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Spitz-findig-keit #162

8 minutes

Spitz oder Spitze sind in aller Regel pointierte Aussagen zum Zeitgeschehen. Dies kann, muss aber nicht die Politik betreffen. Es kann auf die Gegenwart oder auch auf die Vergangenheit gemünzt sein. Spitz ist eine Aussage dann, wenn sie sticht, der betreffenden Person oder Personengruppe wehtut, spitze, wenn sie ausgezeichnet formuliert ist und im Idealfall zudem die Wahrheit abbildet. Fi/ündig, wenn der beschriebene Umstand nicht ganz offensichtlich, also erst zu ergründen ist. Und -keit lässt auf unterschiedliche menschliche Eigenheiten/-schaften schließen, wie beispielsweise Eitelkeit, Heiterkeit, Überheblichkeit oder, oder. Alles zusammengenommen eine echte Spitzfindigkeit. In unserer Kolumne ‚Spitz-findig-keit‘ zitieren wir in lockerer Folge jeweils zwei oder drei Aussagen und verschonen dabei auch nicht klassische Denkerinnen und Denker.

Um Denkanstöße zu geben, die Freude am Formulieren zu wecken – nichtzuletzt auch um dem Humor in unserer doch etwas trostloseren Zeit wieder mehr Geltung zu verschaffen. Erhöht das Wohlbefinden. Packen wir es an! Ich sage nicht, wir schaffen das. Aber wir probieren es auf jeden Fall!

Spitzfindigkeiten zuhauf!

Vorbemerkung

Es gibt nach Immanuel Kant auch eine falsche Spitzfindigkeit, die wir uns hier allerdings nicht zu eigen machen wollen. Wer dem dennoch nachgehen möchte – Die falsche Spitzfindigkeit der vier syllogistischen Figuren – kann dies hier gerne tun.

Heute starten wir stattdessen – wie schon vor Jahresfrist in der #113 – mit wunderbaren Klängen. Und auch das Thema Cannabis aus der #161 läßt uns nicht los. Um danach brutal in der deutschen Geschichte vor exakt 79 Jahren zu landen.

1. Spitz-findig-keit

Beim Crossover-Konzert 2023 war man „irgendwie“ näher dran. Vielleicht auch weil man drei lange Jahre darauf warten mußte. Die Anmoderation heute vor einer Woche war nicht immer deutlich vernehmbar. Und so etwas Außergewöhnliches wie „Papa was a rollin’ stone“ – sprich Sänger und Liedtext – fehlte, ebenso der vorgezeichnete Programmablauf. Ohne vorliegendes Programm gebe es für die Zuhörerinnen und Zuhörer mehr Überraschungseffekte, erklärte mir kurz vor Beginn der Aufführung Herr Baumgärtner.

Und ja, es wurde ein fantastisches Konzert. Crossover – über Kreuz – als Grundgedanke, mit der Vermischung bestehende Grenzen überwinden, unterschiedliche Musikstile und Genres zusammenbringen. Und dann noch in einem so markanten Gebäude wie der Martinskirche, die, bis auf den allerletzten Platz besetzt, zudem gekonnt illuminiert wurde. Kein Wunder kommen fürs menschliche Ohr wahrnehmbare „Sphärenklänge“ heraus, so wie unterschiedliche Magnetpole oder Gegensätze sich anziehen und ungeahnte Kräfte entfalten. Dass die einzigartige Rensch-Orgel viel bewirkt ist offensichtlich, aber was ein kleines Cello doch so kann – und vor allem das Zusammenspiel beider. Jedes einzelne Instrument war virtuos besetzt, natürlich auch die Stimmen astrein.

Das nachfolgende rund sechs Minuten lange Video vermittelt ein paar Eindrücke des Abends. Total entzückt berichtet auch Barbara Szymanski im ZollernAlbKurier (ZAK) am 16.4.: „Wie im siebten Himmel: So fühlten sich die gut 700 Zuhörer beim nunmehr sechsten Crossover mit der Band Südlich von Stuttgart und musikalischen Gästen.“

Auf der Internetseite von „Südlich von Stuttgart“ sind mit Annette Kienzle – Gesang, Ralf Gugel – Gitarre, Christian Baumgärtner – der „Bandleader“ am Schlagzeug, Jan Reinelt – Keyboards, und Johannes Killinger – Bass, alle Mitglieder der Band, wie auch mit Carla Frick – Gesang, Dominik Steegmüller – Gesang, Friedemann Dähn – Violoncello, Klaus Wagenleiter – Piano, Dr. Steffen Mark Schwarz – der „Hausherr“ an der Rensch-Orgel, Herbert Wachter – Percussion, Christoph Beck – Saxofon, Flöte, die musikalischen Gäste aufgeführt. Von den Crossover-Konzerten kann man Stand heute unter den Videos vier Aufnahmen bewundern. Sehr eindrücklich zudem das Video „Fragile“ aus 2020 mit einem Lied von Sting. Anstehende Termine sind ebenfalls einzusehen, zum Beispiel am 10.8.2024 südlich von Albstadt beim Seenachtsfest in Konstanz.

2. Spitz-findig-keit

Faz-net vom 13.4.2024 (hinter Schranke) bringt ein Gespräch mit Dr. Cihan Çelik, Lungenfacharzt am Klinikum Darmstadt, südlich von Frankfurt, der jüngst vom Bundespräsidenten das Bundesverdienstkreuz am Bande verliehen bekommen hat. Dabei gilt eine Frage auch dem seit Monatsbeginn legalisierten Konsum von Cannabis: Wird das in der Klinik ein Thema werden?

„Cannabis ist ja bereits ein Thema, und aus pneumologischer Sicht schadet Cannabis definitiv mehr, als es nutzt. Aber der Patient hat ein Privatleben und hat ein Recht auf ungesundes Verhalten. Da muss man sich auch als Mediziner fragen, was es bringt, wenn der nun mal real existierende Konsum kriminalisiert wird – hat das irgendwem geholfen? Ich erhoffe mir durch die Legalisierung leichtere Aufklärungsarbeit und Fortschritte beim Jugendschutz und bei der Prävention. Hoffentlich lassen sich Menschen auch früher helfen, wenn sie Suchtprobleme haben und keine Sorge mehr haben müssen, eine Straftat zuzugeben. Vielleicht wird auch weniger verunreinigtes und überzüchtetes Cannabis konsumiert. Das wird man alles sehr genau beobachten müssen. Ein Versuch ist es wert.“

Die Meinung der FAZ Leserinnen und Leser im Abstimmungsformat (Stand 15.4.2024) zeigt das Schaubild auf.

Hoffentlich beobachtet man das Ganze sehr genau, sieht nicht zu lange zu und bringt dann auch den Mut auf, gegenzusteuern.

In SWR1 Leute hat am 17.4.2024 Professorin Dr. Petra Beschoner, Chefärztin der Akut-Klinik Bad Saulgau, rund 50 Minuten lang in einem lebhaften und informativen Gespräch ihre fundierte Einschätzung zum Cannabiskonsum dargelegt. So beschreibt sie auch Fälle, wo – zum Lebensende hin – palliativ, die kontrollierte Einnahme in Tablettenform durchaus Sinn macht. Als Audio echt hörens-, als Video zusätzlich sehenswert – und beides herunterladbar.

3. Spitz-findig-keit

Aus dem wiederholt zitierten „Buch der Tagebücher“ – zuletzt hier – der Eintrag von Erich Kästner, Mayrhofen/Tirol, am 21. April 1945 (S. 197, zur Person S. 636). Kästner, 1899 in Dresden geboren und vor rund 50 Jahren in München verstorben, mußte am 10. Mai 1933 in Berlin zusehen, wie seine Bücher von den Nationalsozialisten öffentlich verbrannt wurden.

„Gestern war also Hitlers Geburtstag. Die Amerikaner sind vierzig Kilometer über Nürnberg nach Süden vorgedrungen. Bei Weimar wurde das Konzentrationslager Buchenwald befreit. Die Amerikaner haben die Weimaraner, vor allem die Herren und Damen der Partei, zu einer Führung durch das Lager ‚eingeladen‘ gehabt. Dabei sind wohl viele der Geführten ohnmächtig geworden, als sie die halb verhungerten Insassen, die Verbrennungsöfen, Skelette usw. vorgeführt bekamen.“

Erich Kästner zählt hier unterschiedliche Bewegungen der amerikanischen Streitkräfte auf. Der Vorstoß südlich von Nürnberg bezieht sich nicht auf die Befreiung von Buchenwald, dem größten KZ auf deutschem Boden, rund 250 km weiter nördlich knapp über Weimar gelegen. „Bis zur Selbstbefreiung der Häftlinge und der Befreiung durch die US-Armee am 11. April 1945 waren etwa 250.000 Menschen aus 36 Ländern nach Buchenwald verschleppt worden. Schätzungsweise 56.000 Häftlinge starben im Lager oder wurden ermordet. Mehrere tausend Insassen sind noch kurz vor Kriegsende auf Todesmärsche geschickt worden. 21.000 Häftlinge erlebten die Befreiung“ (so auf kurz&knapp der Bundeszentrale für politische Bildung (bpb) vom 7.4.2015 zu lesen).

Kästners „Es gibt nichts Gutes, außer man tut es“ ist übrigens einer meiner Lieblingssprüche, ergänzt um „es gibt viel Schlechtes, außer man läßt es“.

Widmung

Heinrich Haasis gewidmet, der südlich von Stuttgart in Metzingen lebt und dort heute seinen 79. Geburtstag feiern kann. Egal wo er sich in die Pflicht hat nehmen lassen, ob in Bisingen, Balingen, Stuttgart oder Berlin, egal in welcher Funktion, ob als Bürgermeister, Landrat, Landtagsabgeordneter oder Sparkassenpräsident, seine Arbeit war tadellos und ergebnisorientiert. Dabei agierte er stets mit Weitblick, verbindlich-überzeugend und menschlich-sympathisch. Wir Albstädter verdanken ihm unsere Hochschule, für die er sich als Doppelstandort mit Sigmaringen stark eingesetzt hat. Herzlichen Glückwunsch, lieber Herr Haasis.

Und hier geht es weiter in Richtung gesundem Menschenverstand, zumindest philosophisch.

#PreppoKompakt

Südlich von Stuttgart, … Albstadt, … Frankfurt oder … Nürnberg – mitnichten ein Crossover, nur eine lose Klammer für unsere heutigen spitzfindigen Anmerkungen.

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