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Spitz-findig-keit #121

7 minutes

Spitz oder Spitze sind in aller Regel pointierte Aussagen zum Zeitgeschehen. Dies kann, muss aber nicht die Politik betreffen. Es kann auf die Gegenwart oder auch auf die Vergangenheit gemünzt sein. Spitz ist eine Aussage dann, wenn sie sticht, der betreffenden Person oder Personengruppe wehtut, spitze, wenn sie ausgezeichnet formuliert ist und im Idealfall zudem die Wahrheit abbildet. Fi/ündig, wenn der beschriebene Umstand nicht ganz offensichtlich, also erst zu ergründen ist. Und -keit lässt auf unterschiedliche menschliche Eigenheiten/-schaften schließen, wie beispielsweise Eitelkeit, Heiterkeit, Überheblichkeit oder, oder. Alles zusammengenommen eine echte Spitzfindigkeit. In unserer Kolumne ‚Spitz-findig-keit‘ zitieren wir in lockerer Folge jeweils zwei oder drei Aussagen und verschonen dabei auch nicht klassische Denkerinnen und Denker.

Um Denkanstöße zu geben, die Freude am Formulieren zu wecken – nichtzuletzt auch um dem Humor in unserer doch etwas trostloseren Zeit wieder mehr Geltung zu verschaffen. Erhöht das Wohlbefinden. Packen wir es an! Ich sage nicht, wir schaffen das. Aber wir probieren es auf jeden Fall!

Spitzfindigkeiten zuhauf!

Vorbemerkung

Es gibt nach Immanuel Kant auch eine falsche Spitzfindigkeit, die wir uns hier allerdings nicht zu eigen machen wollen. Wer dem dennoch nachgehen möchte – Die falsche Spitzfindigkeit der vier syllogistischen Figuren – kann dies hier gerne tun.

Heute geht es stattdessen um etwas, was wir alle tun, nämlich essen.

1. Spitz-findig-keit

Die NZZ vom 4.7.2023 (hinter Schranke) über eine Ernährungsempfehlung, die uns – vielen, aber nicht allen – die Butter vom Brot genommen hat. „Die Butter hat schon so einiges durchgemacht. Jahrhunderte war sie hochwertiges Seelenfutter, das man sich zentimeterdick aufs Brot schmierte – sofern man es sich leisten konnte. Spätestens seit 1980 ging es dann bergab: Der amerikanische Ernährungswissenschafter Ancel Keys brachte die Sieben-Länder-Studie heraus, die einen Zusammenhang postulierte zwischen einer an gesättigten Fetten reichen Ernährung und einem erhöhten Cholesterinspiegel, der wiederum zu Herzinfarkten und Schlaganfällen führen kann.“

Und weiter: „Die Margarine – ursprünglich ein Ersatzprodukt aus pflanzlichen Restfetten in Kriegszeiten – galt plötzlich als gesünder und verleidete Generationen von Lätta-Kindern das Streichfett. … Dabei war das ganze Leid unnötig. Manche Experten … gehen inzwischen so weit, die … Studie von Keys einen grossangelegten Betrug zu nennen. Heute weiss man, dass der Cholesterinspiegel kaum über die Ernährung beeinflussbar ist.“

Besonders schön, auch von der Formulierung her, der Kommentar dazu von Thomas Zwicky: „Der Ahnungslose futtert einfach, der Schlemmer mampft ansonsten er traurig ist, der Vernünftige isst alles, aber wenig davon, der gezwungen-preziöse Weltschmerz-Büsser hungert und pickt Körner, der Zeitgeistsurfer isst, was gerade in seinem Milieu gegessen werden muss und für den Weltverbesserer ist essen politisch, Kommunikation sozusagen. Nahrungs- und Pharmaindustrie suchen in diesen Segmenten ihre Geschäftsmöglichkeiten und finden sie zuhauf. Der Mensch ist, was er isst.“

2. Spitz-findig-keit

Schon am 30.9.2022 erschien auf faz-net ein erhellendes Interview mit dem britischen Ernährungswissenschaftler Prof. Tim Spector vom King’s College in London.

„Allein im vergangenen Jahr sind einige weitverbreitete medizinische Ansichten, die seit Jahren galten, durch neue Daten widerlegt worden, beispielsweise dass eine salzarme Ernährung Herzversagen vorbeugt oder dass Omega-3-Kapseln gegen Diabetes helfen. Und es gibt auch immer mehr groß angelegte Langzeitstudien, die darauf hindeuten, dass eine fettreduzierte Ernährung ungünstiger ist als eine mit höherem Fettanteil, wie sie etwa in den Mittelmeerländern verbreitet ist. Wie viel Fett man verzehrt, spielt offenbar weniger eine Rolle als das, was sonst noch auf dem Teller liegt. Und es gibt viele Menschen, für die wäre es sogar besser, viel Fett zu essen als wenig.“

Pro Dosenfrüchte und -gemüse sowie Tiefkühlprodukte

„Nicht alle billigen Lebensmittel sind ungesund. Man kann Dosenfrüchte und Dosengemüse durchaus als gesund bezeichnen. Die werden meistens gleich nach der Ernte eingedost, wobei die Nährstoffe fast vollständig erhalten bleiben. Unser Misstrauen gegenüber Obst in Dosen speist sich hauptsächlich aus der Tatsache, dass beim Erhitzen der Dosen aus Gründen der Haltbarmachung etwa ein Drittel des enthaltenen Vitamin C verloren geht. Der Gehalt an Polyphenolen – bestimmte gesundheitsfördernde Stoffe, die in allen Pflanzen enthalten sind – ist dagegen erhöht, selbst noch nach Monaten in der Dose.“

Und Tim Spector weiter: „Tiefkühlbeeren sind um etwa 70 Prozent preiswerter als frische. Der Mikronährstoffgehalt tiefgefrorenen Obsts und Gemüses ist aber mit dem der frischen Varianten vergleichbar. Friert man Erbsen nach der Ernte schnell ein, ist ihr Vitamin-C-Gehalt sogar höher. Und die meisten Sorten vorgekochter Hülsenfrüchte aus der Dose, etwa Bohnen, sind nährstoffreicher als getrocknete, die unter Umständen viel zu lange gelagert wurden.“

3. Spitz-findig-keit

DerStandard vom 17.6.2023 beschäftigt sich nüchtern und kompetent – falls die Pfunde schon drauf sind – mit sieben Abnehmmethoden. So der traditionellen Diät, einer Low-Carb-Ernährung/Verzicht auf Kohlenhydrate, Paleo/Essensgewohnheiten der Jäger und Sammler, Detox/Entschlacken, der glutenfreien oder vegetarisch/veganen Ernährung. Und verwirft sie! Das Problem ist u.a. das ständige Auf und Ab.

Seine (indirekte) Empfehlung: „Beim Abnehmen bringt die Mittelmeerdiät eher keine raschen Erfolge. Ein schleichender Gewichtsverlust über einen längeren Zeitraum ist aber, je nach Ausgangsgewicht, wahrscheinlich. Ohnehin handelt es sich dabei um keine typische Diät, sondern um eine Ernährungsform, die man idealerweise lebenslang anwendet – also genau das, was seriöse Ernährungsexpertinnen und -experten raten.“ Ähnlich auch die Einschätzung des Intervallfastens; nicht das Abnehmen steht dabei im Vordergrund, sondern dass der Prozess der Autophagie angekurbelt wird, „… eine Art körpereigenes Zellrecyclingprogramm“. Wir haben uns im Blog schon in 2019 damit – hier und hier und hier – ausführlich beschäftigt.

Glücksdiät – Ernährung der Zukunft

Auf faz-net vom 4.7.2023 (hinter Schranke, entnommen der aktuellen Ausgabe des Magazins „Frankfurter Allgemeine Quarterly“, Autorin Johanna Kuroczik) macht man sich Gedanken zur Ernährung der Zukunft. Es ist von einer „Glücksdiät“ die Rede, denn immer mehr setze sich in der Ernährungsforschung die Erkenntnis durch, dass das, was wir essen unser Denken und Fühlen direkt beeinflußt. „Und die wichtigsten Akteure dabei sind die winzigen Bewohner unseres Darms: Die Abermilliarden Bakterien, Viren und Mikroben in unserem Verdauungstrakt haben eine bisher ungekannte Macht über unser Gefühlsleben. Es ist eine ‚Psychobiotische Revolution‘ im Gange: Womöglich, so die Hoffnung, lassen sich psychische Leiden wie Depressionen und Angststörungen in Zukunft mit der richtigen Ernährung lindern.“

Die Crux der Gegenwart: die Dominanz industriell hochverarbeiteter Lebensmittel (beispielsweise Fast Food oder Zucker), die fast die Hälfte der täglichen Nahrung ausmachen und schlecht für den Körper sind. Alles für den Gegenentwurf liefert uns die Natur: es geht darum, das Mikrobiom gezielt zu füttern. „Die guten Bakterien leben von Ballaststoffen. Die stecken in Vollkornprodukten, bestimmten Getreiden, Himbeeren, Mandeln oder Kohl. Sie produzieren daraus für den Körper nützliche Stoffe, zum Beispiel kurzkettige Fettsäuren.“ Und bei der Nahrungsaufnahme „… Fermentiertes, etwa Kefir, Joghurt oder Sauerkraut, das selbst zahlreiche Mikroorganismen enthält“, gezielt mitnehmen. Es geht um eine vielfältige Darmflora, statt eines weniger diversen Mikrobioms.

Und hier geht es weiter zur nächsten Spitze.

#PreppoKompakt

Maß und Mitte halten, den eigenen gesunden Menschenverstand/Hausverstand walten lassen. Wie sagte gleich Thomas Zwicky, „… der Vernünftige isst alles, aber wenig davon“. Neueste wissenschaftliche Erkenntnisse zu unserem Mikrobiom runden das Ganze ab und entwerfen ein Bild von der Ernährung der Zukunft.

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