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Spitz oder Spitze sind in aller Regel pointierte Aussagen zum Zeitgeschehen. Dies kann, muss aber nicht die Politik betreffen. Es kann auf die Gegenwart oder auch auf die Vergangenheit gemünzt sein. Spitz ist eine Aussage dann, wenn sie sticht, der betreffenden Person oder Personengruppe wehtut, spitze, wenn sie ausgezeichnet formuliert ist und im Idealfall zudem die Wahrheit abbildet. Fi/ündig, wenn der beschriebene Umstand nicht ganz offensichtlich, also erst zu ergründen ist. Und -keit lässt auf unterschiedliche menschliche Eigenheiten/-schaften schließen, wie beispielsweise Eitelkeit, Heiterkeit, Überheblichkeit oder, oder. Alles zusammengenommen eine echte Spitzfindigkeit. In unserer Kolumne ‚Spitz-findig-keit‘ zitieren wir in lockerer Folge jeweils zwei oder drei Aussagen und verschonen dabei auch nicht klassische Denkerinnen und Denker.
Um Denkanstöße zu geben, die Freude am Formulieren zu wecken – nichtzuletzt auch um dem Humor in unserer doch etwas trostloseren Zeit wieder mehr Geltung zu verschaffen. Erhöht das Wohlbefinden. Packen wir es an! Ich sage nicht, wir schaffen das. Aber wir probieren es auf jeden Fall!
Vorbemerkung
Es gibt nach Immanuel Kant auch eine falsche Spitzfindigkeit, die wir uns hier allerdings nicht zu eigen machen wollen. Wer dem dennoch nachgehen möchte – Die falsche Spitzfindigkeit der vier syllogistischen Figuren – kann dies hier gerne tun.
Heute geht es dafür um ein anspruchsvolles Quiz im Fernsehprogramm, die gesunde Ernährung und das Ei sowie die im Zusammenhang mit der Energiewende gepflogene Sprache.
1. Spitz-findig-keit
Wir starten mit der finalen 1%-Frage, die normalerweise ganz am Ende der entsprechenden Quiz-Sendung auf Sat.1 gestellt wird:
Wer es versuchen möchte, er/sie hat allerdings nur 30 Sekunden Zeit, um die Lösung zu finden (diese, wie auch alle 19 Fragen aus der am 29. März 2023 erstmals ausgestrahlten Sendung – Staffel I/Nr. 3 – sind hier zu finden).
Respekt, denn da hilft wirklich nur der eigene Verstand. Zufallstreffer sind so gut wie ausgeschlossen, denn die Möglichkeit sich wie im „Multiple Choice/Mehrfachauswahl“ für a, b oder c zu entscheiden gibt es nicht. Die Teilnahme erfordert neben einer Portion gesunden Menschenverstand (Kant) auch Mut zum Auftreten. Denn die Mehrzahl scheitert, nicht selten sogar alle. Der erkennbar britische Duktus mit eingebautem Fairplay hilft dies zu verkraften. Würde die Inszenierung auch noch ganz auf das inzwischen in allen Formaten übliche Klatschen (und Trampeln) verzichten, dann könnte es für die Zuschauerinnen und Zuschauer ein rundum lehrreiches, zum Mitdenken und -machen anregendes Unterhaltungs-, eben kein Untenhaltungsprogramm sein.
Ein Modell zudem für den sparsamen Umgang mit Geld, denn in den achtzehn Sendungen der beiden Staffeln (I mit 6, II mit 12 Sendungen, zuletzt am 22. Februar 2024) wurden an die Gewinner „nur“ 684.000 € ausbezahlt (entspricht 38% von maximal möglichen 1,8 Mio. €). Alle notwendigen Informationen dazu sind bei Wikipedia nachzulesen. Die lästige Produktwerbung übrigens wegzulassen, mit der auch diese Kosten gedeckt werden, ist für den Privatsender Sat.1 unmöglich. Für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk mit einem klaren Bildungsauftrag und garantierten Gebührenaufkommen – in 2022 laut Statista 8,57 Mrd. € – hingegen schon. Bei den sogenannten „Zwangsgebührenfinanzierten“ (siehe unten) besteht ein in jeder Hinsicht gewaltiger Handlungsbedarf.
2. Spitz-findig-keit
Faz-net vom 18.3.2024 (hinter Schranke) greift in einem Interview mit Präsident Bernhard Watzl noch einmal die überarbeitete Empfehlung der DGE auf (wir hatten hier berichtet). „Kaum Fleisch, selten Spiegelei? Die neuen Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung verblüffen viele: Geht es nicht mehr um Gesundheit, sondern um das Klima?“ Fragt Katrin Hummel. Laut Prof. Watzl ist es „… (fast) dasselbe.“
Hummel: „Wie kam das im Detail, dass Sie jetzt so viele Umweltaspekte in die Empfehlungen der DGE eingearbeitet haben?“ Watzl: „Alle wichtigen internationalen Institutionen im Bereich Ernährung fordern, dass Ernährungsempfehlungen die Umweltauswirkungen berücksichtigen.“
Hummel: „Drei Viertel der Fördermittel, die die DGE bekommt, stammen vom Bund. Hat da irgendjemand Einfluss genommen auf die neuen Empfehlungen der DGE?“ Watzl: „Nein, überhaupt nicht. Wir haben schon 2016 mit dieser Neuausrichtung in Richtung Umwelt und Klima begonnen. Seitdem gab es drei neue Regierungen (leicht übertrieben – JG). Es ist in der Wissenschaft auf europäischer Ebene mittlerweile Standard, dass man bei Ernährungsempfehlungen auch die Umwelt mitberücksichtigt.“
Und: „Wir empfehlen ein Ei, das man kocht oder als Spiegelei macht. Wir haben nichts zu den Eiern gesagt, die in Form von Nudeln, Spätzle, Gebäck oder Kuchen verzehrt werden. Und diese Empfehlung, die wir geben, ist genau das, was der Durchschnittsdeutsche in den letzten Jahren verzehrt hat. Ein Ei pro Woche oder zwölf Gramm am Tag entspricht exakt dem üblichen Verzehr … .“
Auf die konkrete Frage, ob Ostern kulinarisch gesehen damit für uns ins Wasser fällt, geht Watzl nicht ein. Vielleicht könnte man, angenommen sechs Eier sind im Osternest, bis zur 19. Kalenderwoche je ein gekochtes Ei zu sich nehmen. Aber Vorsicht vor faulen Eiern.
3. Spitz-findig-keit
Die „Sprache der Energiewende“ analysiert Frank Hennig in seinem lesenswerten zweiteiligen Beitrag auf Tichys Einblick am 10./17.3.2024 (hier und hier). Er beschreibt detailliert wie Politik und Medien, offen oder subversiv, mit sprachlichen Instrumenten und falschen Bildern versuchen, die gescheiterte Energiewende als Erfolg zu verkaufen. Die Interessen der Energiewendegewinner, einer Minderheit, wiesen den Weg.
Kurz: „Die Themen Energiewende, Antiatom, Dekarbonisierung und Klimawandel, die Forderung nach immer mehr ‚Erneuerbaren‘ und dem nötigen Verzicht an Wohlstand werden von Politikern und aktivistischen Journalisten vorangetrieben. Sie bilden aktuell eine Mehrheit in der Regierung und den sogenannten Qualitätsmedien samt den Zwangsgebührenfinanzierten und geben die Richtung vor. Das nennt man Mainstream. Ihnen folgen andere, die dazugehören wollen. Man schreibt voneinander ab, das entbindet von eigener geistiger Anstrengung, man spart Recherche und vor allem erspart man sich Angriffe bei abweichenden Informationen und Kommentierungen. Die Abweichung vom Mainstream wird bestraft – durch Ignorieren, Vorenthalten von Informationen und beschränktem Zugang zum politischen Raum.“
Und: „Sprache … dient der Wissensvermittlung, der Lüge, der Aufklärung, der Poesie, der Indoktrination, der Einschüchterung, der Ermutigung. … Sprache lebt und entwickelt sich durch den Gebrauch weiter. Sie lässt sich nicht ‚von oben‘ ändern. Das versuchten schon Nazis und Kommunisten, aber auch heutigen abgehobenen Eliten wird es nicht gelingen.“
Und hier geht es auch ein wenig österlich weiter.
#PreppoKompakt
Ganz zum Schluss gibt uns Frank Hennig eine Empfehlung seines Journalistenkollegen Dushan Wegner mit auf den beschwerlichen Weg, die gut und gerne auch von Immanuel Kant sein könnte: „Glaube wenig, prüfe alles, denke selbst.“