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Spitz-findig-keit #112

10 minutes

Spitz oder Spitze sind in aller Regel pointierte Aussagen zum Zeitgeschehen. Dies kann, muss aber nicht die Politik betreffen. Es kann auf die Gegenwart oder auch auf die Vergangenheit gemünzt sein. Spitz ist eine Aussage dann, wenn sie sticht, der betreffenden Person oder Personengruppe wehtut, spitze, wenn sie ausgezeichnet formuliert ist und im Idealfall zudem die Wahrheit abbildet. Fi/ündig, wenn der beschriebene Umstand nicht ganz offensichtlich, also erst zu ergründen ist. Und -keit lässt auf unterschiedliche menschliche Eigenheiten/-schaften schließen, wie beispielsweise Eitelkeit, Heiterkeit, Überheblichkeit oder, oder. Alles zusammengenommen eine echte Spitzfindigkeit. In unserer Kolumne ‚Spitz-findig-keit‘ zitieren wir in lockerer Folge jeweils zwei oder drei Aussagen und verschonen dabei auch nicht klassische Denkerinnen und Denker.

Um Denkanstöße zu geben, die Freude am Formulieren zu wecken – nichtzuletzt auch um dem Humor in unserer doch etwas trostloseren Zeit wieder mehr Geltung zu verschaffen. Erhöht das Wohlbefinden. Packen wir es an! Ich sage nicht, wir schaffen das. Aber wir probieren es auf jeden Fall!

Spitz-findig-keit #112

Vorbemerkung

Es gibt nach Immanuel Kant auch eine falsche Spitzfindigkeit, die wir uns hier allerdings nicht zu eigen machen wollen. Wer dem dennoch nachgehen möchte – Die falsche Spitzfindigkeit der vier syllogistischen Figuren – kann dies hier gerne tun.

Heute sind wir unter der #112 spitzfindig, der Notrufnummer, um professionelle Helfer wie Rettungsdienste, Feuerwehren oder die Polizei zu alarmieren. Auch wenn wir eine starke Rauchentwicklung konstatieren müssen, deswegen bitte nicht anrufen.

1. Spitz-findig-keit

Boris Palmer – ein schwäbischer „Vesuv“ – war schon Thema bei den Spitzfindigkeiten (#69), als es um seine Nominierung und Wiederwahl zum Oberbürgermeister von Tübingen ging. „Nomen est omen„, wußten schon die alten Lateiner, und meiner Auslegung nach, bringt er andere und sich manchmal ruckzuck auf die Palme. Sein Auftritt vor und in der Universität in Frankfurt schlägt hohe Wellen und läßt gleichzeitig Unmengen Rauch aufsteigen. SWR3 war so gut wie dabei, wie dem Bericht am 2.5.2023 zu entnehmen ist. Aber auch jedes Medium, das etwas auf sich hält – darunter auch jene, die ich schätze, wie NZZ, FAZ, Tichys Einblick vom selben Tag -, läßt der Vorfall mit dem berühmtesten amtierenden Oberbürgermeister Deutschlands nicht kalt. Und in den Kommentaren darüber – 260/121/72, zusammen 453 – geht es erst recht heftig und bunt zu. Hier nur eine kleine, eher zufällige, keineswegs willkürliche Auswahl von mir, ohne Namensnennung.

Titel „Die Selbstdemontage des Boris Palmer“ in der NZZ (hinter Schranke):

– „Ich vertrete zu 100% das Ideal einer Gesellschaft ohne jede Diskriminierung. Und ich stehe in scharfer Opposition zur linksidentitären Ideologie. Palmer hat zu Recht argumentiert, dass es einen Unterschied macht, ob man Worte verwendet oder zitiert. Im ersten Fall spricht man (diskriminierend) über Menschen. Im zweiten Fall spricht man (reflektierend) über Sprache. Boris Palmer hat lediglich den „Fehler“ begangen, sich provozieren und aufs Glatteis führen zu lassen.“

– „Palmer glaubt jetzt selbst, dass er ’schuld‘ ist. Er ist unter den ständigen Angriffen zusammengebrochen und zerbrochen. Genau so schaltet man politische Gegner aus. Die ehemalige Sekretärin einer gewissen Organisation für Agi… und Prop… könnte über diese Methoden bestimmt einiges erzählen.“

– „Man kann bis zu einem gewissen Grad verstehen, dass die Schwarzen nicht ‚Neger‘ genannt werden wollen – nigra (lat. = schwarz) -, aber was ist mit der Einwanderin Ataman, die mich, einen Weissen, ‚Kartoffel‘ nennt, und das ohne jegliche Massnahme dagegen? Das wächst auf der grünen Miste, die Habecks Hass hervorbrachte.“

– „Dieser gesamte Eklat offenbart die Groteske des deutschen Politik- und Wissenschaftsbetriebs: Während Habeck einen Twitter-User für das Wort ‚Vollidiot‘ nach §185 belangt, darf Palmer übel beschimpft werden und muss jetzt in Therapie gehen. Dass die anderen vielleicht eine solche sehr viel dringender bräuchten, weil sie unfähig sind, einen kultivierten Diskurs zu führen, das interessiert das ‚woke‘ Deutschland nicht mehr! Es sind harte Zeiten für Menschen, die sich nicht verbiegen lassen wollen!“

Titel „Wie die Grünen über Palmer denken“ in der FAZ (hinter Schranke):

– „Seine fachliche Kompetenz und seine politische Positionierung, gepaart mit einem großen Selbstbewusstsein, schlugen zunehmend in Rechthaberei um. Sein Erfolgsmaßstab war immer die mediale Resonanz seines Tuns und seiner Meinungsäußerungen… Zu­spitzen, bisweilen beleidigend formulieren, Tabus brechen, sich dann über den Gegenwind aufregen und sich prompt als Opfer stilisieren…“ – Ist, was Hermann über Palmer sagt, nicht eine exakte Charakterisierung auch der Neubauers und der Letzten Generationisten (bis auf die Zuschreibung von fachlicher Kompetenz)? Nur eben: die einen heißen Aktivisten und die anderen Rassisten/Nazis/Faschisten. Fabula docet (ohne Palmers Auftritt in Frankfurt in allem gutzuheißen): Quod licet Iovi, non licet bovi, vulgo: Wenn zwei das gleiche tun, ist es nicht dasselbe. Übrigens: hängt das irgendwie mit dem Abstieg Deutschlands im Pressefreiheits-Ranking zusammen?“

– „Palmer, Enkel eines in der NS-Zeit zur Emigration gezwungenen jüdischen Deutschen, wird als ‚Nazi‘ beschimpft und beschrien, wehrt sich situativ mit einem unpassenden Vergleich und alles tobt. Höcker, Superintendent in Berlin Mitte vergleicht wohlüberlegt den ‚passiven Widerstand‘ der Mitbürgerblockierer in Berlin mit dem Verhalten des in der NS-Zeit ermordeten Dietrich Bonhoeffers und alle lauschen andächtig. Wahrlich, wir leben in finsteren Zeiten.“

– „Ich bin mit ziemlich sicher dass es im Fall des Rücktritts anderer ‚prominenter‘ Grüner nicht ansatzweise so viel Resonanz in den Medien geben würde wie im Falle Palmers. Das liegt deshalb so nahe, weil kaum ein anderer bei den Grünen auch nur ansatzweise so viel Persönlichkeit, Pragmatismus und Talent mitbringt, sich in wichtigen Fragen im besten Sinne des Wortes nonkonformistisch einzubringen. Dass zumindest Kretschmann sich nicht an dem ‚hängt ihn-Geschrei‘ beteiligt, spricht für ihn. Ich hoffe, dass die ‚causa palmae‘ den Grünen langfristig schaden wird. Ihr inquisitorischer Absolutismus und ihre moralbasierte hysterische Rechthaberei passt absolut nicht zu einer Demokratie.“

Titel „Boris Palmer, das rote Tuch aller Grünen“ auf TE:

– „Interessant ist, wie sich diverse B-Promis wie Hyänen auf ihn stürzen bzw. fluchtartig das Weite suchen – so wie Kretschmann oder Rezzo Schlauch. Er selbst gestehe ein, ‚professionelle Hilfe‘ zu benötigen und rudert nun zurück, aber wie. Wie abstrus. Es wird gefährlich, Leute – Meinungsäußerung wird zum Symptom einer behandlungsbedürftigen Erkrankung erklärt, ’nazi‘ ist sie ja schon lange. Wie tief kann ein Land noch sinken?“

– „Eigentlich ist es ja egal, was er macht. Er hat ja schon gewissen grüne Verbots-DNA. Man erinnere sich nur an seine Äusserungen bzgl. der gesunden und nicht geimpften Menschen zur Corona-Zeit. Das war grüne Denke in reinster Form, von daher darf man ihn jetzt auch nicht als Heilbringer stilisieren, ähnlich wie es manche aktuell mit der CDU praktizieren. Beide sind eher Ursache für die aktuelle Misere als ein Gegenmittel. Das einzige was Palmer tatsächlich Gutes leisten könnte, wäre dass er möglicht viele Anhänger aus der Partei und der Wählerschaft mitnimmt und so die grüne Sekte schwächt. Dafür würde ihm dann wirklich Dank zustehen.“

2. Spitz-findig-keit

Vage Erinnerung ans erste Treffen: Gespräch im Albstädter Rathaus über die stillgelegte Talgangbahn (TGB) vor rund 20 Jahren. In der Folgezeit ein problemloses Verhältnis mit dem zum Tübinger OB-Kollegen „aufgestiegenen“ Boris Palmer. In der Neuzeit dann eine despektierliche Aussage zu Albstadt, im Sinne von „Nirgendwo“ oder so ähnlich. Im Gedächtnis bleibt auch sein „Zusammenstoss“ mit Harry Fischer, dem Wirt des Nägelehauses auf dem Raichberg, der seine Gäste gerne und gut bewirtet, ohne sich alles gefallen zu lassen.

Beim Namen Fischer kommt mir noch etwas in den Sinn: Eike Hallitzky, von 2003 bis 2013 Mitglied des bayerischen Landtags und von 2014 bis 2021 einer der beiden Landesvorsitzenden der bayerischen Grünen, kitzelt im November 2012 beim Besuch in Albstadt der von Peter Lenk geschaffenen Joschka Fischer Figur – dem Vor-, Vor-, Vor-, Vor-, Vor-, Vorgänger unserer famosen Außenministerin Annalena Baerbock – an den Füßen. Und die verzieht keine Miene. Mein Freund und ehemaliger Kollege an der Uni Passau, Eike, ist übrigens Anfang April mit seinem Pedelec zu einer sechsmonatigen Reise durch elf Länder Mittel- und Nordeuropas aufgebrochen. Rund 15.000 km werden er und sein Rad nach der Rückkehr auf dem Buckel haben. Seine Ämter – er ist noch Mitglied im Gemeinderat und Kreistag – ruhen derweil. Zur Landtagswahl am 8. Oktober diesen Jahres, werde er rechtzeitig, das hat er den grünen Parteikollegen versprochen, zurück sein.

3. Spitz-findig-keit

Grüne Wiese, vorher und hinterher, irgendwie ärmer.

Die Grünen rasieren eigenen Leuten den Kopf, auch auf lokaler Ebene – so in Albstadt bei der OB-Wahl am 19. März geschehen, als sich Markus Ringle im zweiten Wahlgang von der eigenen Partei verlassen sah. Dabei sind Leute mit Köpfchen bei den Grünen eher rar gesät. Diese harte Aussage hat mit dem von mir noch nicht verdauten Ausstieg aus der Kernenergie zu tun.

Für alle, die grün mögen, noch der Veranstaltungstipp: Besuch der Gartenschau Balingen, die am 5. Mai eröffnet wurde und sich bis zum 24. September mit einer Vielzahl von musikalischen, kulinarischen, geselligen und informativen Höhepunkten für alle Altersklassen präsentieren wird. Der lange Applaus bei der Eröffnungsveranstaltung, an der übrigens auch Boris Palmer teilnahm, wahrlich verdient (hier 30 Sekunden für den ersten Eindruck).

Und hier geht es ganz schnell weiter.

#PreppoKompakt

Mein Vorschlag an Herrn Palmer: nach Wiederinbetriebnahme der Talgangbahn – so um das Jahr 2031 – eine gemeinsame Fahrt mit dem 49-Euro-Ticket bis Onstmettingen, anschließend die Einkehr im Nägelehaus. Zuvor bliebe noch genügend Zeit, es wie Eike zu machen, der zum Motiv seiner außergewöhnlichen Fahrradtour sagte: „Einfach mal ganz bei mir selbst sein“.

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