Spitz-findig-keit #149

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Spitz oder Spitze sind in aller Regel pointierte Aussagen zum Zeitgeschehen. Dies kann, muss aber nicht die Politik betreffen. Es kann auf die Gegenwart oder auch auf die Vergangenheit gemünzt sein. Spitz ist eine Aussage dann, wenn sie sticht, der betreffenden Person oder Personengruppe wehtut, spitze, wenn sie ausgezeichnet formuliert ist und im Idealfall zudem die Wahrheit abbildet. Fi/ündig, wenn der beschriebene Umstand nicht ganz offensichtlich, also erst zu ergründen ist. Und -keit lässt auf unterschiedliche menschliche Eigenheiten/-schaften schließen, wie beispielsweise Eitelkeit, Heiterkeit, Überheblichkeit oder, oder. Alles zusammengenommen eine echte Spitzfindigkeit. In unserer Kolumne ‚Spitz-findig-keit‘ zitieren wir in lockerer Folge jeweils zwei oder drei Aussagen und verschonen dabei auch nicht klassische Denkerinnen und Denker.

Um Denkanstöße zu geben, die Freude am Formulieren zu wecken – nichtzuletzt auch um dem Humor in unserer doch etwas trostloseren Zeit wieder mehr Geltung zu verschaffen. Erhöht das Wohlbefinden. Packen wir es an! Ich sage nicht, wir schaffen das. Aber wir probieren es auf jeden Fall!

Spitzfindigkeiten zuhauf!

Vorbemerkung

Es gibt nach Immanuel Kant auch eine falsche Spitzfindigkeit, die wir uns hier allerdings nicht zu eigen machen wollen. Wer dem dennoch nachgehen möchte – Die falsche Spitzfindigkeit der vier syllogistischen Figuren – kann dies hier gerne tun.

Heute bewegen wir uns dafür kräftig im Orbit. Was das mit unserem Bauch zu tun hat, erfahren wir zudem. Auch diejenigen, die ihn normalerweise mit ihren Produkten füllen, kommen zu Wort. Und gelacht werden darf ebenfalls.

1. Spitz-findig-keit

Wollte man jemand früher loswerden, so fiel der Spruch vom „zum Mond schießen“. Heute ist das anders. Vor zwei Tagen landete dort eine japanische Sonde, genannt SLIM (Smart Lander for Investigating Moon). Das 2,40 m lange und 1,70 m breite Raumfahrzeug setzte zeit- und wohl auch punktgenau auf der Mondoberfläche, das heißt nicht mehr als 100 Meter entfernt vom berechneten Landeplatz auf. Damit ist Japan „… nach der ehemaligen Sowjetunion, den USA, China und Indien das fünfte Land, dem eine Landung auf dem Erdtrabanten geglückt ist“. Der FAZ-Newsletter vom 19.1.2024 hat dies unter der Überschrift „Ein weiterer Staat auf dem Mond“ so antizipiert.

Die mit der SLIM-Mission gesammelten Daten werden im Rahmen des von den USA geleiteten Artemis-Programms verwendet. Damit will „… die Nasa erstmals seit mehr als 50 Jahren wieder Menschen auf den Mond bringen.“ Geplanter Termin im September 2026.

Italienische Höhenflüge

Zu Höherem strebt auch die italienische Regierung. Ihr Wunsch – „Die italienische Küche soll immaterielles Weltkulturerbe werden“ – und läßt dazu nichts unversucht (Aufnahmeverfahren/Kriterien des UNESCO-Welterbe – siehe Wikipedia). Der italienische Raumfahrer Walter Villadei, der am Mittwoch mit drei anderen Europäern von Florida aus zur Internationalen Raumstation (ISS) gestartet ist, hat deshalb für den zweiwöchigen Aufenthalt Nudeln im Gepäck. Eines der wie üblich zahlreichen wissenschaftlichen Experimente, die an Bord durchgeführt werden, nennt sich „Italian Space Food“. Der FAZ-Newsletter vom 17.1.2024 titelt „Pasta im Weltall“, denn den Astronauten sollen fertige Nudelgerichte serviert werden.

Wohlklingende Namen

Der italienische Minister für Landwirtschaft und Ernährungssouveränität Francesco Lollobrigida – Großneffe der Schauspielerin Gina und Schwager von Ministerpräsidentin Giorgia Meloni – hat bei einer Pressekonferenz in der italienischen Botschaft in Washington klargestellt: „Diese Mission soll die Kandidatur der italienischen Küche als immaterielles Kulturerbe der Menschheit unterstützen.“ In welchem Umfang sich der italiensche Staat an den in Medienberichten mit 50 Millionen Euro bezifferten Kosten pro Person dieser privaten Mission beteiligt, wäre eine interessante Frage.

Kontra

Ein italienischer Landsmann, der Historiker Alberto Grandi, behauptet „Parmesan, Carbonara, und Tiramisu seien gar nicht so alt und weniger italienisch, als man bisher angenommen habe“, die italienische Küche das Ergebnis von Kreuzungen, Vertauschungen und Nachahmungen. „Die Italiener haben der Welt nicht beigebracht, wie man kocht, sondern sie haben das als Migranten in den Ländern gelernt, in denen sie gearbeitet haben.“ So Grandi, der sich damit keine Freunde macht, gemäß FAZ-Newsletter (schon im April letzten Jahres hatte übrigens die NZZ ihn ausführlich dazu interviewt).

2. Spitz-findig-keit

Wann wir lachen? Und warum wir lachen, obwohl wir nichts zu lachen haben, im Gegenteil? Auf solche und ähnlichen Fragen – genau sind es 44 – geht in der NZZ vom 14.1.2024 (hinter Schranke) Willibald Ruch ein, ein bekannter Humorforscher. „Der Psychologe promovierte im Jahr 1980 zum Thema Humor und widmete seither seine Karriere dem Lachen und der Heiterkeit. Seit 2002 arbeitet er als Professor an der Universität Zürich. Im Jahr 2021 wurde er emeritiert.“

Ein Viertel der Fragen (kursiv) und Antworten davon zur Erbauung wiedergegeben:

3. Ist es also ein Missverständnis, dass Lachen mit Heiterkeit verbunden ist? Lachen ist schon häufig der Ausdruck von Freude. Aber wir lachen auch, wenn uns etwas peinlich ist, wenn wir uns überlegen fühlen oder eben in Extremsituationen.

4. Warum lachen wir denn eigentlich? Lachen ist eine Form von Kommunikation. Es schafft Gemeinschaft und Nähe.

6. Warum lachen wir weniger, wenn wir allein sind – ist die Gruppe wichtiger als die Pointe? Wir lachen mehr, wenn die Stimmung gehoben und locker ist. Eine heitere Gemeinschaft, aber auch geringe Mengen an Alkohol senken die Schwelle für das Lachen.

Und weiter geht es

13. Wie wichtig ist Humor in Beziehungen? Es ist schön, sich mit heiteren Menschen zu umgeben, und Humor kann Konflikte entschärfen. Wer aber Beziehungsprobleme hat, die er lösen kann, soll sie angehen. Lachen kann man über Dinge, die man nicht ändern kann.

15. Wer mag welche Art von Humor? Menschen, die die Welt gerne in Kategorien einteilen, mögen typischerweise Inkongruenz-Witze, die mit der Auflösung Sinn ergeben (der liebste Inkongruenz-Witz der Redaktion: ‚Herr Ober, zahlen, bitte!‘ – ‚Siebzehn, drei, sieben, zwölf.‘). Wer gerne Witze über blöde Blondinen hört, fühlt sich vielleicht in seinem Weltbild bestärkt. Wer verworren und komplex denkt, mag eher Nonsens-Witze, die nicht aufgelöst werden können (ein Beispiel der Redaktion: ‚Was ist der Unterschied zwischen einem Spatz? Das dritte Bein ist länger.‘).

16. Was sagt mein Sinn für Humor über meinen Charakter? Sehr viel. Goethe sagte schon, durch nichts verrieten Menschen mehr über ihren Charakter als über das, was sie lustig fänden. Wer lacht gerne über Schwiegermütter? Über die Schotten? Über den Pfarrer? Über sich selbst?

20. Ist Humor angeboren? Ja. Kinder spielen mit Gesten und Worten, ‚kämmen‘ sich mit der Zahnbürste die Haare und dergleichen. Wenn wir älter werden, kommt der Ernst des Lebens. In einer anstrengenden Ausbildung werden wir weniger humorvoll.

31. Ist Humor in der Evolution des Menschen zufällig entstanden, oder hatte er einen Zweck? Menschen, die gemeinsam lachen, schaffen Verbundenheit und vereinfachen die Zusammenarbeit. Humor ist evolutionär entstanden und auch im Tierreich verbreitet. So machen Schimpansen humorvolle Gesten, wenn sie sich langweilen, oder sie veräppeln nervige Artgenossen, indem sie sie mit Fäkalien bewerfen. Schimpansen haben aber keine Stimmbänder. Lachen zeigt sich bei ihnen, indem sie schnell ein- und ausatmen.

Schlussspurt

32. Wozu dient den Schimpansen der Humor? Sie unterhalten sich und heitern sich auf. Sie signalisieren mit Lachen aber auch, dass sie es nicht ernst meinen, wenn sie mit gefletschten Zähnen auf einen Artgenossen zuspringen. Damit trainieren sie spielerisch den Kampf.

37. Wann ist Humor ungesund? Es gibt Spott, Schadenfreude und diskriminierende oder abwertende Witze. Wer Humor fies statt spielend einsetzt, kann anderen schaden.

43. Gibt es Leute ohne Humor? Es gibt Menschen, die gelernt haben, dass sie überall ausgelacht werden, wo Leute zusammen lachen. Sie meiden Humor, insbesondere wenn er in Gruppen stattfindet. Das heisst aber nicht, dass sie sich nicht erfreuen könnten.

3. Spitz-findig-keit

Der Schwarzwälder Bote vom 8.1.2024 zu den friedlich verlaufenen Bauernprotesten im Zollernalbkreis gegen die Politik der Ampel mit eindrücklichen Bildern (36er Fotostrecke, Nr. 4): „Sie säen nicht/ Sie ernten nicht/ Aber Sie wissen alles besser!“. Merkt es endlich auch die Wählerschaft? Eignet sich vorzüglich zum Dampf ablassen. Beispielsweise … / Aber Sie bedienen sich selbst munter weiter!“ / Aber Sie greifen bei den Diäten gezielt in die Vollen!“ / Aber Sie … und so weiter und so fort.

Widmung

Meinem Großvater, mütterlicherseits, Anton Simon gewidmet, der heute 123 Jahre alt würde, wenn er nicht schon am 5. April 1991 im gesegneten Alter von 90 Jahren das Zeitliche gesegnet hätte. Verdanke ihm und meiner Großmutter Hedwig sehr viel, nicht nur materiell gesehen, sondern vor allem auch die bis ins Mannesalter von beiden erfahrene Zuneigung, Liebe und Wärme.

Und hier geht es weiter zur 150. Spitzfindigkeit.

#PreppoKompakt

Ob römische Carbonara oder schwäbische Maultaschen – lassen wir es uns trotzdem munden/schmecken. Auch den Humor lassen wir uns keinesfalls nehmen. Wie sagte mein Vater immer: Humor muss sein und wenn es auf dem Totenbett ist!

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