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Spitz-findig-keit #136

6 minutes

Spitz oder Spitze sind in aller Regel pointierte Aussagen zum Zeitgeschehen. Dies kann, muss aber nicht die Politik betreffen. Es kann auf die Gegenwart oder auch auf die Vergangenheit gemünzt sein. Spitz ist eine Aussage dann, wenn sie sticht, der betreffenden Person oder Personengruppe wehtut, spitze, wenn sie ausgezeichnet formuliert ist und im Idealfall zudem die Wahrheit abbildet. Fi/ündig, wenn der beschriebene Umstand nicht ganz offensichtlich, also erst zu ergründen ist. Und -keit lässt auf unterschiedliche menschliche Eigenheiten/-schaften schließen, wie beispielsweise Eitelkeit, Heiterkeit, Überheblichkeit oder, oder. Alles zusammengenommen eine echte Spitzfindigkeit. In unserer Kolumne ‚Spitz-findig-keit‘ zitieren wir in lockerer Folge jeweils zwei oder drei Aussagen und verschonen dabei auch nicht klassische Denkerinnen und Denker.

Um Denkanstöße zu geben, die Freude am Formulieren zu wecken – nichtzuletzt auch um dem Humor in unserer doch etwas trostloseren Zeit wieder mehr Geltung zu verschaffen. Erhöht das Wohlbefinden. Packen wir es an! Ich sage nicht, wir schaffen das. Aber wir probieren es auf jeden Fall!

Spitzfindigkeiten zuhauf!

Vorbemerkung

Es gibt nach Immanuel Kant auch eine falsche Spitzfindigkeit, die wir uns hier allerdings nicht zu eigen machen wollen. Wer dem dennoch nachgehen möchte – Die falsche Spitzfindigkeit der vier syllogistischen Figuren – kann dies hier gerne tun.

Heute streifen wir dafür gleich durch drei engverbundene Kulturtechniken und -landschaften: dem wohlklingenden Gesang, intensivem Lesen sowie außergewöhnlichem Theater.

1. Spitz-findig-keit

n-tv vom 16.10.2023 mit der Schlagzeile „The Eras Tour räumt ab“. Der nächste Coup von Taylor Swift, denn nach den Stadien – wir hatten in der #126 von Ticketeinnahmen größer eine Milliarde Dollar berichtet – füllt die außergewöhnliche Sängerin jetzt die Kinos. Der Film „The Eras Tour“ habe nach dem weltweiten Start am 12. Oktober schon am ersten Wochenende geschätzt rund 130 Millionen Dollar (etwa 123 Mio. €) eingespielt, allein in den USA zwischen 95 und 97 Millionen Dollar (etwa 90 bis 92 Mio. €).

n-tv weiter: „Ganz nebenbei schwebt Swift auch privat gerade offenbar über den Wolken. So tauchten am Wochenende Aufnahmen auf, die sie Händchen haltend mit NFL-Profi Travis Kelce zeigten. Die Hinweise auf eine Beziehung der beiden haben sich damit weiter verdichtet.“ Eigentlich ganz klar: Er will sie, sie will ihn.

2. Spitz-findig-keit

Faz-net vom 10.10.2023 lenkt unser Augenmerk auf das „Ljubljana-Manifest“ zur Zukunft des Lesens. Es nutzt das enorme Interesse an der laufenden Frankfurter Buchmesse mit Slowenien als Ehrengastland, verbunden mit dem Namen der Hauptstadt, wo es gleichen Tags verabschiedet wurde. Das Manifest soll der Förderung, Vermittlung, Bewerbung und Erforschung höherer Lesefähigkeiten dienen. Denn Lesen ist nicht selbstverständlich!

Dieses Signal geht nicht nur von den sechs Millionen erwachsener Analphabeten in Deutschland aus, wir alle laufen Gefahr, unsere Lesefähigkeit im digitalen Zeitalter zu verlernen. Denn Textpassagen am PC, Laptop, Tablet und Handy werden nur noch überflogen, die laufenden Störungen mindern die Konzentration. Dabei sei intensives Lesen „… unser wichtigstes Instrument bei der Entwicklung analytischen und kritischen Denkens. Es trainiert metakognitive Fähigkeiten und kognitive Ausdauer, erweitert unsere konzeptuellen Kapazitäten, fördert Empathie und Perspektivdenken – soziale Fähigkeiten, die für informierte Bürger in einer demokratischen Gesellschaft unverzichtbar sind.“ So der Einstieg ins Manifest – der vollständige Text ist hier auf faz-net nachzulesen.

Wie es dabei selbst auf Kleinigkeiten ankommt – nämlich das Komma an der richtigen Stelle zu setzen – zeigt mit einem kräftigen Augenzwinkern SWR3 vom 18.10.2023 an 10 Fällen auf. Beispielhaft nur die Beantwortung der (nicht immer, wie bei Taylor & Travis, trivialen) Frage, wer wen will? Er will sie nicht. – Er will, sie nicht.

3. Spitz-findig-keit

Theater Lindenhof „Auf offener Lichtung“, eine phantastische Kombination von Theateraufführung, Naturerleben und Fortbewegung zu Fuss. Da kommen unter anderem sprechende Bäume vor, Rotwild, das gequält vom Tod durch Abschuss erzählt, kontemplatives Waldbaden mit vielfältigen akustischen Eindrücken, entspannende Himmelsbeobachtungen, eine bis aufs letzte Gramm Rohstoff ausgebeutete Grube – alles in großartiger Alblandschaft, dem Köbele, auf über 900 Metern über dem Meer dargeboten.

Bei kühlem, luftigem, aber trockenem Wetter heute vor einer Woche in der Gegend von Salmendingen drei kurzweilige Stunden lang eine Belohnung für alle pflanzlichen, tierischen und menschlichen Sinne. Die letzte Aufführung dieser Art in dieser Saison (oder überhaupt?), dargeboten von talentierten Schauspielerinnen und Schauspielern, darunter auch Laien, die sich auf offener Lichtung zum Schlussakkord versammelten, um ihre eindringliche Botschaft zum Mensch-Natur-Verhältnis noch einmal auf den Punkt zu bringen – im Video sechs Minuten lang festgehalten.

Das Naturschauspiel am Himmel als Dreingabe, aufgenommen von Lidia während des Rückzugs von der Lichtung. Sie hatte uns auch diese „poetisch-atmosphärische Natur-Theater-Wanderung auf eine zauberhafte Alb-Hochwiese“ (so beschrieben auf der Internetseite des Theaters Lindenhof) ans Herz gelegt.

Und hier geht es mit drei alten weißen Männern weiter.

#PreppoKompakt

Die Bedeutung des Lesens für das analytische und kritische Denken und die Anlage sozialer Fähigkeiten ist also nicht zu unterschätzen. Dies wissen die Freundinnen und Freunde unseres Literaturzirkels, der immerhin von Mai 2010 bis Dienstag dieser Woche exakt 136 Bücher/Romane gemeinsam gelesen, besprochen und gewertet hat. Darunter übrigens auch Victory City von Salman Rushdie, der heute in Frankfurt den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels verliehen bekommt. Welch ein Zufall, zweimal die Zahl 136! Schon in der #6 hatten wir ein Zitat Albert Einsteins bemüht: “Der Zufall ist Gottes Art anonym zu bleiben”. Und in der #7 auf die bei häufiger Nutzung des Smartphones abnehmende Denkfähigkeit verwiesen: “Denken war gestern; heute ist Schnattern.”

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