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Spitz-findig-keit #122

8 minutes

Spitz oder Spitze sind in aller Regel pointierte Aussagen zum Zeitgeschehen. Dies kann, muss aber nicht die Politik betreffen. Es kann auf die Gegenwart oder auch auf die Vergangenheit gemünzt sein. Spitz ist eine Aussage dann, wenn sie sticht, der betreffenden Person oder Personengruppe wehtut, spitze, wenn sie ausgezeichnet formuliert ist und im Idealfall zudem die Wahrheit abbildet. Fi/ündig, wenn der beschriebene Umstand nicht ganz offensichtlich, also erst zu ergründen ist. Und -keit lässt auf unterschiedliche menschliche Eigenheiten/-schaften schließen, wie beispielsweise Eitelkeit, Heiterkeit, Überheblichkeit oder, oder. Alles zusammengenommen eine echte Spitzfindigkeit. In unserer Kolumne ‚Spitz-findig-keit‘ zitieren wir in lockerer Folge jeweils zwei oder drei Aussagen und verschonen dabei auch nicht klassische Denkerinnen und Denker.

Um Denkanstöße zu geben, die Freude am Formulieren zu wecken – nichtzuletzt auch um dem Humor in unserer doch etwas trostloseren Zeit wieder mehr Geltung zu verschaffen. Erhöht das Wohlbefinden. Packen wir es an! Ich sage nicht, wir schaffen das. Aber wir probieren es auf jeden Fall!

Spitzfindigkeiten zuhauf!

Vorbemerkung

Es gibt nach Immanuel Kant auch eine falsche Spitzfindigkeit, die wir uns hier allerdings nicht zu eigen machen wollen. Wer dem dennoch nachgehen möchte – Die falsche Spitzfindigkeit der vier syllogistischen Figuren – kann dies hier gerne tun.

Heute geht es dafür um Zahlen und Statistiken und haben Verbände und Vereine, wie der BdS und der VDS, das Wort. Dazwischen geht es um Gewalt – häuslich, in Zügen und Bahnhöfen.

1. Spitz-findig-keit

Letzten Mittwoch hatte der Bund der Steuerzahler (BdS), wie die NZZ vorausschauend am 10.7.2023 berichtete, einen Grund mehr zum Erinnern, Gedenken und Mahnen. Der von ihm jährlich errechnete „Steuerzahlergedenktag“ stand ins Haus. „Ein durchschnittlicher deutscher Arbeitnehmerhaushalt wird im laufenden Jahr rein rechnerisch voraussichtlich 52,7 Prozent seines Bruttoeinkommens in Form von Steuern und Abgaben an öffentliche Kassen abführen.“ Das heißt, erst ab dem 12. Juli um 5 Uhr 12 arbeiten die Bürgerinnen und Bürger wieder für ihren eigenen Geldbeutel (in 2022 mit 53 Prozent leicht höher; die bislang höchste Belastungsquote in 2019 mit 53,7 Prozent).

Die detaillierte Rechnung des BdS

„Ausgangspunkt sind repräsentative Umfragen des Statistischen Bundesamts über Einnahmen und Ausgaben ausgewählter privater Haushalte im Jahr 2021, die er auf das laufende Jahr hochrechnet. Demnach besteht ein durchschnittlicher Arbeitnehmerhaushalt aus 2,3 Personen und verfügt über ein Monatsbruttogehalt von 5755 Euro. Hinzu gerechnet werden ein geringer Betrag für Einkommen aus selbständiger Arbeit und aus Vermögen sowie die Arbeitgeberbeiträge an die Sozialversicherung (die ja auch vom Arbeitnehmer erwirtschaftet werden müssen) von 1225 Euro. Dies ergibt ein Gesamteinkommen von 7113 Euro pro Monat.

Davon fliessen im laufenden Jahr voraussichtlich 855 Euro pro Monat als Einkommenssteuer, 637 Euro in Form indirekter Steuern und Quasisteuern (von der Umsatzsteuer bis zum Rundfunkbeitrag) und 2254 Euro als Sozialversicherungsabgaben an den Staat. Insgesamt erhält der Staat somit 3746 Euro oder 52,7 Prozent des Gesamteinkommens dieses Durchschnittshaushalts.“

Die berechtigte Kritik des BdS

Bedenklich ist, dass über die Hälfte des von Arbeitnehmern erwirtschafteten Einkommens der individuellen Verfügbarkeit entzogen wird. „Erstens falle es der öffentlichen Hand aus strukturellen Gründen prinzipiell schwer, das Geld der Bürger stets effizient einzusetzen. Zweitens beruhe der Erfolg der Marktwirtschaft auf dem Anreiz für die Bürger, für eigene wirtschaftliche Aktivitäten belohnt zu werden.“ So nachzulesen in der NZZ.

2. Spitz-findig-keit

Zuhause geht es rund

Über die zunehmende häusliche Gewalt, die erst seit 2015 in der Kriminalstatisitk gesondert erhoben wird, berichtet Leonie Feuerbach auf faz-net am 11.7.2023. „432 Fälle von Gewalt in Partnerschaften hat es im vergangenen Jahr im Schnitt gegeben – jeden Tag. Insgesamt waren es 157.550 Fälle, 9,4 Prozent mehr als noch 2021. 80 Prozent der Opfer waren Frauen, die Tatverdächtigen in knapp 80 Prozent der Fälle Männer, zu 40 Prozent frühere, zu 60 Prozent aktuelle Partner.“ Dass Leo nie die Hand ausrutscht ist ein Ammenmärchen, im Gegenteil, da ist Feuer in der Hütte bevor sie den Bach runtergeht.

Die Zahlen präsentierten Bundesinnen­ministerin Nancy Faeser (SPD), Familienministerin Lisa Paus (Grüne) und der Präsident des Bundeskriminalamts Holger Münch letzten Dienstag in Berlin. „Es handelt sich dabei aber nur um die angezeigten Taten, also das Hellfeld. Weil Partnerschaftsgewalt meist im Privaten stattfindet und Betroffene sich oft schämen, werden viele Taten nicht angezeigt. Sie bleiben im Dunkelfeld und tauchen nicht in der Kriminalstatistik auf.“

„Besonders … betroffen sind Frauen zwischen 30 und 40 Jahren. Tatverdächtig sind besonders oft Männer im selben Alter. Opfer waren in den meisten Fällen (69 Prozent) deutsche Staatsangehörige. Bei den ausländischen Staatsangehörigen fiel der Anstieg im Vergleich zum Vorjahr allerdings höher aus. Hier kam die größte Opfergruppe aus der Türkei, gefolgt von Frauen und teils auch Männern aus Polen und Syrien.“ Das heißt, polnische und syrische Frauen langen auch kräftig hin.

Aber auch außer Haus

Mehr Gewalt in Zügen und Bahnhöfen – darüber berichtet für die NZZ Ferdinand Knapp am 11.7.2023. „Deutschland wurde am vergangenen Wochenende Schauplatz mehrerer Messerangriffe. Die traurige Bilanz: mindestens sechs Taten, drei Tote, sechs verletzte Personen. Alle mutmasslichen Täter sind von der Polizei kurz nach der Tat gefasst worden.“

Die Schlagzeilen – besser Messerzeilen: „Somalier ersticht Landsmann“ in Dresden; „Bad Hönningen: (deutscher) Mann ersticht Frau“ (luxemburgisch-belgische Touristin); „Hamburg: Streit über Miete endet tödlich“ (mutmasslicher Täter aus Tunesien). Auch in Flüchtlingsunterkünften ging es rund: „Am Samstagnachmittag geriet ein Streit zweier Tunesier in einer Unterkunft in Schwerin ausser Kontrolle. Der 25-jährige mutmassliche Täter verletzte sein 23-jähriges Opfer mit einem Messer lebensgefährlich. Am Sonntagnachmittag griff ein 35-jähriger Mann in einer Asylunterkunft in Horstmar im Münsterland einen 42-Jährigen mit einem Cuttermesser an.“

Schon am Freitag letzter Woche hatte ein 64-Jähriger eine 62-jährige Frau in Emsdetten mit einem Messer angegriffen. Die Frau (ohne Angabe) ist nach einer Notoperation ausser Lebensgefahr. Der mutmassliche Täter (ohne Angabe) hat sich mit einer Armbrust selbst malträtiert und schwebt (offenbar bis dato) in Lebensgefahr.

„Laut polizeilicher Kriminalstatistik ist die Anzahl von Messerangriffen bei gefährlicher und schwerer Körperverletzung im Jahr 2022 im Vergleich zum Vorjahr um etwa 13 Prozent gestiegen. Die schiere Anzahl an Meldungen über Messerattacken im laufenden Jahr dürfte auch für die kommende Statistik nichts Gutes verheissen.“ Mein lieber Ferdinand, und das nicht zu knapp.

3. Spitz-findig-keit

Im Infobrief des Vereins Deutsche Sprache (VDS) vor einer Woche wird mit Bezug auf einen Beitrag in der Süddeutschen Zeitung vom 3. Juli 2023 über eine pädagogisch sehr fragwürdige Bemerkung von Ministerpräsident Winfried Kretschmann – der 75jährige ist von Haus aus Pädagoge – zum Französisch lernen in der Schule berichtet. Beim Festakt zur Feier des 75-jährigen Bestehens des Deutsch-Französischen Instituts (DFI) in Ludwigsburg gleichen Tags prophezeite er, „… dass die Technik das mühsame Erlernen einer zweiten Fremdsprache wie Französisch bald ersetzen werde. Junge Leute müssten zwar gut Englisch können, aber man müsse mehr Vertrauen in die Technik haben …“, die den Französischunterricht an Schulen in gut zehn Jahren überflüssig machen werde.

Nur gut dass Emmanuel Macron wegen der Krawalle in Frankreich verhindert war. Und eine Sprecherin des baden-württembergischen Kultusminsteriums (der Name und wann sie intervenierte, ist den Quellen nicht zu entnehmen) ihren Regierungschef vor 1200 Gästen, darunter rund 300 Schülerinnen und Schüler, elegant und couragiert korrigierte. Beim Erwerb einer zweiten Fremdsprache ginge es nicht nur „… um Übersetzung, sondern auch um die Aneignung der jeweiligen Kultur und das Verständnis für das Gegenüber. … Diesen empathischen Gehalt des Erlernens einer Fremdsprache wird uns die KI nicht abnehmen können.“ Deutlicher wurde der Bundesvorsitzende des Verbands Bildung und Erziehung (VBE), Gerhard Brand. Er bescheinigte Kretschmann ein Handeln getreu dem Motto „Wer keine Ahnung hat, sollte wenigstens Verwirrung stiften.“ So vom VDS wiedergegeben.

Und hier – 1-2-3 – geht es gleich weiter.

#PreppoKompakt

Zahlen lügen nicht, einzelne Politiker schon/gelegentlich/manchmal/sind vergeßlich.

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