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Spitz oder Spitze sind in aller Regel pointierte Aussagen zum Zeitgeschehen. Dies kann, muss aber nicht die Politik betreffen. Es kann auf die Gegenwart oder auch auf die Vergangenheit gemünzt sein. Spitz ist eine Aussage dann, wenn sie sticht, der betreffenden Person oder Personengruppe wehtut, spitze, wenn sie ausgezeichnet formuliert ist und im Idealfall zudem die Wahrheit abbildet. Fi/ündig, wenn der beschriebene Umstand nicht ganz offensichtlich, also erst zu ergründen ist. Und -keit lässt auf unterschiedliche menschliche Eigenheiten/-schaften schließen, wie beispielsweise Eitelkeit, Heiterkeit, Überheblichkeit oder, oder. Alles zusammengenommen eine echte Spitzfindigkeit. In unserer Kolumne ‚Spitz-findig-keit‘ zitieren wir in lockerer Folge jeweils zwei oder drei Aussagen und verschonen dabei auch nicht klassische Denkerinnen und Denker.
Um Denkanstöße zu geben, die Freude am Formulieren zu wecken – nichtzuletzt auch um dem Humor in unserer doch etwas trostloseren Zeit wieder mehr Geltung zu verschaffen. Erhöht das Wohlbefinden. Packen wir es an! Ich sage nicht, wir schaffen das. Aber wir probieren es auf jeden Fall!
Vorbemerkung
Es gibt nach Immanuel Kant auch eine falsche Spitzfindigkeit, die wir uns hier allerdings nicht zu eigen machen wollen. Wer dem dennoch nachgehen möchte – Die falsche Spitzfindigkeit der vier syllogistischen Figuren – kann dies hier gerne tun.
Irrsinn/Wahnsinn – nimmt er zu oder nehmen wir ihn, weil sensibler geworden, nur verstärkt wahr? Auf jeden Fall ein weites, gut bestelltes Feld für unsere heutigen Spitzfindigkeiten.
1. Spitz-findig-keit
Nachdem das Wort nun schon hier im Gebrauch war, nachfolgend der Hinweis auf die auf der Achse des Guten monatlich veröffentlichte „Chronik des Irrsinns“ von Claudio Casula. Für den August hat er 44 Fälle dokumentiert – wir wecken mit neuneinhalb einschlägigen Beispielen den Appetit aufs Ganze.
Nr. 3 – Claudia Kemfert, Wirtschaftswissenschaftlerin und Energiewende-Märchenerzählerin der Nation, nennt die Argumente gegen die Energiewende – wie Dunkelflaute und dass nachts die Sonne nicht scheint – „altbewährte Mythen“.
Nr. 7 – Oops, they did it again: Das ZDF macht auf einem Bild erneut – wie schon im Februar – den aus einem AKW-Kühlturm aufsteigenden Wasserdampf zu dunklem Rauch.
Nr. 9 – In einem tagesthemen-Kommentar meint eine Sabrina Fritz, der Staat gebe Milliarden für Elektroautos, neue Medikamente oder dass wir günstig mit der Bahn fahren. Er könne aber „nicht immer nur geben, er muss auch mal nehmen“. Ach, wissen Sie, Sabrina: Der Staat gibt doch nur, was er uns vorher genommen hat! Man nennt das Steuern. Und davon nimmt der deutsche Staat viel. Er nimmt uns auch monatlich 18,36 Euro, damit wir uns Ihren gequirlten Mist anhören müssen.
Nr. 11 – Der Chef des Umweltbundesamtes, der den Grünen nahestehende Dirk Messner, liebäugelt mit einer CO₂-Steuer für Kühe. Die furzen nämlich alle drei Minuten und emittieren so übers Jahr jeweils 100 kg Methan. Wie üblich eine Milchmädchenrechnung, weil die Rindviecher nicht mehr Treibhausgase ausstoßen als die Pflanzen, die sie fressen, vorher durch Photosynthese gebunden haben. Aber Geld stinkt ja nicht, wusste schon der römische Kaiser Titus Flavius Vespasianus.
Nr. 14 – Genderei im Endstadium: In der WDR-Sendung „Lokalzeit“ stellt Moderator Stefan Fuckert seine Interviewpartnerin als „Intensivkrankenschwesterin“ vor. Ich habe mich nicht verhört, er sagt es dann gleich nochmal. Auch WDR-Moderatorin Catherine Vogel spricht von einer „Krankenschwesterin“. Laut Sender ein „Versprecher“. Hä? Eine Versprecherin, wenn schon!
Nr. 16 – In Dortmund ist Einmann mit einem Messer auf Polizisten losgegangen, die erschossen ihn in Notwehr. Jetzt avanciert der 16-Jährige aus dem Senegal posthum zum George Floyd der Bundesrepublik. „Ich spüre, dass man aufgewühlt ist“, sagt Dortmunds Oberbürgermeister Thomas Westphal (SPD) bei der Trauerfeier in der Abu-Bakr-Moschee. „Weil in unserer Stadt ein 16 Jahre junger Mann durch einen Polizeieinsatz zu Tode gekommen ist.“ Und: „Mouhamed hat auf der Flucht alles verloren: Seinen Vater. Seine Mutter. Seinen Bruder.“ Wenig später trifft der WELT-Reporter Tim Röhn die Angehörigen Mouhamed D.s im Senegal. Seinen Vater. Seine Mutter. Und die neun Geschwister.
Nr. 20 – Im Vergleich etwa zu den Rentnern in Italien, die 91,8 Prozent des letzten Nettoeinkommens bekommen, in Österreich (89,9 Prozent) und den Niederlanden (80,2 Prozent) sind die Deutschen, die auch noch länger arbeiten, mit 51,9 Prozent ganz arm dran. Wir liegen sogar weit unter dem europäischen Durchschnitt. Das Bundeswirtschaftsministerium behauptet dennoch bei Twitter, dass „das deutsche Rentenniveau eines der höchsten in der Welt“ sei. Jetzt warten wir auf die offizielle Losung: „Armut ist Reichtum“.
Nr. 32 – Ein Grüner, wie er leibt und lebt: Winfried „Waschlappen“ Kretschmann hat auf Einladung des Bürgermeisters von Bad Wurzach die 170 Kilometer von Rheinfelden mit dem Helikopter zurückgelegt. Flugzeit: 45 Minuten, Verbrauch: 260 Liter Kerosin, Kosten: 4.000 Euro. Ging nicht anders, aufgrund seines engen Terminkalenders. (Wohl berechtigter Hinweis in einem der über 40 Kommentare: das war schon Ende 2018 – JG).
Nr. 33 – Justizminister Marco Buschmann: „Waschlappen haben in der Politik nichts verloren.“ Das ist doch mal eine originelle Rücktrittsankündigung!
Nr. 43 – Die Ärzte distanzieren sich von ihrem eigenen Lied „Elke“ (Textzeile hier ausgelassen, deshalb nur halb gezählt, siehe unten – JG) aus dem Jahr 1988. Von Konzertgästen aufgefordert, das Lied zu spielen, weigert sich die Band. Farin Urlaub: „Nee, Leute. Elke ist fatshaming und misogyn. So was spielen wir nicht mehr, das ist letztes Jahrtausend.“ Das wäre ja auch anstößig und eine Provokation, das wäre geradezu Punk! Nee, Leute…
2. Spitz-findig-keit
Zur Auslassung ist auf dem Portal DERWESTEN am 1.9.2022 zu lesen: „Die Ärzte“: TV-Star rastet nach „Elke“-Zoff aus – „Ideologischer Wahnsinn“. Sogar die NZZ greift am 31.8.2022 das Thema auf – und bringt neben der wechselvollen Geschichte der 1982 gegründeten Band (sind 40, wie die „Toten Hosen“, also im gescheiten Schwabenalter), den Hintergrund der Entstehung des Liedes „Elke“, wie auch dessen von Urlaub entworfenen Wortlaut.
Wenn ich über mir bekannte Elkes nachdenke, dann fallen mir nur zwei ein. Eine arbeitsame, an der Vergangenheit interessierte Cousine zweiten Grades aus Vaters Geburtsstadt sowie eine schlanke, eloquente Person, die Frau eines alten Schulfreundes von der Alb. Auf der Stelle assoziiere ich niemanden locker mit solch einem Lied, über kurz oder Lang vielleicht schon.
3. Spitz-findig-keit
Hatte nicht die Ko-Vorsitzende der Grünen, Ricarda Lang, vor kurzem ihre gewichtige Stimme eingebracht – wie in faz-net am 31.7. und hier bei uns am 30.8.2022 festgehalten. Womit wir wieder beim Ausgangspunkt angelangt wären.
Und hier geht es mit dem Irrsinn unvermindert weiter.
#PreppoKompakt
Der Sprecher von Die Ärzte, Farin Urlaub, hat schon recht: man darf Nilpferde nicht zu Tode reiten, sie sind geschützt. Irgendwann muss Schluss sein. Unbeschadet davon legt bei uns der Irrsinn/Wahnsinn ganz offensichtlich weiter kräftig zu.