte zugestehen. Es ist genau umgekehrt. Wir, das Volk, und nicht irgendein Kasper in Berlin oder Brüssel sind der Souverän dieses Landes.“

„Wir brauchen dringend ein neues Denken in diesem Land. Wir müssen raus aus unserer selbstverschuldeten Unmündigkeit. In unserer vollkaskoversicherten Lebensplanung haben wir vergessen, was die Grundvoraussetzungen für Wohlstand, für Fortschritt und für Freiheit sind: Wagemut, Eigenverantwortung und Selbstbestimmung.“

„Haben Sie trotz allem Irrsinn Spass. Denn das Leben ist so wahnsinnig kurz. Tun Sie daher öfter etwas Unangepasstes, etwas Verrücktes. Lassen Sie den Freiheitskämpfer aus sich heraus: Schenken Sie einem Gewerkschafter einen FDP-Kugelschreiber. Putzen Sie Ihre Zähne morgens mit Elmex und abends mit Aronal. Brechen Sie die Regeln und pinkeln Sie beim nächsten Schwimmbadbesuch einfach mal ins Becken. Und wenn Sie wirklich mutig sind – auch vom Fünfer!“

Widmung

Meiner Mutter Ingeborg gewidmet, die heute ihren 99. Geburtstag feiern könnte. Die Lieder von Udo Jürgens, wie beispielsweise „Griechischer Wein“, bedeuteten ihr viel. Und was „Aber bitte mit Sahne“ anbelangt, so hat sie uns ausgezeichnete Schwarzwälder Kirschtorte aufgetischt. Sie hat uns zudem viel Liebe und Zuneigung gegeben. Der 2. November, das Fest Allerseelen, ist ja auch der (eigentliche) Totengedenktag.

#PreppoKompakt

Soll Mann/Frau nun ins Schwimmbecken pinkeln, zudem gleich vom 5 Meter-Turm? Die klare Botschaft meiner Eltern wäre, „so etwas tut man nicht“. Gut ist auf jeden Fall die vehemente Diskussion unter der NZZ-Leserschaft mit über 140 Kommentaren/Anmerkungen, die von „Naja. Am Ende eines guten Vortrags ein unglückliches Beispiel. Denn ebendies wäre nicht mutig, sondern geschmacklos, rücksichtslos – und dumm“ bis zu „Pinkeln vom Fünferbrett ist in diesem Text metaphorisch gemeint, das sollte wohl klar ersichtlich sein. Aber eben, schon fühlt sich ein selbst berufener Kritiker berechtigt, seine Kleingeistigkeit öffentlich zu machen“ reichen. So geht Meinungsfreiheit.

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