Spitz-findig-keit #152

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Spitz oder Spitze sind in aller Regel pointierte Aussagen zum Zeitgeschehen. Dies kann, muss aber nicht die Politik betreffen. Es kann auf die Gegenwart oder auch auf die Vergangenheit gemünzt sein. Spitz ist eine Aussage dann, wenn sie sticht, der betreffenden Person oder Personengruppe wehtut, spitze, wenn sie ausgezeichnet formuliert ist und im Idealfall zudem die Wahrheit abbildet. Fi/ündig, wenn der beschriebene Umstand nicht ganz offensichtlich, also erst zu ergründen ist. Und -keit lässt auf unterschiedliche menschliche Eigenheiten/-schaften schließen, wie beispielsweise Eitelkeit, Heiterkeit, Überheblichkeit oder, oder. Alles zusammengenommen eine echte Spitzfindigkeit. In unserer Kolumne ‚Spitz-findig-keit‘ zitieren wir in lockerer Folge jeweils zwei oder drei Aussagen und verschonen dabei auch nicht klassische Denkerinnen und Denker.

Um Denkanstöße zu geben, die Freude am Formulieren zu wecken – nichtzuletzt auch um dem Humor in unserer doch etwas trostloseren Zeit wieder mehr Geltung zu verschaffen. Erhöht das Wohlbefinden. Packen wir es an! Ich sage nicht, wir schaffen das. Aber wir probieren es auf jeden Fall!

Spitzfindigkeiten zuhauf!

Vorbemerkung

Es gibt nach Immanuel Kant auch eine falsche Spitzfindigkeit, die wir uns hier allerdings nicht zu eigen machen wollen. Wer dem dennoch nachgehen möchte – Die falsche Spitzfindigkeit der vier syllogistischen Figuren – kann dies hier gerne tun.

Heute liefern wir dafür eine weitere schlüssige Erklärung, warum die Kirchenaustritte überhandnehmen. Zudem haben wir ein Vorbild für unseren extrem streikwilligen Gewerkschafts- und Lokführer gefunden. Dazwischen lassen wir uns von der Gegenwart und Geschichte Passaus verzaubern.

1. Spitz-findig-keit

Die NZZ vom 3.2.2024 bringt (hinter Schranke) einen Gastkommentar von Michael Wolffsohn, der auf beide „großen“ Kirchen im Land abzielt. Der deutsche Historiker, Publizist und Buchautor, Jahrgang 1947, hat von 1981 bis 2012 an der Universität der Bundeswehr München Neuere Geschichte gelehrt.

Die zutage getretenen Mißbrauchsfälle in der katholischen, wie auch evangelischen Kirche, subsumiert er unter dem Begriff „Verderbtheit ihres Personals“, um bei der Ursachensuche für den Mitgliederschwund weiterzugehen. „Jenseits dieser oder jener ’sündigen‘ Person begeht die kirchliche Institution die grösste Dummheit. Sie schafft sich selbst ab, denn seit Jahrzehnten beschäftigt sie sich eher selten mit dem Thema Gott-Mensch. Sie befasst sich stattdessen mehr mit Sexualtheologie, Zölibat, Genderfragen, Sozialethik sowie – besonders die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) – mit Politik. Mehr als andere betätigt sich die EKD als NGO, als austauschbarer Verband in der Verbandsdemokratie. Doch in der Politik ist die Politik der Kirche überlegen, und als eine von vielen NGO verzichtet die Kirche auf ihr ‚Alleinstellungsmerkmal Gottesbotschaft‘. Die Kirche macht sich selbst überflüssig.“

2. Spitz-findig-keit

Als Kirchensteuer zahlender gläubiger Christ (seit ewigen Zeiten) und Mitglied im Verein Deutsche Sprache – VDS (seit April letzten Jahres) sei mir eine Bemerkung zum aktuellen „ZdK-Newsletter“ vom Februar unter dem Titel „Katholikentag on Tour“ gestattet. Das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) ist „… der Zusammenschluss von Vertretern der Diözesanräte und der katholischen Verbände sowie von Institutionen des Laienapostolates und weiteren Persönlichkeiten aus Kirche und Gesellschaft …“, sitzt in Berlin und wird von Generalsekretär Frings geleitet.

Der fragliche Text lautet: „Am 17. und 18. Januar 2024 besuchte Marc Frings mit Kolleg*innen aus Berlin und Erfurt in Vorbereitung auf den Katholikentag das Eichsfeld. Dort lebt die Hälfte der Katholik*innen des Bistums. Nach einem Besuch der Wallfahrtskapelle in Etzelsbach und einer Heiligen Messe in Steinbach wurde die Baustelle des Caritas-Hospizes Mutter Teresa in Heiligenstadt besichtigt. Ein Teil der Katholikentagskollekte wird diesem Projekt zugutekommen. Die Tage in Heiligenstadt waren vor allem durch viele gute Gespräche und Begegnungen mit engagierten Katholik*innen geprägt. … Am Folgetag gab es für Schüler*innen der Bergschule in Heiligenstadt einen Workshop zum Leitwort des Katholikentags ‚Zukunft hat der Mensch des Friedens‘ (Ps 37,37b).“

Spitz bemerkt, ganz klar vier Sterne * zuviel. Und für Tour, Newsletter und Workshop liessen sich gewiß auch andere Begrifflichkeiten finden.

Katholikentag in Erfurt

Worum es bei den Katholikentagen überhaupt geht. Sie sind ein Ort der Begegnung in der Kirche und mit der Kirche und werden vom ZdK gemeinsam mit dem jeweiligen Ortsbistum veranstaltet. „Sie gehören zum Ursprung der katholischen Laienbewegung und bilden auch heute ein wichtiges Zentrum in der Arbeit des Zentralkomitees.“ Im Prospekt für den 103. Deutschen Katholikentag in Erfurt sind wiederum ein paar sprachliche Besonderheiten, aber nicht nur, zu „bewundern“.

Eindrückliche Reise nach Passau

Widerlegt haben wir erwartungsgemäß Heimito von Doderer (aus #151) beim Wiedersehen in und mit Passau. Der furiose Freitagabend im ScharfrichterHaus stellte zudem zweifelsfrei ein für allemal klar, dass Frauen doch Menschen sind. Selbst der Glottisreim – als Kinderspiel, wie „Ene Mene Muh … und raus bist Du“, inszeniert – fand, aber auch nur so, gefallen (nachfolgend können wir Christl Sittenauer und Lukas Mario Maier beim selbigen zuschauen).

Der Dom mit seiner Ausstrahlung – trotz umfänglicher Sanierungsarbeiten außen und innen -, das tausendfältige Gebäudeensemble, die Flüsse Ilz, Inn und Donau mit ihren unterschiedlichen Farben, alle Eindrücke gemeinsam mit Freundinnen und Freunden regelrecht aufgesogen. So auch die „Wallfahrt“ nach Mariahilf, zusätzlich belohnt mit einem grandiosen Ausblick.

Auf die Entwicklung der Universität Passau seit 1978, ausdauernd und freudvoll zum Greifen dargelegt durch Archivar Mario Puhane am Samstagnachmittag, waren wir alle – die Frauen und Männer der ersten Stunde – stolz wie Oskar. Nicht nur „da gewesen“, sondern mit Seele, Herz und Verstand „dabei gewesen“. Gegenwärtig sind es annähernd 11.000 Studentinnen und Studenten und über 100 Lehrstühle in fünf Fakultäten, der weitläufige Campus mit dem Nikola-Kloster als Nukleus ansprechend und großzügig gestaltet. Zur 50-Jahr-Feier im Oktober 2028 sehen wir uns wieder.

3. Spitz-findig-keit

Die NZZ vom 5.2.2024 wartet mit der Meldung über eine Krebserkrankung von Charles III. auf: Der 75-jährige „… König stehe der Behandlung sehr positiv gegenüber und freue sich darauf, so bald wie möglich wieder in den öffentlichen Dienst zurückkehren zu können … „, so verlautbart aus dem Buckingham-Palast. Weder seine Mutter Elizabeth noch er haben, meines Wissens, auch nur eine Stunde gestreikt. Da zeigt sich ein vorbildliches Pflichtgefühl mit ausgeprägtem Berufsethos. Daran sollte sich der Chef der Lokführergewerkschaft, Claus Weselsky, solange noch berufstätig, ein Vorbild nehmen. Hoffentlich fährt mich morgen die Bahn sicher und pünktlich von Passau wieder nach Hause.

Widmung

Meinem Vater Georg gewidmet, der heute genau vor zwei Jahren verstorben ist. Er war kein Lokführer, das unterlegte Bild ist bei einer Fahrt auf der historischen „Sauschwänzlebahn“ im Südschwarzwald entstanden. Aber sein Großvater Franz Ludwig Gottfried Gneveckow war von 1888 bis 1925 Königlicher Eisenbahn- bzw. Reichsbahn-Lokomotivführer und Werkstättenvorsteher, auch beteiligt am Eisenbahnbau in Deutsch-Ostafrika.

Die entsprechende Seite im Schwarzwälder Boten mit Kerzen zum Gedenken an Georg Gneveckow ist hier zu finden.

Und hier geht es – wie jeden Sonntag – zünftig spitzfindig weiter.

#PreppoKompakt

Eine Zukunft haben die Amtskirchen wohl nur, wenn sie sich auf ihr Kernthema „Gott-Mensch“ besinnen und Gottesbotschaft mit Hingabe kompetent unter die Leute bringen.

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