Spitz-findig-keit #5

Spitz oder Spitze sind in aller Regel pointierte Aussagen zum Zeitgeschehen. Dies kann, muss aber nicht die Politik betreffen. Es kann auf die Gegenwart oder auch auf die Vergangenheit gemünzt sein. Spitz ist eine Aussage dann, wenn sie sticht, der betreffenden Person oder Personengruppe wehtut, spitze, wenn sie ausgezeichnet formuliert ist und im Idealfall zudem die Wahrheit abbildet. Fi/ündig, wenn der beschriebene Umstand nicht ganz offensichtlich, also erst zu ergründen ist. Und -keit lässt auf unterschiedliche menschliche Eigenheiten/-schaften schließen, wie beispielsweise Eitelkeit, Heiterkeit, Überheblichkeit oder, oder. Alles zusammengenommen eine echte Spitzfindigkeit. In unserer neuen Kolumne ‚Spitz-findig-keit‘ werden wir in lockerer Folge jeweils zwei oder drei Aussagen zitieren, dabei auch klassische Denkerinnen und Denker nicht verschonen.

Um Denkanstösse zu geben, die Freude am Formulieren zu wecken – nichtzuletzt auch um dem Humor in unserer doch etwas trostloseren Zeit wieder mehr Geltung zu verschaffen. Erhöht das Wohlbefinden. Packen wir es an! Ich sage nicht, wir schaffen das. Aber wir probieren es auf jeden Fall!

Spitzfindigkeit Nr. 5

Vorbemerkung

Es gibt nach Immanuel Kant auch eine falsche Spitzfindigkeit, die wir uns hier allerdings nicht zu eigen machen wollen. Wer dem dennoch nachgehen möchte – Die falsche Spitzfindigkeit der vier syllogistischen Figuren – kann dies hier gerne tun.

Aber wir konzentrieren uns jetzt voll und ganz auf Dinge, wo wir Deutschen wirklich eine Spitzenstellung in der Welt innehaben. Schlanker Staat – war einmal. Kompetente, diskussionsfeste, dem Gemeinwohl verpflichtete, lebenserprobte Parlamentarier – war einmal. Ministerinnen und Minister mit echter Statur und ausgeprägtem Verantwortungsgefühl – war einmal. Stattdessen heute zuviel Bürokratie und das hinter dem Nationalen Volkskongress an Köpfen/Knöpfen (siehe unten) zweitgrößte Parlament, wobei der Vergleich mit dem – aufgrund der Einparteienherrschaft – chinesischen Scheinkonstrukt zugegebenermaßen hinkt. Dafür aber gibt es ungeschmälert etliche „Spitzenkräfte“ in unseren Bundesministerien, für die ein Rücktritt nach Fehlleistungen offensichtlich sakrosankt erscheint.

1. Spitz-findig-keit

Richtiges Wachstum auf Deutsch, locker dokumentiert in der NZZ vom 10.4.2021 unter der Überschrift „Wuchernder Staat: Deutschlands Regierungsapparat wird grösser und grösser.“ Kritisch wird dabei angemerkt, dass Bundeskanzlerin Merkel seit 2005 ihre Richtlinienkompetenz nie genutzt habe, um den Staat zu verschlanken, sondern um ihn auszubauen.

„Rund 25 200 Stellen stehen allein für den Kernbetrieb der 14 Bundesministerien im Haushaltsplan, hinzu kommen 960 Stellen im Kernbereich von Kanzler- und Bundespräsidialamt. Damit entstanden in der gesamten Amtszeit von Kanzlerin Angela Merkel rund 4600 zusätzliche Stellen. Weder ist die Bevölkerungszahl in diesem Zeitraum deutlich gewachsen, noch haben sich die Aufgaben der Regierung grundlegend verändert. Insofern stellt sich die Frage, ob es sich nicht zumindest bei manchen der zusätzlichen Stellen um Versorgungsposten handelt, mit denen Politiker und Funktionäre ihre Gefolgsleute belohnen.“ So die NZZ.

2. Spitz-findig-keit

Ein ähnliches Bild zeigt sich bei der Mitgliederzahl des Deutschen Bundestages – und dem vergeblichen Bemühen, eine Wahlrechtsreform, die diesen Namen auch verdient, auf den Weg zu bringen. Thomas Spahn bemerkt dazu auf Tichys Einblick vom 1.12.2019: 

„Systeme sind von innen heraus nicht reformierbar. Die beiden einstmals großen Parteien sind der lebende Beweis für die Richtigkeit dieser Aussage. Mehr noch als im kontinuierlichen Niedergang der Parteien, denen die großen Köpfe fehlen und diese durch kleinste Knöpfe ersetzt werden, findet diese Feststellung ihre Bestätigung beim Blick auf die weniger als halbherzigen Versuche, das Parlament selbst zu reformieren. Dank einer Fehleinschätzung der bundesdeutschen Gründungsväter ist dieses Parlament mittlerweile auf 709 hauptamtliche Abgeordnete aufgebläht. Von den Heerscharen, die an diesen Personen hängen und davon finanziell abhängig sind, ganz zu schweigen.“ 

3. Spitz-findig-keit

Aus einem Kommentar von Eric Gujer, NZZ-Chefredakteur, zur lockeren Schuldenpolitik, in der NZZ vom 19.6.2020 (hinter Schranke):

„Die Verschiebung der Machtbalance findet andernorts statt. Ganz direkt und unmittelbar spürbar, wenn die Regierung mit der Steuerpolitik die Umverteilungsmaschine anwirft; indirekt und mehr atmosphärisch, wenn ein Wirtschaftsminister Eltern wie Kinder behandelt. Es gab Zeiten, da waren Finanzminister sparsam und Wirtschaftsminister Hüter der Ordnungspolitik. Diese Zeiten sind vorbei.“ Leider, leider!

Und hier geht es weiter mit Bitcoin und Co.

#PreppoKompakt

Man ist versucht hinzuzufügen, dass es früher aus „… beiden einstmals großen Parteien …“ noch kompetente Bundeskanzler gab, die eine innere Richtschnur hatten, wußten, wo es lang geht – und nicht nur an den Erhalt ihrer Macht dachten.

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert