Spitz-findig-keit #41

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Spitz oder Spitze sind in aller Regel pointierte Aussagen zum Zeitgeschehen. Dies kann, muss aber nicht die Politik betreffen. Es kann auf die Gegenwart oder auch auf die Vergangenheit gemünzt sein. Spitz ist eine Aussage dann, wenn sie sticht, der betreffenden Person oder Personengruppe wehtut, spitze, wenn sie ausgezeichnet formuliert ist und im Idealfall zudem die Wahrheit abbildet. Fi/ündig, wenn der beschriebene Umstand nicht ganz offensichtlich, also erst zu ergründen ist. Und -keit lässt auf unterschiedliche menschliche Eigenheiten/-schaften schließen, wie beispielsweise Eitelkeit, Heiterkeit, Überheblichkeit oder, oder. Alles zusammengenommen eine echte Spitzfindigkeit. In unserer Kolumne ‚Spitz-findig-keit‘ zitieren wir in lockerer Folge jeweils zwei oder drei Aussagen und verschonen dabei auch nicht klassische Denkerinnen und Denker.

Um Denkanstösse zu geben, die Freude am Formulieren zu wecken – nichtzuletzt auch um dem Humor in unserer doch etwas trostloseren Zeit wieder mehr Geltung zu verschaffen. Erhöht das Wohlbefinden. Packen wir es an! Ich sage nicht, wir schaffen das. Aber wir probieren es auf jeden Fall!

Spitz-findig-keit #41

Vorbemerkung

Es gibt nach Immanuel Kant auch eine falsche Spitzfindigkeit, die wir uns hier allerdings nicht zu eigen machen wollen. Wer dem dennoch nachgehen möchte – Die falsche Spitzfindigkeit der vier syllogistischen Figuren – kann dies hier gerne tun.

„Prosit Neujahr!“ Nach einem in der Regel ruhigen Verlauf der Silvesternacht beginnt das Jahr in unserer Familie traditionell mit dem Neujahrskonzert der Wiener Philharmoniker auf dem Schirm. Heute wollen wir uns darüber hinaus spitz mit zwei Männern mit total unterschiedlicher Berufung beschäftigen.

1. Spitz-findig-keit

Es ist einfach traumhaft, einem außergewöhnlich guten Orchester und begnadeten Dirigenten in einem wunderschönen, blumengeschmückten historischen Ambiente vom Sofa aus zuhören zu können. In Zeiten der Pandemie allerdings begleitet von einem eigenartigen Gefühl, da etwa 1000 Menschen, zwar ausgestattet mit Masken, im Goldenen Saal anwesend waren. Dabei schreibt DerStandard gestern, dass noch 700 Interessierte – die Galerie blieb unbesetzt – leer ausgegangen sind. Das Neujahrskonzert 2021 hatte noch vor gänzlich leeren Rängen stattgefunden. Immerhin wird das Konzertereignis in 92 Länder übertragen und erreicht so ein Publikum von geschätzt 50 Millionen.

„Dass das heurige Programm mit gleich zwei Referenzen an den aus der Asche stets neu erstehenden Feuervogel Phönix begonnen hat – eine von Josef, eine von Johann Strauß – darf auch als innere Überzeugung über die Resilienz der Musik verstanden werden.“ So gestern auf PULS24 – Fernsehsender mit Webseite aus Wien, der zu ProSiebenSat.1 gehört – zu lesen. Und Preppo freut sich natürlich mit, da der Phönix auch unser „Vögelchen“ ist und wir mit seinem Symbolgehalt hoffen, die Widerstandskräfte zu stärken.

2. Spitz-findig-keit

Claus Kleber – vor 66 1/3 Jahren in Reutlingen geboren, in unserer Nachbarschaft – der „Ankermann“ des heute-journals im ZDF ist nach rund 19 Jahren und 2977 Moderationen abgetreten. DerStandard vom 29.12.2021 kommt mit Beispielen für Interviews, wie mit Barack Obama, und einer relativ unkritschen Beurteilung daher. Eine Ausnahme bildet der Verweis auf die „Saure Gurke“ nach einem Interview mit der Schauspielerin Maria Furtwängler. Womit Kleber eine chauvinistisch empfundene Moderation unterstellt wurde. Ansonsten wurde er mit positiven Auszeichnungen und Ehrungen regelrecht überhäuft; seit 2009 übrigens als freier und nicht mehr festangestellter Mitarbeiter des ZDF (siehe zu beidem Wikipedia).

Auf der Achse des Guten vom 29.12.2021 hingegen vermittelt Georg Etscheit seine zwiespältige Einschätzung. Er beruft sich dabei auch auf den früheren Bild-Chefredakteur Hans-Hermann Tiedje, der Kleber als ein „Bündel penetrant-leiser Eitelkeiten“ tituliert. „Trotz allem scheint mir Kleber kein wirklicher Überzeugungstäter zu sein, wie etwa seine ‚Kollegen‘ von der ‚heute-show‘. Er schien mir immer mehr ein eigentlich freundlicher, jedoch recht unbedarfter und von seiner angemaßten Bedeutung regelmäßig übermannter Ritter von der traurigen Gestalt mit der ebenso traurigen und unbedarft wirkenden Gundula Gause als weiblichem Sancho Pansa.“ Auch die Leserinnen und Leser zeigen sich bewegt. Allein 124, meist kritische Kommentare zu Claus Kleber kommen zusammen.

Die 5-minütige Abschiedseloge in seinem allerletzen heute-journal hier zum Anschauen. Mit besagter Gundula, die einmal nicht wie eine KI-gesteuerte Sprechmaschiene, sondern mit erkennbar menschlichen Zügen gerührt ihrem ebenso gerührten Kollegen Valet sagt. Abschließend kann ich auf meine knappe Bemerkung zu Claus Kleber im Zusammenhang mit einer Buchbesprechung – hier am Ende – verweisen.

3. Spitz-findig-keit

Berti Vogts feiert seinen 75. Geburtstag. Faz-net vom 30.12.2021 nimmt das zum Anlass, wohlausgewogen über die Höhepunkte im Berufsleben des Jubilars zu berichten.

Höhepunkt seiner Spielerkarriere: „Mit seinem Biss und seiner Unnachgiebigkeit ist dieser nach dem frühen Tod seiner Eltern im Alter von zwölf Jahren zur Waise gewordene Rheinländer eine Koryphäe in der Zone des Fußballs geworden, wo besonders eifrig geschuftet und aufgeräumt wird. … Die ideale Mischung aus Vorkämpfern, zu denen auch der defensive Mittelfeldspieler Bonhof zählte, Vordenkern wie Beckenbauer … und einem genialen Vollender wie dem Münchner Gerd Müller machte den Weltmeister 1974 aus.“

Höhepunkt seiner Trainerkarriere: Europameister im Londoner Wembleystadion durch ein 2:1 nach Verlängerung über die Tschechische Republik. „In diesem Aufgebot wuchs der Teamgeist unter widrigen Bedingungen derart stark, dass die Deutschen mit den ihnen nachgesagten ‚deutschen Tugenden‘ einen Turniertriumph feierten – mit einer Mannschaft, in der jeder für jeden kämpfte und sich niemand für irgendetwas zu schade war. Am Ende verneigte sich der Bundestrainer allein vor den deutschen Fans, die ihn endlich einmal hochleben ließen.“

Welches Lob zählte heutzutage mehr, als wenn gesagt werden kann. „Eine intellektuelle Granate war er nie, hat es auch nie behauptet, aber klug genug, sich nirgendwo einzuschmeicheln, war er. Das Schicksal mancher Weltklassekicker ist ihm jedenfalls erspart geblieben, so dass er nun weder als zwielichtiger Strahlemann wie Beckenbauer oder als Fußballclown in allen Gassen wie Matthäus durch die Medien irrlichtert. Ich behalte ihn für seine ‚Blutgrätschen‘ in Erinnerung, als hart und ehrlich arbeitenden Fußball-Handwerksmeister. Davon gab es auf seinem Niveau nur ganz wenige.“ Ein Leser-Kommentar von Bernd Brenzlau zum FAZ-Artikel über Berti Vogts.

Und hier geht es weiter zur Schlagzeilen liefernden Kernkraft.

#PreppoKompakt

Es gibt Menschen, wie den „Terrier“, die mit ihrer gelebten Geradlinig- und Ehrlichkeit, nicht nur in ihrer Profession ein nachahmenswertes Vorbild sind. Davon könne sich die Spitze des Deutschen Fußballbundes (DFB) und die Politik in Berlin eine große Scheibe abschneiden. So der Tenor eines weiteren Leser-Kommentars.

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