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Spitz oder Spitze sind in aller Regel pointierte Aussagen zum Zeitgeschehen. Dies kann, muss aber nicht die Politik betreffen. Es kann auf die Gegenwart oder auch auf die Vergangenheit gemünzt sein. Spitz ist eine Aussage dann, wenn sie sticht, der betreffenden Person oder Personengruppe wehtut, spitze, wenn sie ausgezeichnet formuliert ist und im Idealfall zudem die Wahrheit abbildet. Fi/ündig, wenn der beschriebene Umstand nicht ganz offensichtlich, also erst zu ergründen ist. Und -keit lässt auf unterschiedliche menschliche Eigenheiten/-schaften schließen, wie beispielsweise Eitelkeit, Heiterkeit, Überheblichkeit oder, oder. Alles zusammengenommen eine echte Spitzfindigkeit. In unserer Kolumne ‚Spitz-findig-keit‘ zitieren wir in lockerer Folge jeweils zwei oder drei Aussagen und verschonen dabei auch nicht klassische Denkerinnen und Denker.
Um Denkanstöße zu geben, die Freude am Formulieren zu wecken – nichtzuletzt auch um dem Humor in unserer doch etwas trostloseren Zeit wieder mehr Geltung zu verschaffen. Erhöht das Wohlbefinden. Packen wir es an! Ich sage nicht, wir schaffen das. Aber wir probieren es auf jeden Fall!
Vorbemerkung
Es gibt nach Immanuel Kant auch eine falsche Spitzfindigkeit, die wir uns hier allerdings nicht zu eigen machen wollen. Wer dem dennoch nachgehen möchte – Die falsche Spitzfindigkeit der vier syllogistischen Figuren – kann dies hier gerne tun.
Heute springen wir dafür ein bißchen hin und her und treiben es zum Schluß hin fabelhaft bunt.
1. Spitz-findig-keit
Die NZZ vom 28.6.2023 wartet mit einer Arbeitsbilanz auf, die sich sehen lassen kann. Eine Lehrerin war von 24 Jahren im Dienst nur vier bei der Arbeit. „Die Rekordabsenz einer Gymilehrerin gibt in Italien zu reden. Die Pädagogin will sich erklären, hat aber gerade keine Zeit.“ Denn, dies ist leicht zu erraten, sie befindet sich „… gerade in den Ferien am Meer.“
Die Lehrerin wurde schließlich entlassen – und klagte. Die Richter stellten fest, die Länge der Abwesenheit sei zwar ungewöhnlich, aber rechtmäßig. Als Grund für die Entlassung werden „… ihre vollkommene Unfähigkeit, oder, etwas eleganter und auf Italienisch: ihre ‚incapacità didattica'“ angeführt.
2. Spitz-findig-keit
Faz-net vom 29.6.2023 (hinter Schranke) berichtet über den schweren Stand des deutschen Fußballs. Wie die Alten, so die Jungen, hieß es früher. Denn nach dem famosen Abschneiden/Ausscheiden unserer Fußballnationalmannschaft bei der Weltmeisterschaft in Katar – in der #90 von uns festgehalten – hat auch die U-21 Mannschaft bei der laufenden Europameisterschaft in Georgien und Rumänien „geliefert“. Während andere die Viertelfinals ausspielen, packen wir schon wieder die Koffer.
Dazu die klare Lesermeinung von Werner Strodthoff. „Ist es übertrieben, zu behaupten, dass die Qualität im deutschen Fußball dem Zustand des ganzen Landes entspricht? Da fehlen Dynamik und ‚Biss‘, Ehrgeiz, Kraft und Wille… einst einmal auch ‚deutsche Tugenden‘, die alleweil unter einer Fettschicht degenerierter Wohllebe dem Erstickungstod ziemlich nahe sind. Es wäre immerhin schön, wenn sich neben aller ‚Coolness‘ zumal der jüngeren Jahrgänge auch noch so etwas wie sportlicher Geist zeigen würde, eben: mens sana in corpore sano – ein gesunder Geist in einem gesunden Körper.“
Frage berechtigt – Lagebeurteilung traurig, aber wahr!
3. Spitz-findig-keit
Da sind Mut- und Muntermacher gefragt. Faz-net vom 29.6.2023 berichtet über so einen. Prof. Steffen Mau, ein Soziologe an der Berliner Humboldt-Universität, hält die Annahme einer durch tiefe kulturelle Gräben getrennten Lagerbildung in unserer Gesellschaft für falsch.
Unter dem Stichwort „gesellschaftlicher Konflikt“ würden die Cancel Culture, Gendersprache, Klimakleber und andere radikalisierte Formen politischer Kommunikation assoziiert, „… die von zahlenmäßig meist eher kleinen Akteursgruppen an den Rändern der Konfliktarenen ausgehen, die sich aber aufgrund ihrer Lautstärke und Zuspitzung besonders gut in die Aufmerksamkeitsökonomie der Medien einfügen“. Diese an den Tag gelegte Kompromisslosigkeit würde aber von Menschen außerhalb dieser enggestrickten Debattenzirkel nicht geteilt.
Der gebürtige Rostocker appelliert angesichts politisch ausbeutbarer Angstszenarien an den gesunden Menschenverstand oder Hausverstand, wie es im Österreichischen heißt.
Vom Hausverstand zum Wiener Gustav Klimt (1862-1918)
DerStandard vom 29.6.2023 berichtet über die Hintergründe, die zum Rekordergebnis für Gustav Klimts „Dame mit Fächer“ bei der Versteigerung durch Sotheby’s Europe am Dienstag dieser Woche geführt haben. In gut zehn sehenswerten Minuten trieben die Gebote eines Anbieters per Telefon und dreier aus dem Saal den Preis für eines der letzten Werke Klimts von 58 Millionen auf 74 Millionen Pfund. Inklusive Aufgeld sind vom Käufer 85,3 Millionen Pfund, gleich 99,57 Mio. Euro, zu überweisen – „… der höchste je bei einer Versteigerung in Europa erzielte Kaufpreis und ein neuer Klimt-Auktionsrekord obendrauf.“
Um den Videobericht zur Auktion bei Sotheby’s vom 27.6.2023 und die Farbenvielfalt genießen zu können, einfach hier anklicken.
Und hier geht es weiter zur #121.
#PreppoKompakt
Für heute soll es reichen – wir haben ja schließlich noch zu feiern.