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Spitz-findig-keit #89

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Spitz oder Spitze sind in aller Regel pointierte Aussagen zum Zeitgeschehen. Dies kann, muss aber nicht die Politik betreffen. Es kann auf die Gegenwart oder auch auf die Vergangenheit gemünzt sein. Spitz ist eine Aussage dann, wenn sie sticht, der betreffenden Person oder Personengruppe wehtut, spitze, wenn sie ausgezeichnet formuliert ist und im Idealfall zudem die Wahrheit abbildet. Fi/ündig, wenn der beschriebene Umstand nicht ganz offensichtlich, also erst zu ergründen ist. Und -keit lässt auf unterschiedliche menschliche Eigenheiten/-schaften schließen, wie beispielsweise Eitelkeit, Heiterkeit, Überheblichkeit oder, oder. Alles zusammengenommen eine echte Spitzfindigkeit. In unserer Kolumne ‚Spitz-findig-keit‘ zitieren wir in lockerer Folge jeweils zwei oder drei Aussagen und verschonen dabei auch nicht klassische Denkerinnen und Denker.

Um Denkanstöße zu geben, die Freude am Formulieren zu wecken – nichtzuletzt auch um dem Humor in unserer doch etwas trostloseren Zeit wieder mehr Geltung zu verschaffen. Erhöht das Wohlbefinden. Packen wir es an! Ich sage nicht, wir schaffen das. Aber wir probieren es auf jeden Fall!

Spitz-findig-keit #89

Vorbemerkung

Es gibt nach Immanuel Kant auch eine falsche Spitzfindigkeit, die wir uns hier allerdings nicht zu eigen machen wollen. Wer dem dennoch nachgehen möchte – Die falsche Spitzfindigkeit der vier syllogistischen Figuren – kann dies hier gerne tun.

Nachdem die Fußball-Weltmeisterschaft des Weltfußballverbands (FIFA) in Katar/Vorderasien läuft – der Ball rollt – lohnt heute ein Blick darauf. Auch um Denkanstösse zu geben und die Aufregung, die im Vorfeld in deutschen Landen um eine Armbinde herrschte, zu reflektieren. Zufällig hilft dabei ein etwas intensiverer Blick ins Mutterland des Fußballs.

1. Spitz-findig-keit

Auf der Achse des Guten vom 22.11.2022 kommt Mick Hume zu Wort, Kolumnist beim britischen Online-Magazin „Spiked“, wo der Original-Artikel schön bebildert zwei Tage zuvor erschienen ist. Er schreibt: „Boykotte, Korruption und politische Kontroversen sind nichts Neues bei Fußball-Weltmeisterschaften. Aber der heuchlerische, woke Aktivismus zur Katar-WM hat noch mal eine andere Qualität.“

So hatte 1966 die FIFA entschieden, dass die afrikanischen Nationen für das Turnier mit 16 Mannschaften keinen Qualifikationsplatz erhalten. Stattdessen hätten die Mitglieder aus Afrika gegen Asien und Ozeanien um einen Platz spielen, sich qualifizieren müssen. Afrika weigerte sich daran teilzunehmen.

Vor dem 2. Weltkrieg

Schon die Vergabe der allerersten Weltmeisterschaft an Uruguay, das 1930 prompt Weltmeister wurde, sorgte in europäischen Fußballkreisen für Empörung. Mehrere Länder weigerten sich, nach Südamerika zu reisen, obwohl die uruguayische Regierung sogar die Kostenübernahme anbot.

Während der Weltwirtschaftskrise richtete Italien 1934 als einziger finanzstarker Bewerber die zweite Weltmeisterschaft aus. Diktator Benito Mussolini nutzte sie als fußballerisches Schaufenster für den Faschismus. Weltmeister Uruguay boykottierte das Turnier als Vergeltung für das Nichterscheinen der Europäer im Jahr 1930.

Als die FIFA 1938 die Weltmeisterschaft an Frankreich vergab – gemäß ursprünglich vereinbartem Turnus wäre Lateinamerika dran gewesen -, boykottierten erneut Argentinien und Uruguay das Turnier.

Nach dem Krieg

Mit der Wiederaufnahme der WM 1950 in Brasilien, erstmals mit einer Mannschaft des englischen Fußballverbands, kehrten auch die politischen und finanziellen Betrügereien zurück. „Seitdem sind die Weltmeisterschaften immer größer geworden, und mit ihnen auch die Auseinandersetzungen über die angebliche Verwendung von Bestechungsgeldern und politischen Tricks, um sich die Austragungsrechte zu sichern, bis hin zu dem Skandal um Katar, das diese WM gekauft hat.“

Als in 1978 beispielsweise Argentinien die Weltmeisterschaft im eigenen Land gewann, saßen in der Nähe vom Stadion El Monumental in Buenos Aires in einer ehemaligen Mechanikerschule der Marine politische Gefangene ein. Während die Fußballweltmeisterschaft als Sieg für alle Argentinier galt, wurden Tausende vom Regime eingesperrt, gefoltert und hingerichtet.

Auch die Vergabe der Fußballweltmeisterschaft 2018 an Putins Russland war wohl – nicht nur aus heutiger Sicht – ein politisches Eigentor der FIFA.

Mick Hume zum Ende hin: „Wie immer sollten die Fans all jenen, die den Fußball für ihre politischen Ziele missbrauchen wollen, zurufen: Können wir bitte unseren Ball zurückhaben?“

Dazu passend zwei Meldungen auf SWR3 vom 23.11.2022 um 14:33 und 14:48 Uhr:

Die Erste

Um gegenüber der FIFA zu protestieren hielten sich die Fußballer unserer Elf beim Mannschaftsfoto den Mund zu, vielsagend „nichts sagen“. Neben „nichts sehen, nichts hören“ nur ein Drittel des gängigen Affenbildes. „Während die drei Affen in Japan eigentlich die Bedeutung ‚über Schlechtes weise hinwegsehen‘ haben, werden sie in der westlichen Welt eher als ‚alles Schlechte nicht wahrhaben wollen‘ interpretiert. Aufgrund dieses negativen Bedeutungswandels gelten die drei Affen daher häufig als Beispiel für mangelnde Zivilcourage oder bedingungslose Loyalität.“ So nachzulesen bei Wikipedia.

Sollte wohl etwas ähnliches werden wie bei den weitaus mutigeren Fußballern aus dem Iran, die während ihrer Nationalhymne demonstrativ die Stimmbänder schonten. Hoffentlich halten unsere wenigsten im Spiel gegen die Japaner anständig Augen und Ohren offen. Nach meinem Eindruck eine unglückliche Geste, die glatt von Lothar Matthäus inspiriert sein könnte, der so genial auf dem Spielfeld, aber so unglücklich dumm außerhalb agierte (z.B. mit seinem „wäre, wäre, Fahrradkette“). Dieser Eindruck verstärkt sich noch nach Spielende – und ich denke, das war einfach bescheuert. „Armer“ Hansi!

Also gebt unseren Fußballern den Ball zurück – und verschont sie beim Turnier mit unsinnigem woken Gedankengut.

Die Zweite

Bei Ebay fand sich eine angeblich von Manuel Neuer eingestellte Anzeige. „Natürlich ist das ein Scherz – witzig ist die Anzeige aber trotzdem. Neuer verkauft eine ‚One Love‘-Kapitänsbinde.“

Auch die Engländer haben eine Binde zu verhökern. In Richtung deutscher Elf sage ich, nur langsam, die brauchen wir noch, um bei der Heimreise Tränen zu trocknen.

2. Spitz-findig-keit

Im September 2009 besuchten meine Familie und ich die „Last Night of the Proms“ und wir „residierten“ unweit der Royal Albert Hall im Royal Garden Hotel. Seither „trudelt“ bei uns regelmäßig der Hotel-Newsletter ein – wobei die News vom 21. November zugleich ehrlich und lustig ist, wie auch rundherum schöne Erinnerungen in uns wachruft.

3. Spitz-findig-keit

Während ich am Beitrag arbeite, läuft das Auftaktspiel der deutschen Nationalmannschaft gegen Japan. Erste Halbzeit 1:0, danach zwei japanische Tore, und in der über achtminütigen Nachspielzeit wenigsten der Ausgleich zum 2:2. „Irgendwie muss der Ball nochmal rein!“ Fast schon eine vehement vorgetragene Forderung des Sportschau-Kommentators Tom Bartels. Aber es passiert nicht – Endstand 1:2.

Da kommt einem das traditionelle Lied der „Last Night of the Proms“ in den Sinn, das jedes Jahr zum Ende des Konzertes – hier aus 2009 nur rund zwei Minuten lang auf YouTube – vieltausendstimmig erklingt: „Auld Langs Syne“ – Nehmt Abschied Brüder, schließt den Kreis, das Leben ist ein Spiel; und wer es recht zu spielen weiß, gelangt ans große Ziel. Der Himmel wölbt sich übers Land, ade auf Wiedersehn. Wir ruhen all‘ in Gottes Hand, lebt wohl, auf Wiedersehen!

Und hier geht es weiter zu den Kryptos.

#PreppoKompakt

Wenn es Mick Hume auch nicht gesondert herausstellt: Unsere Sportfunktionäre, darunter Theo Zwanziger und Horst R. Schmidt, haben es bei der Vergabe der WM des Jahres 2006 – unserem „Sommermärchen“ – nicht an allerlei Raffinesse fehlen lassen. In der dritten Abstimmungsrunde hatten wir uns im Juli 2000 mit 12 zu 11 Stimmen gegen Südafrika durchgesetzt. In der Folge bekamen es schweitzer und deutsche Gerichte damit zu tun, die laut Wikipedia in Bezug auf die Schmiergeldzahlungen jedoch kein endgültiges Urteil fällten (Verfahrenseinstellung im April 2020 bzw. Oktober 2022). Zufälligerweise taucht dabei auch der Name des vor 22 Jahren beteiligten Wahlmanns aus Katar, Mohamed bin Hammam, auf.

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