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Spitz oder Spitze sind in aller Regel pointierte Aussagen zum Zeitgeschehen. Dies kann, muss aber nicht die Politik betreffen. Es kann auf die Gegenwart oder auch auf die Vergangenheit gemünzt sein. Spitz ist eine Aussage dann, wenn sie sticht, der betreffenden Person oder Personengruppe wehtut, spitze, wenn sie ausgezeichnet formuliert ist und im Idealfall zudem die Wahrheit abbildet. Fi/ündig, wenn der beschriebene Umstand nicht ganz offensichtlich, also erst zu ergründen ist. Und -keit lässt auf unterschiedliche menschliche Eigenheiten/-schaften schließen, wie beispielsweise Eitelkeit, Heiterkeit, Überheblichkeit oder, oder. Alles zusammengenommen eine echte Spitzfindigkeit. In unserer Kolumne ‚Spitz-findig-keit‘ zitieren wir in lockerer Folge jeweils zwei oder drei Aussagen und verschonen dabei auch nicht klassische Denkerinnen und Denker.
Um Denkanstöße zu geben, die Freude am Formulieren zu wecken – nichtzuletzt auch um dem Humor in unserer doch etwas trostloseren Zeit wieder mehr Geltung zu verschaffen. Erhöht das Wohlbefinden. Packen wir es an! Ich sage nicht, wir schaffen das. Aber wir probieren es auf jeden Fall!
Vorbemerkung
Es gibt nach Immanuel Kant auch eine falsche Spitzfindigkeit, die wir uns hier allerdings nicht zu eigen machen wollen. Wer dem dennoch nachgehen möchte – Die falsche Spitzfindigkeit der vier syllogistischen Figuren – kann dies hier gerne tun.
Stattdessen bügeln wir heute einen kleinen Fehler aus, fahren ans Schwäbische Meer um nicht nur, aber auch klassische Musik zu genießen. Und freuen uns über eine deutsch-niederländische Würdigung der NZZ in Gestalt ihres „Chefredaktors“.
1. Spitz-findig-keit
Muss kurz ein Versäumnis kompensieren. Denn wir haben in Tübingen vor 10 Tagen beim Klassentreffen nicht – wie hier angekündigt – auf JFK angestossen. Dieser große US-amerikanische Präsident, eine Persönlichkeit mit einer ausgeprägten Schwäche für so schöne Frauen wie Marilyn Monroe, könnte heute seinen 105. Geburtstag feiern.
Ja, wenn nicht … .
Einen kleinen Schluck grüne Maibowle auf Mr. President.
2. Spitz-findig-keit
Zwischendrin am 21. Mai ein wunderbares Konzerterlebnis auf der Insel Reichenau am Bodensee. Wo wirklich alles stimmig war. Das Programm unter anderem mit dem Konzert für Flautino in C-Dur von Antonio Vivaldi, der Streicherserenade in e-moll von Edward Elgar und dem Brandenburgischen Konzert Nr. 5 in D-Dur von Johann Sebastian Bach. Der würdige Rahmen im Münster St. Maria und Markus, die sicht- und hörbare Spielfreude des Ensembles und der Solisten, nicht zuletzt der gute Zweck – der Spende für eine von den Benediktinischen Schwestern geplanten Schule auf den Philippinen. Es passte.
Das Ebinger Kammerorchester, 1962 von Dietmar und Helga Oberer gegründet, ist ein anspruchsvoller Klangkörper mit vielfältigem Repertoire aus allen Epochen der Musikgeschichte. Die für eine große sinfonische Besetzung erforderlichen Bläser stellt seit Jahren die Württembergische Philharmonie Reutlingen. Sechzig Jahre gemeinsames Musizieren mit nur zwei festen künstlerischen Leitern, seit 2015 führt/dirigiert Martin Künstner, ist in jeder Hinsicht außergewöhnlich. Ebenso dass Helga Oberer weiterhin die Saiten streicht.
Rekordverdächtig!
3. Spitz-findig-keit
Nach Ende des Konzertes mit einem freundlichen Paar aus der Schweiz über die NZZ gesprochen und deren saubere Arbeit gelobt. Tags darauf war dann in der NZZ unter dem Titel „Ein Journalist durchdringt den Dschungel der Selbsttäuschung und der Hysterie unserer Zeit“ zu lesen, dass Eric Gujer den Ludwig-Börne-Preis 2022 verliehen bekommen hat.
Der niederländische Schriftsteller Leon de Winter würdigte ihn in der Frankfurter Paulskirche am Ende seiner Laudatio mit folgenden Worten:
„In den letzten Wochen habe ich mir viele seiner Artikel durchgelesen und festgestellt, wie sorgfältig er die Themen, die er anspricht, abschält wie die Häute einer Zwiebel. Sie regen Augen und Gehirn gleichermassen an. Er gibt sich nie mit dem Oberflächlichen zufrieden. In klarem Deutsch gräbt er so lange, bis er zum Kern der Sache kommt.“
Und weiter:
„Seine Artikel besitzen zusammengenommen auch noch eine andere Qualität, die man erst durchschaut, wenn man sie zeitlich einordnet: Sie erhalten etwas Tragisch-Heroisches, wenn man erkennt, dass er immer wieder an den gesunden Menschenverstand appelliert, mit dem das Ende des Selbstbetrugs erreicht werden kann. Er tut dies wie eine Figur in einem griechischen Drama, die keine andere Wahl hat, als zu kämpfen, obwohl es offensichtlich ist, dass sie sterben wird. In seinem gesamten Werk wird seine Liebe zu westlichen Werten und westlichen kulturellen Ausdrucksformen deutlich, die er in dem Schlüsselwort ‚Freiheit‘ zusammenfasst, das er immer wieder gefühlvoll benutzt – eine Freiheit, die nicht als Geschenk vom Himmel gefallen ist, sondern erkämpft und mit Opfern erkauft wurde und die mit dem Aufstieg asiatischer Mächte womöglich zu einem Artefakt wird, das in ferner Zukunft bei archäologischen Ausgrabungen entdeckt werden wird. Freiheit.
Eric Gujers journalistische Arbeit ist meiner Ansicht nach das Opfer, das er bringt, um in einer zunehmend hysterischen Welt Widerstand zu leisten, bevor der Wahn des Tages uns unter einer weiteren Form des Massenbetrugs begräbt.“
Resümee:
Ja, der gesunde Menschenverstand ein knappes Gut! Und unsere Freiheit bald nur noch etwas für Archäologen?
Und hier geht es weiter an Pfingsten mit dem heiligen Geist.
#PreppoKompakt
Eine bunte Mischung an Spitzfindigkeiten, aber treiben wir es nicht zu bunt!