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Corona und das Danach – neue Herausforderungen

Unsere aktuelle Diskussion um die Maskenpflicht zum Schutz vor dem Corona Virus mutet teilweise skuril an. Dabei liegt die Antwort in dieser speziellen Frage offen zutage – man braucht nur internationale Vergleiche zu bemühen.

Die neuen Herausforderungen ante portas sind da weit anspruchsvoller. Man könnte deren zukünftiges Bestehen auch als den Reife- oder Intelligenztest für Regierungen, ja für die gesamte Staatengemeinschaft interpretieren. Verstand und Vernunft behalten auf jeden Fall ihren hohen Stellenwert.

Wie die Staaten bislang mit dem Corona Virus zurecht gekommen sind

Der ausführliche (wenngleich nicht allumfassende) Ländervergleich in der NZZ vom 7.7.2020 (hinter Schranke) vermittelt eine eindeutige Botschaft.

Deutschland, Italien, Japan und die Schweiz haben das Corona Virus vorerst erfolgreich eingedämmt

„Obwohl Italien relativ früh viel stärkere Einschränkungen als Deutschland beschloss, kämpfte das Land länger mit der Pandemie und hatte sehr viel mehr Tote zu beklagen. … Neue Untersuchungen deuten darauf hin, dass sich das Virus in Norditalien schon seit Dezember unbemerkt verbreitete. Das würde den Unterschied zu Deutschland zum Teil erklären. …

Obwohl in Deutschland und der Schweiz mit den Lockerungen immer wieder neue Infektionsketten auftauchen, sind die Zahlen von jenen am Höhepunkt der Pandemie weit entfernt. Eine zweite Welle droht zwar, aber im Gegensatz zu anderen Regionen hat sie die Länder noch nicht erfasst.“

Japan sticht heraus: Trotz höherer Bevölkerungsdichte und höherem Durchschnittsalter erkrankten und starben dort viel weniger Menschen an Covid-19. Und „… das, obwohl die Regierung einzig die Schliessung der Schulen für das ganze Land vorschrieb. Andere Einschränkungen blieben vielerorts freiwillig, und auch getestet wurde vergleichsweise wenig. … Ein Grund … dürfte sein, dass die Japanerinnen und Japaner die Situation schnell ernst nahmen und beispielsweise früh Atemschutzmasken trugen.“ (Im Blog hatten wir uns schon hier und hier auf den japanischen Weg bezogen).

In den USA, in Russland, Polen und Schweden ist das katastrophal anders

„Hier geht die Kurve mal hoch, mal runter. Auf ein Niveau, das aufatmen liesse, sinkt die Fallzahl nicht. Das hat teils mit politischer Nonchalance zu tun, teils mit Geografie. Oder – im Fall Schwedens – mit epidemiologischem Eigensinn.“

Iran, Israel und einige Balkanstaaten stecken bereits in der zweiten Welle

„Ihre Regierungen haben die Massnahmen schnell und in manchen Fällen brüsk gelockert oder relativ früh Entwarnung gegeben.“

In Bangladesh, Indien, Mexiko und Saudiarabien, wurden Ausgangsbeschränkungen zu schnell gelockert

Der Grund dürfte die prekäre wirtschaftliche Situation sein, da die Regierungen eine Vertiefung der Wirtschaftskrise befürchteten.

„In Bangladesh etwa, wo die Textilindustrie rund 80 Prozent der Exporte ausmacht, öffneten manche Fabriken schon Ende April wieder. Ende Mai hob die Regierung Bewegungsbeschränkungen auf, um die Wirtschaft wiederzubeleben.“

Auf gefährlichen Sonderwegen: Weissrussland, Nicaragua und Burundi

Hier wurde und wird das Corona Virus von den politisch Verantwortlichen weitestgehend ignoriert und die Bevölkerung und die internationale Gemeinschaft auch nicht transparent informiert.

Drei klare Schlußfolgerungen der NZZ-Redakteure

„Erstens, strikte Massnahmen wirken durchaus, vor allem wenn sie früh genug eingesetzt und lange genug durchgehalten werden. Länder, die ihre Massnahmen lockerten, bevor das Virus stark eingedämmt war, bekamen die Folgen prompt zu spüren.

Zweitens, das Lockern hatte manchmal mit Leichtsinn zu tun, meist aber mit wirtschaftlichem Druck: Für ärmere Länder ist es ungleich schwerer, die Massnahmen zur Eindämmung durchzusetzen.

Drittens, es kommt nicht nur auf die Regierung an, sondern auch auf das Verantwortungsbewusstsein der Bevölkerung. Das macht Japan vor.“

Das Dilemma unserer Entscheider

Klar, Deutschland ist ein Föderalstaat mit 16 teilsouveränen Bundesländern sehr unterschiedlicher Größe, die unterschiedlich von der Corona Pandemie betroffen sind. Klar, dass die Verantwortlichen auf der politischen Bühne sich positionieren wollen/müssen, nicht nur angesichts anstehender Wahlen. Hinzu kommt das Urteil des Oberverwaltungsgerichts für Nordrhein-Westfalen in Münster zum Kreis Gütersloh, das die Materie nicht einfacher macht (siehe hierzu faz-net vom 6.7.2020).

Die schiere Zahl der Bundesländer oder um ein aktuelles Beispiel zu nehmen, die Größe/Anzahl der Sitze des Deutschen Bundestages, sind ein unrühmliches Beispiel für die Arbeit unserer Volksvertreter (in faz-net vom 15.11.2019 thematisiert – das mit 82 % eindeutige Stimmungsbild siehe unten). Prokrastinierend, so mein Eindruck und meine Wahrnehmung, drückt man sich hierzu im Kollektiv Bundestag bis dato vor objektiv notwendigen Entscheidungen. Frag- und alternativlos ein viel zuwenig beachteter Skandal!

Erklärungsansätze

Ein Erklärungsansatz ist, dass wir zunehmend verlernen gemeinwohlorientiert zu denken und zu handeln. Der eigene Vorteil – und das nicht nur bei den politischen Entscheidern und Parteien – dominiert, weil naheliegender, weit weniger abstrakt. Wir zudem einfach keinen Wert mehr im Gemeinwohl erkennen.

Zugleich werden Institutionen schwächer, die noch am ehesten eine solche Orientierung vermitteln. Die überdurchschnittlich vielen Austritte aus den beiden Volkskirchen in 2019 sind dafür ein augenfälliger Indikator, wie auch die abnehmende Anzahl von Priesterweihen in der katholischen Kirche – so in faz-net vom 10.7.2020 festgehalten.

Oder werden wir einfach immer dümmer, wie eine ARTE-Sendung aus 2017 zum Rückgang des Intelligenzquotienten (IQ) suggeriert (wirklich sehenswert und in der Mediathek noch bis zum 23.10.2020 verfügbar).

Gegen Corona hilft nur Durchhalten

Gegen Corona – um zum Ausgangspunkt zurückzukommen – hilft nur Durchhalten. So der (zu)treffende Kommentar von Joachim Müller-Jung in faz-net vom 7.7.2020 (hinter Bezahlschranke). „Die Maske ist da nur ein aktueller Minimalkonsens. Wenn wir den nicht hinkriegen, wie wollen wir gemeinsam noch größere globale Krisen künftig konsequent angehen?“ Tags zuvor schon hatte Heike Schmoll in faz-net Maskentragen nicht als eine Frage des Glaubens, sondern der Vernunft und der Rücksichtnahme bezeichnet. Es sei unverantwortlich, die Mundschutzpflicht jetzt abzuschaffen, der Schnutenpulli – welch schöner Begriff (JG) – müsse bleiben.

Was, wenn noch größere Herausforderungen kommen, beispielsweise durch eine Sonneneruption?

Im „The Economist“ aus London vom 25.6.2020 sind hierzu zwei interessante Beiträge zu lesen (hinter Schranke): Der erste behandelt die grundsätzliche Frage, welche Gefahren („the next catastrophe“) auf uns Erdenbürger noch zukommen können und welche Aufgabe hierbei der Regierung zufällt. Zu letzterem zählt eindeutig, darauf vorbereitet zu sein („preparedness is one of things that governments are for“). Die Rede ist von großen Asteroiden, Sonneneruptionen (coronal mass ejection – CME) oder Vulkanausbrüchen. Allen gemein ist, dass sie mit einer geringen Wahrscheinlichkeit eintreten, dann aber extreme Folgen zeitigen („low-probability, high-impact events“). Der Beitrag wirbt dafür, dass sich Regierungen nicht erst damit beschäftigen, wenn solche Ereignisse eingetreten sind, sondern Frühwarnsysteme installieren und sich Pläne zurechtlegen. Dies wird als ein besonderer Grad an Reife („prudent maturity“) von Regierungen gewertet.

Der zweite Beitrag geht ins Detail und empfiehlt der Welt, intensiver über mögliche Katastrophen und existentielle Risken für die gesamte Menschheit nachzudenken. „Plans and early-warning systems are always a good idea“. Zudem werden von Experten Wahrscheinlichkeiten geschätzt: So wird eine Sonneneruption (CME), in deren Folge die Netze für die Stromversorgung zusammenbrechen, in den nächsten 10 Jahren mit einer Wahrscheinlichkeit von 1 zu 10 taxiert. Die Kombination mehrerer Risiken – darunter geringe wie 1 zu 1000 – kann sich nach Expertenmeinung in den nächsten 100 Jahren locker auf 1 zu sechs addieren. Diese hohe Eintrittswahrscheinlichkeit entspräche dem russisches Roulette genannten Spiel mit dem Revolver und einer Kugel auf Leben und Tod.

Auch der Frage, inwieweit künstliche Intelligenz (KI) hilfreich sein könnte, wird im Beitrag nachgegangen. Ernüchternd ist, dass sie selbst zu einer unberechenbaren Gefahrenquelle werden kann, insbesondere wenn es sich um die Entwicklung und den Einsatz von Biowaffen (bioweaponry) handelt.

Natürlicher Mikrobenvorrat

Dabei reicht schon der unendliche Mikrobenvorrat der Natur. Anknüpfend an das Corona Virus berichtet faz-net „Quarterly“ vom 9.7.2020 darüber (hinter Schranke), versehen mit drei starken Bildern: „Es sind Viren, Bakterien, Parasiten, Pilze, Prionen und Würmer, die Krankheiten auslösen und uns sogar töten können. … Gegen viele der Spielarten … gibt es nicht viel auszurichten.“ Trotz der einen oder anderen Erfolgsgeschichte – Pockenviren 1980 ausgelöscht, Impfung gegen das Masernvirus – verbreiten sich solche Erreger beinahe ungehindert überall auf der Erde. „Und so trifft man plötzlich auch in unseren Breiten zunehmend auf Gefahren, die lange Zeit nur aus fernen, exotischen Regionen bekannt waren.“

Verstand und Vernunft lebensnotwendig

Schon Johann Wolfgang von Goethe hat 1829 in seinem Gedicht „Vermächtnis“ mit wohlgesetzten Worten pro Verstand und Vernunft plädiert (in der vierten und fünften Strophe von insgesamt sieben):

„Den Sinnen hast du dann zu trauen, kein Falsches lassen sie dich schauen, wenn dein Verstand dich wach erhält. …

Genieße mäßig Füll und Segen, Vernunft sei überall zugegen, wo Leben sich des Lebens freut. Dann ist Vergangenheit beständig, das Künftige voraus lebendig, der Augenblick ist Ewigkeit.“

Gewidmet meiner Freundin Mechthild H. aus Stuttgart, die den Hinweis auf „The Economist“ gab.

Hier geht es zum Corona Virus update

#PreppoKompakt

Unseren Dichterfürsten modern übersetzt: mit wachem Verstand sich auf die eigenen Sinne verlassen, stets vernünftig handeln und Maß halten. Dann lernt man aus der Geschichte, kann sich die Zukunft ausmalen und verpasst vor allem nicht, die Gegenwart zu leben. Eigentlich einfach.

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