6 minutes
Spitz oder Spitze sind in aller Regel pointierte Aussagen zum Zeitgeschehen. Dies kann, muss aber nicht die Politik betreffen. Es kann auf die Gegenwart oder auch auf die Vergangenheit gemünzt sein. Spitz ist eine Aussage dann, wenn sie sticht, der betreffenden Person oder Personengruppe wehtut, spitze, wenn sie ausgezeichnet formuliert ist und im Idealfall zudem die Wahrheit abbildet. Fi/ündig, wenn der beschriebene Umstand nicht ganz offensichtlich, also erst zu ergründen ist. Und -keit lässt auf unterschiedliche menschliche Eigenheiten/-schaften schließen, wie beispielsweise Eitelkeit, Heiterkeit, Überheblichkeit oder, oder. Alles zusammengenommen eine echte Spitzfindigkeit. In unserer Kolumne ‚Spitz-findig-keit‘ zitieren wir in lockerer Folge jeweils zwei oder drei Aussagen und verschonen dabei auch nicht klassische Denkerinnen und Denker.
Um Denkanstöße zu geben, die Freude am Formulieren zu wecken – nichtzuletzt auch um dem Humor in unserer doch etwas trostloseren Zeit wieder mehr Geltung zu verschaffen. Erhöht das Wohlbefinden. Packen wir es an! Ich sage nicht, wir schaffen das. Aber wir probieren es auf jeden Fall!

Vorbemerkung
Es gibt nach Immanuel Kant auch eine falsche Spitzfindigkeit, die wir uns hier allerdings nicht zu eigen machen wollen. Wer dem dennoch nachgehen möchte – Die falsche Spitzfindigkeit der vier syllogistischen Figuren – kann dies hier gerne tun.
Heute schauen wir uns lieber eine besondere Spielart des Humors an, tragen zum „Verständnis“ unserer Jugend bei – nachdem wir uns schon in der #230 mit Hilfe des VDS geistig und moralisch darauf vorbereitet hatten – und plädieren nachdrücklich für eine Rückkehr zur Normalität.
1. Spitz-findig-keit
Die NZZ vom 20.10.2025 (hinter Schranke) berichtet aus den USA über einen seit 2016 unter die Leute gebrachten gestochen scharfen Humor. „Die Website ‚The Babylon Bee‚ entstammt einem christlich-konservativen Gesinnungsumfeld, und das gilt nicht gerade als Hort der Heiterkeit. Trotzdem ist sie unglaublich lustig und selbstironisch. Laut Impressum ‚aus dem Nichts am achten Tag der Schöpfungswoche vor genau 6000 Jahren erschaffen‘, lautet ihr Credo: ‚Fake News, denen Sie vertrauen können‘.“ Das 2016 gegründete Online-Magazin hat seinen Sitz in der Stadt Jupiter in Florida, die Zahl der monatlichen Aufrufe bewegt sich in der Größenordnung von 20 Millionen. „Zwei Dutzend Schreibtisch-Clowns beobachten das tägliche politische und gesellschaftliche Geschehen im Land und verwandeln es in Blödelnachrichten, ohne dass ihnen ihre konservative Grundhaltung im Weg steht.“
Ausgeteilt wird sportlich-fair in alle Richtungen – nach oben und unten: „Der geniale Trump setzt seinen Plan um, die chinesische Bevölkerung zu verdummen, indem er sie einlädt, amerikanische Universitäten zu besuchen“. Und: „RFK Jr. verspricht, dafür zu sorgen, dass Chemtrails keine Samenöle mehr enthalten“. Gegen Demokraten, nach rechts: „Bürgermeisterin von Washington (DC) warnt davor, dass Trumps Massnahmen zur Verbrechensbekämpfung Kriminelle benachteiligen“. Nach links: „Schwangere Promi-Mutter freut sich, bekanntzugeben, dass ihr ungeborenes Baby trans ist“. Den Schluß des NZZ-Artikels ziert folgender Satz: „Gegen Kritik ist ‚The Babylon Bee‘ auf ihre Weise resistent. Wolle man sich über sie beschweren, möge man sich bitte an Gott wenden, heisst es im Impressum.“
2. Spitz-findig-keit
Der SWR3 vom 18.10.2025 mit dem Jugendwort des Jahres 2025. „Tadaa! Auf der Frankfurter Buchmesse hat der Langenscheidt-Verlag das Jugendwort 2025 verkündet. And the winner is: ‚Das crazy‘.“ Ausgewählt in einem Online-Verfahren ist es „… ein bestätigender (manchmal ironischer) Kommentar, ähnlich wie ‚Aha, cool‘ oder ‚Ok‘. Oft wird er eingesetzt, wenn einem keine passendere Antwort einfällt – oder auch wenn man nicht ausführlicher antworten oder einfach nur höflich bleiben will. Langenscheidt spricht von einer ‚Allzweckwaffe der Sprachlosigkeit‘.“
Die Plätze zwei und drei belegen die folgenden, ebenfalls aus dem Englischen stammenden Begriffe: „goonen: ein anderes Wort für intensive, oft stundenlange Selbstbefriedigung (hat nur knapp gegen ‚das crazy‘ verloren)“ und „checkst du: eine Variante für ‚verstehst du‘.“
3. Spitz-findig-keit
Vera Lengsfeld auf der Achse des Guten vom 20.10.2025: „Zurück zur Normalität! Wir leben in einer Welt, in der ein biologischer Mann, der behauptet, eine Frau zu sein, bei Strafe nicht Mann genannt werden darf, das Europäische Parlament aber gleichzeitig beschließt, dass vegane Wurst nicht mehr Wurst genannt werden darf, um die Verbraucher nicht zu täuschen.“
Dabei handelt es sich um die Besprechung des Buches von Norbert Bolz „Zurück zur Normalität„* (Langen-Müller, München 2025, 256 S., 24 €) mit dem Untertitel „Mit Augenmaß und gesundem Menschenverstand“. Das sei Bertolt Brecht zufolge, das „Einfache, das schwer zu machen ist.“ Kein Buch sei so tiefgründig und klar in einer Zeit der Wokeness der Kulturrevolutionäre (stellen das Verhältnis von normal und pathologisch auf den Kopf) und des permanenten Alarmismus der politisch-medialen Elite (stellen das Verhältnis von normal und extrem auf den Kopf), mit dem unsere bürgerliche Gesellschaft zusätzlich verunsichert werde. Der Kampf gegen alles Normale sei deshalb so gefährlich, weil Normalität „die größte zivilisatorische Errungenschaft“ sei.
Wichtig ist Vera Lengsfeld die ungebrochene Zuversicht von Norbert Bolz: Die Irrationalität habe ein Ausmaß erreicht, „… das sich als fatal für die Woken erweisen wird. … Weltuntergangsszenarien hat es zu allen Zeiten gegeben. Am Ende hat sich immer wieder die Normalität durchgesetzt.“
#PreppoKompakt
Wir bleiben trotz aller Verrücktheiten ganz locker, „checkst du“. Auch in Bezug auf die Umstellung der Zeit in dieser Nacht. „Das crazy“, eben auch im wörtlichen Sinne, wenn wir uns in Erinnerung rufen, wie lange Mann/Frau schon auf die Abschaffung warten. In der #85 hatten wir noch auf die Polen gehofft, gerade sind die Dänen dran. Aber vielleicht heben wir es uns ja für die zweite Jahreshälfte 2030 auf, wenn die Malteser die EU-Ratspräsidentschaft übernehmen. Laut Verlautbarung vom 20.10.2025 will sich aber nun Spanien vehement für die Abschaffung der Umstellung zwischen Sommer- und Winterzeit einsetzen. Auf in den Kampf, Torero! Wir sind gespannt, bleiben aber, wie gesagt, locker.
* Alle auf unserer Seite dargestellten Produktempfehlungen sind mit einem sogenannten Affiliate-Link versehen. Beim Abschluss eines Kaufs erhalten wir, ohne dass sich der Produktpreis erhöht, vom Anbieter eine Provision.


