Vorsorgen ist definitiv besser

Wer kennt es nicht, Dinge – größere wie kleinere Vorhaben – hinausschieben, bis es immer enger wird, und irgendwann zu spät ist. Im Hinblick auf unangenehme Arbeiten oder Aufgaben nennt man das auf Neuhochdeutsch auch „prokrastinieren“. Oder man hat „Manschetten“, weil Frau/Mann sich (noch) nicht mit so „abstrusen“ Dingen wie Tod oder Krankheit beschäftigen will. Dabei stellt sich, wenn man es hinter sich gebracht, also vorgesorgt hat, ein so wunderbares Gefühl ein, das allein schon ausreichend „entschädigt“.

Und erst recht, wenn man an die Menschen denkt, die einem nahe stehen. Und denen man mit einer Patientenverfügung – hierum geht es im folgenden – nicht nur Arbeit und Ärger ab-, sondern eine Last von der Seele nimmt. Noch sind wir eben nicht unsterblich und für immer jung und gesund, wie hier in unserem Beitrag angedacht.

Vorsorgen

Patientenverfügung und ein Corona Virus, das überall ist

„Die greise Mutter eines Freundes hat sich – kurze Zeit nach Ausbruch der Corona-Pandemie – ihre Patientenverfügung noch einmal vorgenommen. Darin hatte sie eigentlich verfügt, dass sie keine lebensverlängernden medizinischen Maßnahmen wünsche. An diesem Grundsatz wollte die bald neunzigjährige Dame auch festhalten – es sei denn, bei der Krankheit handele es sich um Corona: In diesem Fall, so ihre Korrektur, sollten die Ärzte alles in ihrer Macht Stehende tun, um sie am Leben zu erhalten.“ So beginnt der Beitrag „Mythen und Mediziner“ von Rainer Hank in faz-net vom 7.9.2020. Daran ist, einmal abgesehen von den eigentlichen Inhalten, bemerkenswert: Die betagte Dame besitzt schon aus früherer Zeit eine Patientenverfügung und sie kann diese jederzeit korrigieren. Sie hat damit vorgesorgt.

Statistische Angaben zur Häufigkeit abgeschlossener Patientenverfügungen in Deutschland sind selten. Einzig die Statista GmbH in Hamburg – hier einzusehen – referiert eine Befragung von 1530 Personen über 16 Jahren im September 2014. Derzufolge haben bei den über 60-Jährigen 51% eine Patientenverfügung verfasst, 34% haben es noch vor (entsprechend bei den 16 bis 29-Jährigen 4 und 37 %; 30 bis 44-Jährigen 13 und 54 %; 45 bis 59-Jährigen 27 und 58%). Also noch viel Luft nach oben fürs Vorsorgen.

Kurz zurück zu einem Punkt, auf den es Rainer Hank in der Diskussion um das Virus ankommt. „Nachdem Corona uns gelehrt hat, die Illusion der Gewissheit zu verabschieden, geht es jetzt darum, Ungewissheit in rationale Risikokalküle zu wandeln.“ Denn die „… Menschen neigen dazu, die Gefahren bekannten Verhaltens zu unterschätzen, während ihnen das Neue übergroße Angst macht.“ Sozusagen wieder auf ein normales Maß herunterkommen, den Dauerstress durch Corona (hier beschrieben) beenden – darum geht es gegenwärtig.

Sinn und Zweck der Patientenverfügung

Wikipedia weiß dazu folgendes: „Eine Patientenverfügung ist eine Willenserklärung einer Person für den Fall, dass sie ihren Willen nicht (wirksam) gegenüber Ärzten, Pflegekräften oder Einrichtungsträgern erklären kann. Sie bezieht sich auf medizinische Maßnahmen wie ärztliche Heileingriffe und steht oft im Zusammenhang mit der Verweigerung lebensverlängernder Maßnahmen.“

Das Dritte Gesetz zur Änderung des Betreuungsrechts, mit dem die Patientenverfügung im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) verankert ist, trat am 1. September 2009 in Kraft. Ziel war es, durch die gesetzliche Regelung für alle Beteiligten im Hinblick auf die Ablehnung lebensverlängernder oder -erhaltender Maßnahmen im Vorfeld des Sterbens (Behandlungsverzicht) mehr Rechtssicherheit zu schaffen.

„Im Gegensatz zur Verfügung selbst ist nach deutschem Recht für den Widerruf keine Schriftform nötig. Der Widerruf kann also auch mündlich oder ohne Worte durch entsprechendes Verhalten erfolgen. Es muss nur klar erkennbar werden, dass sich der Wunsch des Patienten geändert hat.“ Soweit die freie Enzyklopädie.

Das Corona Virus im Theater auf der Bühne

Corona ist überall – und jetzt auch im Theater angekommen. Nicht in Form von Schließungen oder speziellen Hygiene-Vorschriften – das auch, aber vor allem, wie die NZZ vom 9.9.2020 berichtet, als das „Theaterstück des Jahres“. Es ist ein Wutausbruch zum Thema der Stunde, durch Ralph Fiennes im Einmannstück im Bridge Theatre in London virtuos in Szene gesetzt.

Im Stück von David Hare, „Beat the Devil“, berichtet dieser, wie sich die Krankheit, die er gleich zu Beginn der Pandemie einfing, bei ihm anfühlte. „Die Symptome wechselten täglich, konstant blieb nur die tiefe Erschöpfung.“ Trotz Schüttelfrost und Atemnot machte sich der 73-Jährige darüber Notizen zu einem Stück mit ihm als einziger Hauptfigur. Die Aufführung und Ralph Fiennes „… zeigen, was Theater kann, wo nichts ist. Beide sind brillant.“

Nachdem wir schon in London sind, der kurze Hinweis auf die „Last Night of the Proms“ am kommenden Samstag. Sie findet ohne Publikum als Geisteraufführung statt, so die NZZ vom 1.9.2020. Der Norddeutsche Rundfunk überträgt traditionell das Konzert – im NDR Fernsehen und auf NDR Kultur hier mitzuerleben.

Praktische Hilfsmittel zur Vorsorge

Komplette Vorsorgemappe

Im Zollernalbkreis – hier lebe ich – wurde vom Landratsamt in Zusammenarbeit mit dem Kreisseniorenrat im September 2018 eine vorbildliche Vorsorgemappe herausgegeben. Neben der Patientenverfügung enthält sie Informationen und Vordrucke zur Vorsorgevollmacht und Betreuungsverfügung sowie Organspendeausweis und Notfallkarte. Im Vorspann ist Platz vorgesehen für persönliche Daten, Angaben zu Gesundheitsdaten, Testament und Bestattungswünschen sowie persönlichen Unterlagen. Und zuletzt einer Check-Liste für den Todesfall. Die gesamte Mappe kann hier eingesehen und heruntergeladen werden. Die Patientenverfügung wurde jüngst um eine spezielle Willenserklärung für den Fall einer Infektion mit dem Corona Virus ergänzt.

Zwei weitere Informationsquellen

1. Patientenverfügung – Leiden, Krankheit, Sterben: Wie bestimme ich, was medizinisch unternommen werden soll, wenn ich entscheidungsunfähig bin? Broschüre des Bundesministeriums für Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV), hier herunterladen oder kostenlos bestellen. Auch vom Bundesministerium für Gesundheit (BMG) wird darauf verwiesen.

2. Stiftung Warentest – Finanztest, Heft vom Oktober 2018/aktualisiert und erweitert im Aprilheft 2022, „Rechtlich vorsorgen – Vorsorgevollmacht und weitere Verfügungen“, hier gegen eine Gebühr von 4,90 € freizuschalten.

Was Vernunft mit Wohlbefinden zu tun hat – hier.

#PreppoKompakt

Zur Kunst der Vorsorge und des Umgangs mit unangenehmen Dingen: „Lerne wollen, was du mußt, Und das Leid wird dir zur Lust.“ Mascha Kaléko, Die paar leuchtenden Jahre*, dtv, 14. Auflage 2017 (Sprichwörter und Redensunarten, S.47).

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