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Spitz-findig-keit #85

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Spitz oder Spitze sind in aller Regel pointierte Aussagen zum Zeitgeschehen. Dies kann, muss aber nicht die Politik betreffen. Es kann auf die Gegenwart oder auch auf die Vergangenheit gemünzt sein. Spitz ist eine Aussage dann, wenn sie sticht, der betreffenden Person oder Personengruppe wehtut, spitze, wenn sie ausgezeichnet formuliert ist und im Idealfall zudem die Wahrheit abbildet. Fi/ündig, wenn der beschriebene Umstand nicht ganz offensichtlich, also erst zu ergründen ist. Und -keit lässt auf unterschiedliche menschliche Eigenheiten/-schaften schließen, wie beispielsweise Eitelkeit, Heiterkeit, Überheblichkeit oder, oder. Alles zusammengenommen eine echte Spitzfindigkeit. In unserer Kolumne ‚Spitz-findig-keit‘ zitieren wir in lockerer Folge jeweils zwei oder drei Aussagen und verschonen dabei auch nicht klassische Denkerinnen und Denker.

Um Denkanstöße zu geben, die Freude am Formulieren zu wecken – nichtzuletzt auch um dem Humor in unserer doch etwas trostloseren Zeit wieder mehr Geltung zu verschaffen. Erhöht das Wohlbefinden. Packen wir es an! Ich sage nicht, wir schaffen das. Aber wir probieren es auf jeden Fall!

Spitz-findig-keit #85

Vorbemerkung

Es gibt nach Immanuel Kant auch eine falsche Spitzfindigkeit, die wir uns hier allerdings nicht zu eigen machen wollen. Wer dem dennoch nachgehen möchte – Die falsche Spitzfindigkeit der vier syllogistischen Figuren – kann dies hier gerne tun.

Wir wenden uns heute lieber anderem zu.

1. Spitz-findig-keit

Heute Nacht geschah wieder einmal die berüchtigte Zeitumstellung – Sommer- auf Normalzeit – wohl nicht zum letzten Mal! In swr3 wurde das im öffentlichen Bewußtsein schon zu den Akten gelegte Thema am 24.10.2022 aufgegriffen und verständlich erläutert. Faz-net beschreibt am 29.10.2022 nochmal die Crux: Da die 27 EU-Mitgliedstaaten für sich jeweils entscheiden müssen, ob sie dauerhaft Sommer- oder Normalzeit haben wollen, besteht die Gefahr eines Flickenteppichs aus mehreren Zeitzonen. Für Grenzpendler und bei Fahrplänen entstünden so größere Probleme.

Im Europäischen Rat wurde zuletzt im Dezember 2019 darüber gesprochen, der derzeitige tschechische Ratsvorsitz hat das Thema jedenfalls nicht auf der To-Do-Liste. Ob Schweden, das in der ersten Jahreshälfte 2023 den Vorsitz übernimmt, es mit Mut und Zuversicht in sein Arbeitsprogramm packt, wird sich erst zeigen. Unter Umständen können sich ja noch die Spanier oder die Belgier oder sogar die Ungarn, dann hätten wir die zweite Jahreshälfte 2024, mit der Zeitumstellung herumschlagen.

Oder das „Durchschlagen des gordischen Knotens“ bleibt von Januar bis Juni 2025 den Polen vorbehalten. „Noch ist Polen nicht verloren“, singen sie zudem in ihrer Nationalhymne (aus Rolf-Bernhard Essigs Buch „Phönix aus der Asche, Redensarten die Europa verbinden“, S. 105, das wir in #82 vorgestellt haben).

2. Spitz-findig-keit

„To-Do-Liste“: für Individuen im Prinzip ein hilfreiches Instrument, um die alltägliche und allgegenwärtige Prokrastiniererei in den Griff zu bekommen. Aber Achtung, nicht falsch übersetzen oder verstehen. Gemeint ist nicht „Tu-es Du“, denn damit wird der abzuholende Wagon/die zu erledigende Aufgabe wie auf dem Verschiebebahnhof nur aufs Nachbargleis verschoben, aber nicht von einem/einer selbst fortbewegt, sprich erledigt. Dabei gilt immer noch die von den Eltern tradierte Lebensweisheit: „Was Du heute kannst besorgen, das verschiebe nicht auf morgen.“

3. Spitz-findig-keit

Heute genau vor 114 Jahren schrieb Hildegard von Spitzemberg (1843 – 1914) in Berlin in ihr Tagebuch (im “Buch der Tagebücher” – wir haben es u.a. schon hier und hier bemüht – auf S. 506 festgehalten).

„Kaum ist man etwas beruhigter über seine Kinderlein, so wird Geist und Gemüt aufgescheucht durch die Veröffentlichung des Daily Telegraph, die Unterhaltung des Kaisers mit einem englischen Diplomaten betreffend seine Ansichten über unser Verhältnis zu England und den anderen Großmächten, das Beschämendste, Kläglichste, Indiskreteste und Bedenklichste, was der Kaiser bisher geleistet! … Der Kaiser ruiniert unsere politische Stellung und macht uns zum Gespött der Welt, und sein Sohn läßt sich eine neue Art von Manschettenknöpfen patentieren!! Man faßt sich an den Kopf, ungewiß, ob man nicht in einem Narrenhaus ist!“

Hildegard ist übrigens eine Verwandte von Wilhelm von Spitzemberg, dem Geliebten von König Karl I. von Württemberg, der seiner angetrauten Königin Olga solche Sorgen bereitet hat (hier nachzulesen). Davon abgesehen, das kommt einem doch alles verdammt bekannt vor, oder?

Und hier geht es weiter zur #86.

#PreppoKompakt

Ob 1908 oder 2022, ob Kaiser oder Kanzler und so fort – man leidet einfach mit. Und macht sich Sorgen ums Renommee und die deutsche Wirtschaft.

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