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Spitz oder Spitze sind in aller Regel pointierte Aussagen zum Zeitgeschehen. Dies kann, muss aber nicht die Politik betreffen. Es kann auf die Gegenwart oder auch auf die Vergangenheit gemünzt sein. Spitz ist eine Aussage dann, wenn sie sticht, der betreffenden Person oder Personengruppe wehtut, spitze, wenn sie ausgezeichnet formuliert ist und im Idealfall zudem die Wahrheit abbildet. Fi/ündig, wenn der beschriebene Umstand nicht ganz offensichtlich, also erst zu ergründen ist. Und -keit lässt auf unterschiedliche menschliche Eigenheiten/-schaften schließen, wie beispielsweise Eitelkeit, Heiterkeit, Überheblichkeit oder, oder. Alles zusammengenommen eine echte Spitzfindigkeit. In unserer Kolumne ‚Spitz-findig-keit‘ zitieren wir in lockerer Folge jeweils zwei oder drei Aussagen und verschonen dabei auch nicht klassische Denkerinnen und Denker.
Um Denkanstösse zu geben, die Freude am Formulieren zu wecken – nichtzuletzt auch um dem Humor in unserer doch etwas trostloseren Zeit wieder mehr Geltung zu verschaffen. Erhöht das Wohlbefinden. Packen wir es an! Ich sage nicht, wir schaffen das. Aber wir probieren es auf jeden Fall!
Vorbemerkung
Es gibt nach Immanuel Kant auch eine falsche Spitzfindigkeit, die wir uns hier allerdings nicht zu eigen machen wollen. Wer dem dennoch nachgehen möchte – Die falsche Spitzfindigkeit der vier syllogistischen Figuren – kann dies hier gerne tun.
Wir widmen stattdessen unsere Aufmerksamkeit heute Fragen des deutsch-russischen Verhältnisses und im Gefolge ein klein wenig auch der russischen Seele.
1. Spitz-findig-keit
Faz-net vom 23.12.2021 bringt ein Interview mit Friedrich Merz (hinter Schranke), dem designierten CDU-Chef. Spritzig, frech, lustig, von beiden Seiten so geführt! Ein Fehler in Bezug auf die Jahreszahl – laut Merz 1972 -, als die Regierungsverantwortung der CDU zum ersten Mal verloren ging, mit knappem Leser-Kommentar: „Möchte kein Oberlehrer sein … , aber war das nicht bereits in 1969 die SPD/FDP mit Brandt und Scheel?“
Zu Fragen zur Union drei sehr knapp gehaltene Antworten von Friedrich Merz:
„Konservativ sein heißt eben auch, immer offen zu sein für gute Argumente.“
„In der CDU gibt es keine rechtsradikalen Ecken.“
„Der CSU-Vorsitzende ist mein Freund, egal wie er heißt.“
Zum russischen Truppenaufmarsch an der Grenze zur Ukraine. Was sollte Deutschland heute tun?
„Dasselbe, was Adenauer und Kohl getan haben. Und deshalb ist uns ja auch besonders aufgefallen, dass die Worte „Bündnisverteidigung“ oder „Landesverteidigung“, ja selbst das Wort „Bundeswehr“, in der ersten Regierungserklärung von Olaf Scholz überhaupt nicht vorgekommen sind. Ich habe das nicht glauben wollen.“
„Nur eine klare, robuste Antwort an Putin gibt die Chance, unseren festen Willen, Frieden und Freiheit in Europa zu bewahren, unter Beweis zu stellen – bis hin zu der Frage, ob man auch der Ukraine hilft, sich mit Defensivwaffen einer solchen Bedrohung zu widersetzen.“
„Russland sollte sich an das halten, was auf dem Gipfeltreffen der OSZE im Jahr 1999 in Istanbul beschlossen worden ist. Damals ist allen Teilnehmerstaaten, auch der Ukraine, freie Bündniswahl zugesichert worden. Und Russland hat zugestimmt. Es hat im Übrigen nie eine Zusage an Russland gegeben, die Staaten Osteuropas nicht in die Nato aufzunehmen. Putin behauptet hier etwas, das nie vereinbart oder zugesagt wurde.“ Soweit Friedrich Merz.
Was Putin mit dem Ballett zu tun hat – es sind Petersburger
Wladimir Putin wurde am 7. Oktober 1952 geboren, als St. Petersburg noch Leningrad hieß (Um/Rückbenennung erfolgte am 6.9.1991). Er war dort Stadtmeister im Judo, absolvierte an der örtlichen Universität sein Jurastudium, war als KGB-Offizier tätig (1975-1982) und von 1992 bis 1996 sogar Vizebürgermeister von Petersburg (siehe Wikipedia, auch zu Plagiatsvorwürfen). Jede Menge Berührungspunkte mit dem Kirow-/Mariinski-Ballett, dessen Schwanensee Aufführung vermutlich 1990 aufgenommen wurde.
2. Spitz-findig-keit
Märchenhafte Ballettmusik von Peter Tschaikowsky (1840-1893), ein echter Klassiker – wie Nußknacker und Dornröschen -, genannt Schwanensee. Rund zwei Stunden lang auf Youtube mit über 47 Millionen Zugriffen seit 2012. Sehr empfehlenswert! Auch wer mit Ballett bisher wenig oder überhaupt nichts anfangen konnte, die 13. Szene „Tanz der Schwäne“ anschauen (ab 38:30). Tschaikowskys Musik und die Virtuosität der Tänzerinnen und Tänzer sind einfach bezaubernd. Achtung, kann süchtig machen!
3. Spitz-findig-keit
Der Petersburger Putin ist es auch, der unsere frischgebackene Außenministerin ins kalte Wasser wirft. Das heißt in die erste Bewährungsprobe schickt, wie Chefredakteur Eric Gujer in der NZZ vom 23.12.2021 schreibt.
„Die Grünen und ihre Aussenministerin gehören zu den letzten Mohikanern, die sich an der Idee der liberalen Weltordnung festklammern, jenem mit Werten und Waffen gleichermassen betriebenen Feldzug für Demokratie und Marktwirtschaft. Annalena Baerbock als unfreiwillige Erbin von George Bush: Die Geschichte hält manches Paradox bereit. Die erste Bewährungsprobe für sie und die deutsche Aussenpolitik ist die von Putin angezettelte Ukraine-Krise.“
#PreppoKompakt
Gemeinsamkeiten bei Annalena Baerbock und Wladimir Putin. Beide sind sportlich. Beide hatten schon einmal mit Plagiatsvorwürfen zu tun. Und beide sprechen fließend Deutsch. Eigentlich eine gute Grundlage, um sich zu verstehen.