Spitz-findig-keit #161

8 minutes

Spitz oder Spitze sind in aller Regel pointierte Aussagen zum Zeitgeschehen. Dies kann, muss aber nicht die Politik betreffen. Es kann auf die Gegenwart oder auch auf die Vergangenheit gemünzt sein. Spitz ist eine Aussage dann, wenn sie sticht, der betreffenden Person oder Personengruppe wehtut, spitze, wenn sie ausgezeichnet formuliert ist und im Idealfall zudem die Wahrheit abbildet. Fi/ündig, wenn der beschriebene Umstand nicht ganz offensichtlich, also erst zu ergründen ist. Und -keit lässt auf unterschiedliche menschliche Eigenheiten/-schaften schließen, wie beispielsweise Eitelkeit, Heiterkeit, Überheblichkeit oder, oder. Alles zusammengenommen eine echte Spitzfindigkeit. In unserer Kolumne ‚Spitz-findig-keit‘ zitieren wir in lockerer Folge jeweils zwei oder drei Aussagen und verschonen dabei auch nicht klassische Denkerinnen und Denker.

Um Denkanstöße zu geben, die Freude am Formulieren zu wecken – nichtzuletzt auch um dem Humor in unserer doch etwas trostloseren Zeit wieder mehr Geltung zu verschaffen. Erhöht das Wohlbefinden. Packen wir es an! Ich sage nicht, wir schaffen das. Aber wir probieren es auf jeden Fall!

Spitzfindigkeiten zuhauf!

Vorbemerkung

Es gibt nach Immanuel Kant auch eine falsche Spitzfindigkeit, die wir uns hier allerdings nicht zu eigen machen wollen. Wer dem dennoch nachgehen möchte – Die falsche Spitzfindigkeit der vier syllogistischen Figuren – kann dies hier gerne tun.

Heute verfolgen wir dafür die in der #159 eingeleitete Spur mit dem Cannabis weiter und kehren aus dem fernen Thailand auf unseren Kontinent zurück.

1. Spitz-findig-keit

Sehr hilfreich ist das aktuelle Positionspapier der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen e.V. (DHS), das als pdf heruntergeladen werden kann. Ebenso eine Vielzahl an Infomaterialien zu Alkohol, Drogen, Tabletten, Tabak und an anderen süchtigmachenden Stoffen sowie zum Glücksspiel.

Cannabis – gesellschaftliche Verbreitung und mögliche Gesundheitsschäden

„Cannabis ist nach Alkohol und Tabak die am häufigsten zu Genusszwecken konsumierte psychoaktive Substanz mit einem Abhängigkeitsrisiko. In Deutschland ist ungefähr jeder zehnte Erwachsene mit Cannabiskonsum (8-9% …) involviert. Damit konsumieren ca. 4 bis 5 Millionen Menschen Cannabis. Die entsprechenden Gebrauchsraten sind allerdings in speziellen Risikogruppen, insbesondere bei jungen Erwachsenen (18-25 Jahre) mit ca. 25 % erheblich höher und liegen selbst bei Minderjährigen/Jugendlichen (12-17 Jahre) bei 8-10 %.“

„Hauptsächliche akute und chronische Gesundheitsschäden, deren Risiken durch Cannabisgebrauch erhöht oder bedingt sind, beinhalten: kognitive, psychomotorische und verhaltensrelevante Einschränkungen oder Störungen; Cannabisgebrauchsstörung oder -abhängigkeit; psychologische Probleme (einschließlich psychotische Störungen, Depression); Einbezug in Verkehrsunfälle mit Verletzungs- oder Todesfolge; Schädigungen des Atemwegesystems (z.B. Bronchitis, insbesondere bei Cannabisrauchen); Gesundheits- oder Entwicklungsprobleme bei Neugeborenen. Es ist zu betonen, dass die genannten Gesundheitsschäden im Allgemeinen nur Minderheiten von Konsumierenden betreffen und vor allem bei denjenigen mit bestimmten Hochrisiko-Merkmalen (z.B. häufiger/chronischer Konsum, Gebrauch von Hoch-THC-Produkten usw.) auftreten … . Neben gesundheitlichen Risiken und Schäden können psychosoziale Folgeprobleme eintreten, die zu einer eingeschränkten Teilhabefähigkeit am gesellschaftlichen Leben führen können.“

Empfehlungen internationaler Experten für Cannabis-Konsumierende

Im Anhang des DHS-Positionspapiers finden sich die zugrundeliegenden Empfehlungen eines internationalen Experten-Teams, wie Konsumierende ihre Risiken für Gesundheitsschäden vom Cannabisgebrauch mindern können (Lower Risk Cannabis Use Guidelines – LRCUG). Darin enthalten drei allgemeine Vorsichtshinweise sowie 10 konkrete Empfehlungen. Der wichtigste Hinweis dabei lautet: „Cannabiskonsumierende müssen sich darüber bewusst sein, dass es keine allgemein sichere Form von Cannabiskonsum gibt; darum ist der einzige verlässliche Weg, jegliches Risiko für Folgeschäden von Cannabisgebrauch zu vermeiden, den Konsum zu unterlassen.“ Die von der DHS eingeforderte „Punktnüchternheit“ am Arbeitsplatz und im Straßenverkehr stellt dabei nur eine situative Behelfslösung dar.

2. Spitz-findig-keit

– Cannabis in Dänemark – die NZZ berichtet am 8.4.2024 über die Zustände in der „Freistadt Christiana“ mit rund 1000 Bewohnern auf 34 Hektar, einer Wohnsiedlung inmitten der Hauptstadt Kopenhagen, dem Ballungsraum mit etwa 1,4 Mio. Einwohnern. Die Freistadt ist in den 1970er Jahren entstanden, als Hippies und Aktivisten ein brachliegendes Kasernengelände besetzten und so einen autonomen Raum mit kollektivem Eigentum, eigenen Gesetzen, eigener Post, eigener Währung und selbst geführten Kindergärten, jedoch ohne Polizei schufen.

„Während in Dänemark Verkauf und Konsum von Cannabis illegal sind, wurde die Droge in Christiania jahrelang toleriert. Zunächst verkauften die Anwohner den Stoff noch selbst. Später stieg die Motorradbande Hell’s Angels zur kontrollierenden Kraft im Drogenhandel auf. Deren Vorherrschaft wurde jedoch von der dänischen Strassengang ‚Loyal to Familia‘ infrage gestellt. Die beiden Banden liefern sich eine blutige Auseinandersetzung.“ Seit 2021 starben dabei drei Männer, vier weitere Personen wurden verletzt.

Bürgerschaft hilft sich selbst!

Nun hatten die Anwohner – Erwachsene, Jugendliche, Kinder – genug und verwandelten die Pusher Street, wo sich die Verkaufsstände befanden, in eine Baustelle, indem sie die Pflastersteine aus dem Boden rissen. Die Polizei half bei der Entfernung der Stände. Damit endet, sofern Anwohner und Behörde obsiegen, in Christiania der offene Cannabisverkauf, während er in Deutschland legalisiert wird. Interessanterweise sehen die Anwohner von Christiana „… in der Legalisierung von Cannabis in Dänemark die eigentliche Lösung für das Gewaltproblem.“ Ein spezieller Standpunkt, der aus deren Sicht naheliegend scheint, aber sicherlich nicht verallgemeinerbar ist.

– Cannabis in München – die NZZ berichtet am 10.4.2024 (hinter Schranke) über zum Oktoberfest angestellte Überlegungen. „Der Joint als die neue Mass? Daraus dürfte nichts werden. Wer sich auf der ‚Wiesn‘ für den Konsum von Cannabis statt Bier entscheidet, dem könnten empfindliche Geldstrafen drohen.“

Ministerpräsident Söder hilft!

Geht es nach dem bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder bleibt das grösste Volksfest der Welt cannabisfrei. CDU und CSU hatten ja bis zuletzt versucht, die Legalisierung zu verhindern. Nun kündigte der Chef der Bayerischen Staatskanzlei Florian Herrmann letzten Dienstag eine Verordnungsermächtigung für Kommunen zur Errichtung Cannabis-freier Zonen an, die auch eine Lösung für Volksfeste sein könnte. Und Söder verlautbarte gleichentags auf Instagramm „Bayern wird kein Kiffer-Paradies!“, verbunden „… mit einer Auflistung von Geldstrafen, die Kiffern in Bayern bei Nichteinhaltung der Regeln drohen.“ So soll, wer in Gegenwart von Minderjährigen kifft, 1000 Euro und wer die Mindestabstände zu Schulen, Sportplätzen oder Kinderspielplätzen mißachtet, 500 Euro zahlen.

3. Spitz-findig-keit

Spaßeshalber hatte ich einem Schreiben an einen guten Kollegen und Freund als P.S. angefügt: Freue mich auf unser Zusammentreffen am 10. April. Mal sehen, ob es in B. auch C. gibt. Dort sind schon immer geschäftstüchtige Leute am Werk. Und wer A sagt, muss bekanntlich auch B sowie C sagen – Cannabitz!

Natürlich gab es letzten Mittwoch bei der würdevollen Verabschiedung von Bürgermeister Hubert Schiele nach 24-jähriger Tätigkeit, das sind in Baden-Württemberg drei volle Amtszeiten, in der vollbesetzten Bitzer Festhalle kein Cannabis. Die Anwesenden hatten es überhaupt nicht nötig. Die Musikkapelle Bitz und der Gospelchor „Sound of Joy“ sorgten für den guten Klang, der Tischtennis Club für eine ausgezeichnete Bewirtung, die in der Länge angemessenen Reden für Klarheit – und alles wurde mit reichlich Beifall bedacht. Sehr viel Applaus erhielt natürlich der Bürgermeister a.D., der sogleich in seiner Rolle als Sänger – der Großgewachsene im blauen Anzug rechts vom Pult – aufging.

Einer geht, die neue Bürgermeisterin Raphaela Gonser kommt und übernimmt das Steuerrad. So wie schon zuvor eine Kollegin und zwei Kollegen (ebenfalls im Bild), hat sie zu meiner Zeit eine berufliche Station im Albstädter Rathaus absolviert. Was mich, man sehe es mir nach, ein klein wenig mit Stolz erfüllt.

Und hier geht es weiter zur nächsten Spitzfindigkeit.

#PreppoKompakt

Punktnüchternheit auch auf Volksfesten, zumindest was Gras/Marihuana/Haschisch, sprich Cannabis anbelangt! Aber wie sieht es mit den Bundestagssitzungen aus? Und wer kontrolliert das alles?

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert