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Spitz-findig-keit #60

6 minutes

Spitz oder Spitze sind in aller Regel pointierte Aussagen zum Zeitgeschehen. Dies kann, muss aber nicht die Politik betreffen. Es kann auf die Gegenwart oder auch auf die Vergangenheit gemünzt sein. Spitz ist eine Aussage dann, wenn sie sticht, der betreffenden Person oder Personengruppe wehtut, spitze, wenn sie ausgezeichnet formuliert ist und im Idealfall zudem die Wahrheit abbildet. Fi/ündig, wenn der beschriebene Umstand nicht ganz offensichtlich, also erst zu ergründen ist. Und -keit lässt auf unterschiedliche menschliche Eigenheiten/-schaften schließen, wie beispielsweise Eitelkeit, Heiterkeit, Überheblichkeit oder, oder. Alles zusammengenommen eine echte Spitzfindigkeit. In unserer Kolumne ‚Spitz-findig-keit‘ zitieren wir in lockerer Folge jeweils zwei oder drei Aussagen und verschonen dabei auch nicht klassische Denkerinnen und Denker.

Um Denkanstöße zu geben, die Freude am Formulieren zu wecken – nichtzuletzt auch um dem Humor in unserer doch etwas trostloseren Zeit wieder mehr Geltung zu verschaffen. Erhöht das Wohlbefinden. Packen wir es an! Ich sage nicht, wir schaffen das. Aber wir probieren es auf jeden Fall!

Spitzfindigkeit #60

Vorbemerkung

Es gibt nach Immanuel Kant auch eine falsche Spitzfindigkeit, die wir uns hier allerdings nicht zu eigen machen wollen. Wer dem dennoch nachgehen möchte – Die falsche Spitzfindigkeit der vier syllogistischen Figuren – kann dies hier gerne tun.

Wir schwelgen heute dafür in Superlativen, guten wie schlechten – fangen wir mit letzteren an.

1. Spitz-findig-keit

Im NZZ-Newsletter vom 11.5.2022 das Thema des Tages: „Christine Lambrechts Helikopter-Affäre fügt sich ins traurige Bild. … Es ist eine unglückliche, aber auch bezeichnende Verkettung: Sylt, die Insel der Reichen, muss sich oft beissender Vorbehalte erwehren. Der Helikopter wiederum zieht Spott auf sich als Fortbewegungsmittel derer, die es sich leisten können oder wichtig genug sind. Insofern passt die Verquickung von Nordseeinsel und Helikopter zu einer Politikerin, der das Pech an den Fersen klebt. Die deutsche Verteidigungsministerin Christine Lambrecht gibt einmal mehr eine schlechte Figur ab. Sie ist auf dem in kriegerischer Zeit neben dem Kanzler wichtigsten Posten der deutschen Bundesregierung die grösste Fehlbesetzung.“ Nutzte sie den Flug um danach, nur 40 km enfernt auf Sylt, zusammen mit ihrem volljährigen Sohn, Osterferien zu machen?

„Eine Torheit ersten Ranges“, so Alexander Kissler, Redakteur der NZZ in Berlin. Und sein eindeutiges Fazit: „Nur weil das Bild einer vielfältig überforderten Frau schon zu viele Striche hat, wird es durch die Helikopter-Affäre abgerundet. So altmodisch es klingen mag: Minister heissen Minister, weil sie Diener sind, Diener des Volkes. Niemand wird dazu gezwungen. Aber wer sich in die Pflicht nehmen lässt, sollte ihr genügen.“ Das weiß heutzutage nur niemand mehr, weder das Volk, noch die Dienerschaft.

Wir hatten ja schon – hier in #56 – beim Rücktritt von Anne Spiegel kolportiert, dass es in der Ampelkoalition in Berlin weitere Rücktrittskandidaten und -kandidatinnen gebe. Dabei ist noch viel Spielraum/Luft nach oben.

Luft nach oben

Denn was Rücktritte von Ministerinnen anbelangt, setzen die Österreicher mit zwei an einem einzigen Tag echte Maßstäbe. „Am Montag ist Margarete Schrämbock als Wirtschaftsministerin zurückgetreten. Wenige Stunden zuvor hatte sich Elisabeth Köstinger als Österreichs Tourismus- und Landwirtschaftsministerin verabschiedet.“ Beide von der Österreichischen Volkspartei (ÖVP), so die NZZ vom 9.5.2022. Und im DerStandard vom 11.5.2022 (Podcast mit 7:13 Minuten) wird gemutmaßt, dass es bis 2024 bei den bis dato 14 Regierungsumbildungen nicht bleiben wird. Dazu zwei trockene Kommentare unter den 153 Postings, wie man in Wien sagt: „Die Zeiten, in denen man sich MinisterInnennamen noch gemerkt hat, sind ja zum Glück längst vorbei. Zahlt sich auch nicht aus…“. Und: „Bald wird jeder jemanden kennen der einmal Minister war…“. Felix Austria, auch diese Zeiten sind wohl längst vorbei, richtig schade.

2. Spitz-findig-keit

Da haben doch die royalen Briten – hier offiziell zu besichtigen – noch ganz andere Möglichkeiten. Wenn Queen Elizabeth II. (96) nicht kann, dann muss einfach ihr volljähriger Sohn Prinz Charles (73) ran, wie faz-net vom 10.5.2022 berichtet.

„Üblicherweise verliest die Monarchin bei dem ‚State Opening‘ in der sogenannten Queen’s Speech die Regierungserklärung des jeweiligen Premierministers. … Zu der Erklärung versammeln sich Abgeordnete und Lords gemeinsam im Oberhaus, das mit einem Thron ausgestattet ist.“ Üblicherweise begleitet Thronfolger Charles seine Mutter zu dem Termin, letzten Dienstag mußte/durfte er an ihrer Stelle die Rede vorlesen. In ihrer 70jährigen Regentschaft hatte die Queen die Parlamentseröffnung bisher zwei Mal verpasst (in den 1960ern), weil sie schwanger war.

3. Spitz-findig-keit

Eine Jahrgängerin der Queen, die amerikanische Schauspielerin und Fotomodell Marilyn Monroe (1926 – 1962), hat sich neben ihren Filmen, wie „Manche mögen’s heiß“, „Blondinen bevorzugt“ oder „Das verflixte 7. Jahr“, insbesondere mit ihrem Lied „Happy Birthday, Mr. President“ und ihrer Gardarobe bei der vorgezogenen Geburtstagsfeier von Präsident John F. Kennedy am 19. Mai 1962 „unsterblich“ gemacht. Mit deren 60 Jahre altem Kleid hat übrigens vor rund zwei Wochen Kim Kardashian, unter anderem Modell und Schauspielerin, im Metropolitan Museum of Art (Met) in New York für Furore gesorgt.

Und nun erzielt dort am letzten Dienstag ein von Andy Warhol 1964 gemaltes Bild von Marilyn Monroe innerhalb von vier Minuten im Auktionshaus Christie’s den Rekordpreis von 195 Millionen Dollar, wie in der NZZ vom 10.5.2022 zu lesen. Das ist der höchste Preis, der „… je an einer Auktion für ein Kunstwerk des 20. Jahrhunderts …“ erzielt wurde.

Widmung

Meiner Klassenkameradin Gabi und den 11 -kameraden aus dem Wirtschaftsgymnasium gewidmet, mit denen ich kommenden Donnerstag die Wurmlinger Kapelle und Tübingen besuchen werde. Ganz sicher werden wir auf Kennedys 105ten Geburtstag anstoßen (so wie vor 60 Jahren im Madison Square Garden 10 Tage im Vorhinein) und ihn – „Ich bin ein Berliner“ – dreimal hochleben lassen. Dass Kim vorbeischaut ist eher unwahrscheinlich.

Und hier geht es weiter nach Tübingen und Umgebung.

#PreppoKompakt

Obwohl die persönliche Bilanz von Elizabeth II. beeindruckt, wird man nicht gleich zum Royalisten. Aber wenn unsere politischen Führungspersönlichkeiten ins Mittelmaß abrutschen und in immer kürzeren Abständen kommen und gehen, sind das ernstzunehmende Warnsignale für unsere Demokratie. Wir brauchen kluge Wähler und kompetente Politiker – beiderlei Geschlechts -, die sich effektiv fürs Gemeinwohl einsetzen. Reformen unter anderem im Bildungssystem und beim Wahlrecht sind längst überfällig.

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