Spitz-findig-keit #12

Spitz oder Spitze sind in aller Regel pointierte Aussagen zum Zeitgeschehen. Dies kann, muss aber nicht die Politik betreffen. Es kann auf die Gegenwart oder auch auf die Vergangenheit gemünzt sein. Spitz ist eine Aussage dann, wenn sie sticht, der betreffenden Person oder Personengruppe wehtut, spitze, wenn sie ausgezeichnet formuliert ist und im Idealfall zudem die Wahrheit abbildet. Fi/ündig, wenn der beschriebene Umstand nicht ganz offensichtlich, also erst zu ergründen ist. Und -keit lässt auf unterschiedliche menschliche Eigenheiten/-schaften schließen, wie beispielsweise Eitelkeit, Heiterkeit, Überheblichkeit oder, oder. Alles zusammengenommen eine echte Spitzfindigkeit. In unserer neuen Kolumne ‚Spitz-findig-keit‘ werden wir in lockerer Folge jeweils zwei oder drei Aussagen zitieren, dabei auch klassische Denkerinnen und Denker nicht verschonen.

Um Denkanstösse zu geben, die Freude am Formulieren zu wecken – nichtzuletzt auch um dem Humor in unserer doch etwas trostloseren Zeit wieder mehr Geltung zu verschaffen. Erhöht das Wohlbefinden. Packen wir es an! Ich sage nicht, wir schaffen das. Aber wir probieren es auf jeden Fall!

Spinzfindigkeit #12

Vorbemerkung

Es gibt nach Immanuel Kant auch eine falsche Spitzfindigkeit, die wir uns hier allerdings nicht zu eigen machen wollen. Wer dem dennoch nachgehen möchte – Die falsche Spitzfindigkeit der vier syllogistischen Figuren – kann dies hier gerne tun.

Wir konzentrieren uns lieber auf eine – wohl objektiv falsche, aber provokante – Spitzfindigkeit, die ganz aktuell den Gedanken eines Bundestagsabgeordneten in spe entsprungen ist. Und schauen welchen Rat man dem Einen oder der Anderen geben kann, damit auch im begonnenen Wahlkampf kein größerer, bleibender Schaden an seiner oder ihrer Person entsteht.

1. Spitz-findig-keit

Hans-Georg Maaßen, Verfassungschützer außer Diensten, ist es gewohnt „Prügel“ zu beziehen. Nachdem er das Grundgesetz nicht mehr von oberster Stelle aus schützen durfte, hat er sich nun auf den Weg in den Bundestag gemacht. Er kandidiert bei der Wahl im September für die CDU in Thüringen. Dabei liegen etliche Fallstricke aus – in einem hat er sich neulich leicht verheddert.

ACAB – darum geht es

Maaßen hat vor acht Tagen auf Twitter die Anfangsbuchstaben des vollständigen Namens der Kanzlerkandidatin der Grünen – Annalena Charlotte Alma Baerbock – mit dem Kürzel „ACAB“, sprich All Cops are Bastards (auf deutsch: alle Polizisten sind Mistkerle) verbunden – und gefragt: „Zufall oder Chiffre?“ Faz-net vom 7.6.2021 berichtete über seinen Tweet und insbesondere über die Reaktionen aus CDU und CSU, aber auch von Bündnis 90/Die Grünen (siehe unten).

Was heißt Chiffre? In der Literatur ein verrätseltes Symbol, von Maaßen wohl eher nur als Platzhalter und/oder rhetorisches Stilmittel gebraucht. Also bleibt nur reiner Zufall übrig. Und für die Namensgebung zeichnen in der Regel Kindseltern und vielleicht noch Taufpaten verantwortlich. Nachdem nun alle (wirklich alle?) irreführenden Angaben im Lebenslauf von Annalena B. korrigiert sind – wie Faz-net vom 5.6.2021 feststellt -, steht auch fest, dass die Namensgebung vor nunmehr über vierzig Jahren stattfand. Also keinerlei Bezüge zum Kürzel ACAB gegeben sein können. Vermutlich hat Herr Maaßen – anstatt am Samstagabend den Schlagercountdown im Ersten oder die größten Fernsehmomente der Welt im RTL zu verfolgen oder gar nebenher – zufällig das Buchstabenspiel entdeckt, sich gefreut – und weil sein Handy in der Nähe lag, einfach mal losgetwittert. Fast schon wie zu seinen Hochzeiten Donald – Duck hätte ich fast geschrieben, natürlich – Trump.

Guter Rat ist billig

Über Namen und die Namensgebung sollte man sich nicht auslassen, weil zumeist unveränderlich – das weiß man, wenn man es schon mal in solch einer Angelegenheit mit dem Standesamt zu tun hatte. Also, wenn überhaupt, dann nur um ein bißchen schmunzeln zu können.

In diesem Sinne: wenn Frau Baerbocks Ehemann Daniel Holefleisch überhaupt Fleisch holt, dann bestimmt kein Bärenfleisch. Die stellvertretende CSU-Vorsitzende Dorothee Bär möchte einen fairen Wahlkampf und grenzt sich deshalb von „unsäglichen“ Tendenzen wie Maaßens „absurdem“ Vergleich ab. Ihr Generalsekretär Markus Blume bezog sich auf dessen Umgang mit der AfD, wobei es auf eine ganz klare Abgrenzung, also auch Distanz ankomme. Denn – das hört sich markig an, aber selbst starker Blumenduft ist da chancenlos – „Du kannst ein Stinktier nicht überstinken.“ Einigermaaßen diszipliniert äußerte sich Katrin Göring-Eckardt, die Grünen-Bundestagsfraktionschefin. Maaßens Tweet sei ein Beispiel dafür, wie „auf die einzige Frau im Rennen gerade draufgehauen wird, … weit unter der Gürtellinie“. Punktum: auch die Kritik ist maaßlos übertrieben und genauso daneben, wie das auslösende Moment!

Also lasst die Waffen/Handys stecken. Manchmal ist es besser, nicht zu zwitschern, überlasst das den richtigen Vögeln.

2. Spitz-findig-keit

„Denn mancher hat sich schon beklagt, ach hätt‘ ich das doch nicht gesagt!“ Wußte schon Wilhelm Busch (1832-1908). Wobei es durchaus auch Frauen so gehen kann. Und auch dieser Spruch stammt von ihm: „Der Esel ist ein dummes Tier, Der Elefant kann nichts dafür.“

3. Spitz-findig-keit

„Was wir brauchen, sind ein paar verrückte Leute; seht euch an, wohin uns die Normalen gebracht haben.“ So George Bernard Shaw (1856-1950), irischer Dramatiker, Politiker, Satiriker, Musikkritiker und Pazifist. In 1925 Literatur-Nobel- und 1939 Oscar-Preisträger für das beste Drehbuch. Shaw gilt auch als Mitbegründer der London School of Economics and Political Science (LSE), in der auch heute noch die Shaw Library an ihn erinnert. Übrigens hat dort Annalena Baerbock 2004-2005 ihr Masterstudium (Master of Laws) abgeschlossen (Lebenslauf – Stand 11.6.2021, 11:11 Uhr).

P.S.: Die NZZ vom 10.6.2021 berichtet um 13:16 Uhr, dass der Wikipedia-Artikel über Annalena B. seit dem 10. Mai 259-mal geändert wurde, der Artikel über Armin L. hingegen 38-mal. „Die Diskussionen über das, was auf Wikipedia über die Grüne zu lesen sein soll, umfassen ganze 37 Druckseiten … .“ Und „… jene Nutzer, die Baerbock gerne in Schutz nehmen, haben bis heute die Deutungshoheit.“ Die NZZ erkennt darin eine Art zu filibustern, die in den USA praktizierte Taktik, im Parlament den politischen Gegner mit endlosen eigenen Redebeiträgen am Reden zu hindern und zu zermürben.

Und hier geht es weiter zu neuen Varianten.

#PreppoKompakt

Nun der angekündigte Rat. Schön verpackt in dem 22-Wörter Gedicht „Der fliegende Frosch“ (wiederum) von Wilhelm Busch. „Wenn einer, der mit Mühe kaum, geklettert ist auf einen Baum, schon glaubt, dass er ein Vöglein wär, so irrt sich der.“ Nur um sicherzugehen, dies gilt für Männlein und für Weiblein gleichermaßen.