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Spitz oder Spitze sind in aller Regel pointierte Aussagen zum Zeitgeschehen. Dies kann, muss aber nicht die Politik betreffen. Es kann auf die Gegenwart oder auch auf die Vergangenheit gemünzt sein. Spitz ist eine Aussage dann, wenn sie sticht, der betreffenden Person oder Personengruppe wehtut, spitze, wenn sie ausgezeichnet formuliert ist und im Idealfall zudem die Wahrheit abbildet. Fi/ündig, wenn der beschriebene Umstand nicht ganz offensichtlich, also erst zu ergründen ist. Und -keit lässt auf unterschiedliche menschliche Eigenheiten/-schaften schließen, wie beispielsweise Eitelkeit, Heiterkeit, Überheblichkeit oder, oder. Alles zusammengenommen eine echte Spitzfindigkeit. In unserer Kolumne ‚Spitz-findig-keit‘ zitieren wir in lockerer Folge jeweils zwei oder drei Aussagen und verschonen dabei auch nicht klassische Denkerinnen und Denker.
Um Denkanstöße zu geben, die Freude am Formulieren zu wecken – nichtzuletzt auch um dem Humor in unserer doch etwas trostloseren Zeit wieder mehr Geltung zu verschaffen. Erhöht das Wohlbefinden. Packen wir es an! Ich sage nicht, wir schaffen das. Aber wir probieren es auf jeden Fall!
Vorbemerkung
Es gibt nach Immanuel Kant auch eine falsche Spitzfindigkeit, die wir uns hier allerdings nicht zu eigen machen wollen. Wer dem dennoch nachgehen möchte – Die falsche Spitzfindigkeit der vier syllogistischen Figuren – kann dies hier gerne tun.
Wir kümmern uns stattdessen heute gemeinsam um Beispiele der aktuellen Jugendsprache, der horrenden Steuermittelverschwendung und einer wahrlich skurrilen Sprachverirrung beim Gedenken an Drogentote.
1. Spitz-findig-keit
Im Infobrief des Vereins Deutsche Sprache e.V. (VDS) vom 30.10.2022 ist über das vom Langenscheidt-Verlag prämierte Jugendwort des Jahres 2022 folgendes zu lesen: Es „… lautet ‚Smash‘ und … gewann bei einer Abstimmung mit 43 Prozent der Stimmen. ‚Smash‘ bedeutet etwa ‚mit jemandem etwas anfangen‘, ‚jemanden abschleppen‘ oder auch ‚mit jemandem Sex haben‘. Auch eine begehrte Person oder ein romantisches Stelldichein können ein ‚Smash‘ sein.“ Den Platz 2 belegte mit 33 Prozent „bodenlos“ (mies, unglaublich schlecht), auf Platz 3 kam mit 24 Prozent „Macher“ (als Bezeichnung für jemanden, der Sachen schnell umsetzt).
„Das Jugendwort wurde in einem Onlinewahlverfahren ausgewählt – Jugendliche konnten Begriffe vorschlagen und anschließend über ihre Favoriten abstimmen. Die Wahl liegt laut Langenscheidt seit 2020 komplett in den Händen der Jugendlichen. Ein Verlagsgremium sorge nur dafür, dass die Begriffe keinen diskriminierenden oder sexistischen Bezug hätten. …
Insgesamt lag die Zahl der abgegebenen Stimmen … im hohen sechsstelligen Bereich. Für die Auswertung relevant waren und sind jedoch nur die Stimmen der Teilnehmerinnen und Teilnehmer im Alter zwischen 10 und 20 Jahren. Deren Quote lag laut Verlag bei 77 Prozent. Im vergangenen Jahr lag die Zahl der Stimmen bei rund 1,2 Millionen.“ So auf spiegel.de vom 25.10.2022 festgehalten.
2. Spitz-findig-keit
50 Jahre Schwarzbuch – seit einem halben Jahrhundert dokumentiert der Bund der Steuerzahler Deutschland e.V. (BdSt) die öffentliche Verschwendung von Steuermitteln. Im Schwarzbuch 2022/23 – hier kostenlos zu beziehen und/oder per Schwarzbustour zu erkunden – werden, wie schon in der letztjährigen, von uns hier gewürdigten Ausgabe, 100 einschlägige Fälle dokumentiert. Zumeist bodenlose Dummheiten der Macher.
Weil wir gleich Kiel einen Kurzbesuch abstatten werden, nur die vier Beispiele aus Schleswig-Holstein. Die restlichen 96 sind über die ganze Bundesrepublik verteilt. Eine regelrechte Kleinigkeit, ja „Petitesse“, bedeuten da die Mehrkosten von 7.900 Euro (auf S. 79 im Schwarzbuch erwähnt). Im Kieler Rathaus gab es zunächst Bedenken gegen die Nutzung des Weltmarktführers für Video-Telefonie „Zoom“. Trotz des 18fachen Preises wurde die Lizenz eines anderen Anbieters erworben – um nach sechs Monaten dann doch auf Zoom umzusteigen.
Die weiteren Fälle aus dem hohen Norden sind gewichtiger: der Bau eines 6 km langen Teilstücks einer Autobahn im Moor schlägt mit Mehrkosten von 73 Mio. Euro zu Buche (S. 128); der vom Bund zu finanzierende Ausbau des Nord-Ostsee-Kanals wird etwa vier Mal so teuer wie geplant, das heißt es entstehen Mehrkosten von rund 1 Mrd. Euro (S. 150); der Kauf einer Liegenschaft in bester Kieler Lage in 2015 für 2 Mio. Euro durch das Land ohne konkreten Bedarf, mit seitherigen Folgekosten in Höhe von 5,9 Mio. Euro – und immer noch kein Nutzungskonzept in Sicht (S. 178).
3. Spitz-findig-keit
Schon im Infobrief vom 23.07.2022 hatte der VDS eine Peinlichkeit beim Twittern der Landeshauptstadt Kiel anlässlich des internationalen Gedenktags für Drogentote moniert. Im gezwitscherten städtischen Hinweis auf eine geplante Veranstaltung war die Rede vom „internationalen Gedenktag für verstorbene Drogengebraucher*innen“. Weiter hieß es „In Gedenken an die verstorbenen Drogengebrauchenden“.
Mehrere Nutzer, wie auch der VDS, kritisierten das Gendern. Ein Nutzer sagte, dadurch werde maßlos verharmlost, das tragische Schicksal der Opfer nicht deutlich genannt und heruntergespielt. Ein anderer Nutzer warf zurecht ein, dass es – wenn schon, denn schon – „Drogengebrauchthabende“ heißen müsse.
Und hier geht es weiter zur Sitzungswoche nach Berlin.
#PreppoKompakt
Mit der von der Ampelkoalition in 2024 geplanten Freigabe des Konsums von Cannabis – ab 18 Jahren 20 Gramm pro Tag – bekommen die „Macher“ ihre Chance. Und die Cannabisgebraucher*innen leichter und mit Segen der Polizei eine Art „Smash“. Selbst im ungünstigsten Fall sind die Cannabisgebrauchthabenden auf den Friedhöfen nicht „bodenlos“, zumindest einmal im Jahr wird weltweit ihrer gedacht. Welch eine hoffnungsfrohe Zukunftsperspektive.