Spitz-findig-keit #178

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Spitz oder Spitze sind in aller Regel pointierte Aussagen zum Zeitgeschehen. Dies kann, muss aber nicht die Politik betreffen. Es kann auf die Gegenwart oder auch auf die Vergangenheit gemünzt sein. Spitz ist eine Aussage dann, wenn sie sticht, der betreffenden Person oder Personengruppe wehtut, spitze, wenn sie ausgezeichnet formuliert ist und im Idealfall zudem die Wahrheit abbildet. Fi/ündig, wenn der beschriebene Umstand nicht ganz offensichtlich, also erst zu ergründen ist. Und -keit lässt auf unterschiedliche menschliche Eigenheiten/-schaften schließen, wie beispielsweise Eitelkeit, Heiterkeit, Überheblichkeit oder, oder. Alles zusammengenommen eine echte Spitzfindigkeit. In unserer Kolumne ‚Spitz-findig-keit‘ zitieren wir in lockerer Folge jeweils zwei oder drei Aussagen und verschonen dabei auch nicht klassische Denkerinnen und Denker.

Um Denkanstöße zu geben, die Freude am Formulieren zu wecken – nichtzuletzt auch um dem Humor in unserer doch etwas trostloseren Zeit wieder mehr Geltung zu verschaffen. Erhöht das Wohlbefinden. Packen wir es an! Ich sage nicht, wir schaffen das. Aber wir probieren es auf jeden Fall!

Spitzfindigkeiten zuhauf!

Vorbemerkung

Es gibt nach Immanuel Kant auch eine falsche Spitzfindigkeit, die wir uns hier allerdings nicht zu eigen machen wollen. Wer dem dennoch nachgehen möchte – Die falsche Spitzfindigkeit der vier syllogistischen Figuren – kann dies hier gerne tun.

Heute hören wir lieber kurz einer humorvollen Repräsentantin eines oberpfälzischen Adelshauses zu, wundern uns über einen neuen Referentenentwurf aus dem Bundesverkehrsministerium und drehen uns zur Entspannung abschließend gemächlich im Kreise.

1. Spitz-findig-keit

Die NZZ vom 29.7.2024 (hinter Schranke) berichtet über ein Mittagessen mit Gloria von Thurn und Taxis in einem Regensburger Sternerestaurant. Schon in der #81 hatten wir uns mit ihr und ihrem Gemahl beschäftigt.

Die Fürstin pflegt einen kosmopolitischen Lebensstil. „Die ersten drei Monate im Jahr verbringt sie auf ihrer Ranch in Kenya. … Im benachbarten Somalia hat sie Teile ihrer Kindheit verbracht. Ihr Vater arbeitete dort als Journalist. Dem Aufenthalt in Kenya zum Jahresanfang folgen das Frühjahr in Rom und der Sommer am Starnbergersee. Danach erneut Rom und dazwischen immer wieder Regensburg.“

Rechts und links, das funktioniere bei ihr nicht, das sei etwas für Spiesser. Sie setze sich dafür ein, „… dass alle die Möglichkeit hätten, zu reisen, sich zu bilden, in die Oper zu gehen, medizinisch versorgt zu werden.“ Wir seien dabei, das alles kaputt zu machen, die Politik der gegenwärtigen Regierung gefährde den Wohlstand des Landes.

Es schmerzt sie, dass, wenn sie sich so pointiert zu gesellschaftspolitischen Fragen äussert, viele Menschen zu ihr auf Distanz gehen. Aber das sei deren Schaden, weil es immer lustig sei mit ihr. „Vor allem aber schmerze sie, dass ihre Möglichkeiten, verschiedenste Kreise zusammenzubringen, darunter gelitten hätten.“ Bei der Frage, ob sie tatsächlich trans- und homophob sei, wie ihr vorgeworfen werde, lacht sie. „Ich hatte in Rio in den achtziger Jahren jede Menge transsexuelle Freunde. Und meine schwulen Freunde heute lachen sich kaputt, wenn sie hören, ich sei homophob.“

2. Spitz-findig-keit

FAZ-Newsletter vom 30.7.2024 über geplante neue Verkehrsregeln für E-Scooter. Auch mit diesen Geräten haben wir uns schon intensiv auseinandergesetzt, zuletzt hier am 11.11.2019.

Laut aktuellem Referentenentwurf des Verkehrsministeriums sollen nun E-Scooter-Fahrer ähnliche Rechte erhalten wie Radfahrer. So sollen sie auf Gehwegen fahren dürfen, wenn diese für Fahrräder freigegeben sind, der Mindestabstand von 1,50 Meter beim Überholen von Fußgängern soll gestrichen werden und auch das Abstellen von E-Scootern auf Gehwegen erlaubt sein.

Dabei sprechen Daten des Statistischen Bundesamtes eine deutliche Sprache. So stieg die Zahl der E-Scooter-Unfälle mit Personenschaden in 2023 im Vergleich zum Vorjahr um 14 Prozent auf 9425, knapp die Hälfte davon bei Zusammenstößen mit Autos. 22 Personen starben dabei, doppelt so viele wie 2022. Und mehr als 40 Prozent der Verunglückten waren jünger als 25 Jahre. Die Polizei argumentiert wohl zurecht, dass insgesamt E-Scooter im gesamten Unfallgeschehen noch eine vergleichsweise geringe Rolle spielen.

Nicht zu unterschätzen dabei ist der Alkoholkonsum. Ungeübte Fahrer, wohl auch Fahrerinnen, steigen alkoholisiert auf den E-Scooter und riskieren außer ihrer Gesundheit im besten Falle mit mehr als 0,5 Promille – wie beim Autofahren – ein Bußgeld und Fahrverbot.

3. Spitz-findig-keit

Völlig risikolos ist hingegen eine Fahrt mit dem Riesenrad im Ostseebad Kühlungsborn. Bezahlen, einsteigen, schauen, wohlfühlen, ja sogar etwas essen, selbst einen Aperol Spritz – wir nennen ihn seit kurzem Strobel – kann man sich erlauben. Eine halbe Stunde lang, wenn Mann/Frau will – wir haben eine knappe Minute hier festgehalten.

Nachtrag von 18.8.2024 – faz-net Beitrag über den Brand in zwei Gondeln eines Riesenrads beim Highfield-Festival in Leipzig in der Nacht zuvor, ebenfalls im Video von knapp eineinhalb Minuten festgehalten. So schnell wird man Lügen gestraft!

„Eine Katastrophe bleibt aus, weil die Menschen im Riesenrad rechtzeitig das Fahrgeschäft verlassen können. … 16 Menschen müssen laut Angaben der Polizei in Krankenhäusern behandelt werden, darunter vier mit Brandverletzungen und eine Person mit einer Sturzverletzung. Einige Verletzte, darunter Ersthelfer und mindestens vier Polizeibeamte, sollten dabei auf eine mögliche Rauchgasvergiftung untersucht werden. Insgesamt sind es 65 Menschen, die bei dem Vorfall ärztlich versorgt werden mussten. Die gute Nachricht: Keiner wird lebensgefährlich verletzt. … Ermittler untersuchen seit dem Vorfall am Samstagabend gegen 21 Uhr, wieso in einer der 24 Gondeln des Riesenrads ein Feuer ausbrach. Einer ersten Einschätzung zufolge war Material unterhalb des Fahrgeschäfts auf noch nicht bekannte Art und Weise in Brand geraten. Das Feuer griff auf eine Gondel über. Die Ermittlungen dauern an.“

Und hier geht es spitzfindig weiter.

#PreppoKompakt

Autofahren und E-Scootern wird, dies ist problemlos vorherzusagen, mit der erfolgten Teilliberalisierung des Cannabis-Konsums – wie zuletzt in der #177 beschrieben – für alle Beteiligten noch eine Nummer risikoreicher. Die überforderte Polizei, die überlasteten Notfalldienste, die unschuldigen Unfallopfer sowie die Unfallverursacher selbst müssen alles ausbaden. Die selbst in den letzten Zügen liegende Ampelkoalition kreiert sehenden Auges neue Probleme, anstatt die schon reichlich vorhandenen zu lösen.

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